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Kein Bier nach Acht

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Wer sich abends mal spontan ein Bier genehmigen will und dazu normalerweise kurz zur Tankstelle schlendert, muss jetzt leer ausgehen. Seit Juni 2012 gilt in Bayern eine neue Regelung. Nach 20 Uhr dürfen Autofahrer und Biker nur noch eine begrenzte Menge an Lebens- und Genussmitteln kaufen. Fußgänger und Fahrradfahrer dagegen bekommen nicht mal mehr eine Cola. Das liegt daran, dass der gesetzliche Ladenschluss (um 20 Uhr in Bayern) eingehalten werden soll, es geht also nicht darum, Alkoholmissbrauch zu bekämpfen, wie viele vermuten. Nur Reisende sollen zu den Ladenschlusszeiten noch eine kleine Menge "Reisebedarf"einkaufen dürfen (die erlaubten Alkoholmengen sind wohl für die Beifahrer gedacht). Fahrradfahrer und Fußgänger gelten aber per se nicht als Reisende. Wir haben Verkäufer und junge Menschen, die das betrifft, nach ihrer Meinung gefragt. 

Kassierer an einer Shell-Tankstelle in München

Ich weiß auch nicht genau, wie die das weitergeht. Entweder werden die, die das durchmachen, untergehen oder die anderen werden dagegen rebellieren und werden sich zusammensetzen. Das ist meine Meinung. Wer da mitmacht, wird auf jeden Fall untergehen. Und wer da nicht mitmacht, wird das aus Überzeugung nicht machen. Der Umsatz würde rapide zurückgehen. Wir sind hier in München, in Bayern und jeder holt sich ein Augustiner nach dem Feierabend. Das wäre echt ein Kulturschock meiner Meinung nach, wenn die das durchziehen. Was gibts da für Alternativen? Sollen wir alkoholfreies Augustiner verkaufen, oder wie? Es geht ja hauptsächlich um den Alkohol. Die Leute holen sich ein paar Bier und dazu dann ein paar Süßigkeiten oder Chips, nicht umgekehrt.



Kassierer am Kiosk an der Reichenbachbrücke

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Ich merke, dass da der Umsatz nach unten geht. Ich darf abends nach 20 Uhr nur Bier verkaufen, keinen anderen Alkohol. Bier fällt in Bayern unter die Grundnahrungsmittel. Aber was die anderen Artikel betrifft, merkt man schon, dass der Umsatz zurückgeht. Ich darf auch keine Essensartikel oder Hygieneartikel verkaufen. Aber bei Bier habe ich keine Einschränkungen. Beim Essen ist es so, dass ich alles, was man zuhause dann zubereiten müsste, nicht verkaufen darf. Ich versuche seit über einem Jahr eine Gaststättenerlaubnis zu bekommen. Keine Chance. Dafür müssten wir eine öffentliche Toilette zur Verfügung stellen. Wir haben schon drei Kontrollen gehabt. Wir dachten, dass wir nach 20 Uhr Bier und Wein verkaufen dürften. Aber nein, Wein zählt zu dem harten Alkohol. Obwohl das nicht stimmt. Bis wir das alles durchgecheckt haben, hat es echt lange gedauert und viel Geld gekostet. Ich habe zum Beispiel 500 Euro Strafe gezahlt, weil ich nach 20 Uhr eine Zahnpasta verkauft habe.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Piotr, 28

Vielleicht sollte man eine Bürgerinitiative starten oder so was. Wenn du politisch aktiv bist, hast du natürlich Möglichkeiten. Naja was soll man da machen...dann nehme ich halt Drogen oder so was...(lacht) Wenn die mich zwingen auszuweichen? Das ist doch totaler Schmarrn. Ich frage mich, was das für eine Wirkung haben soll.

Lisa, 20

Das ist doch total bescheuert. Und ich hoffe, dass ich dann genug Alkohol zuhause habe. Man sollte verlangen, dass es wieder abgeschafft wird. Vielleicht bringt ja so eine Protestaktion was. Wenn die Tankstellen keine Konkurrenz zu den Supermärkten sein sollen, dann sollen die Supermärkte halt länger aufhaben. Wir hatten das Problem erst letztens, weil mein Bruder ein bisschen weiter draußen wohnt. Dann sind wir extra mit dem Auto zur Tankstelle gefahren und haben dann pro Person nur zwei Bier bekommen. Wie soll das denn gehen, wenn du das Haus voller Leute hast und nur vier Leute zur Tankstelle fahren.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Annette, 23 (im Bild rechts)

Ich finde das blöd, das betrifft uns nämlich auch. Dass sie dann aber prinzipiell darauf achten, dass Minderjährige weniger Alkohol bekommen, finde ich gut.

Marisa, 23

Also ich habe glaube ich noch nie an der Tankstelle Alkohol gekauft. Mich betrifft das also nicht. Vor 20 Uhr nicht und nach dieser Uhrzeit auch nicht. Ich habe immer eine gute Minibar zuhause. Sonst gehe ich zu Freunden.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Nina, 21

Wenn ich ehrlich bin, hab ich nach 20 Uhr in der Stadt eh nichts an der Tankstelle gekauft. Es gibt in München halt nicht viele Ausweichmöglichkeiten, außer einen 24-Stunden-Kiosk und Bars. Ansonsten muss man sich halt davor irgendwie zudecken. Soll dann nur tagsüber Alkohol getrunken werde oder wie? Ich finde das auf jeden Fall sinnlos.



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Steffi, 24

Wir sind gerade erst aus dem Urlaub wiedergekommen und haben davon noch gar nicht gehört. Aber ich finde das nicht gut.

Markus, 25

Wozu? Mit dem Ziel, dass weniger Unfälle passieren, oder wie? Was soll man da jetzt tun? Es gibt ja keine Möglichkeiten, wenn alles zu hat, kann man ja auf nichts anderes ausweichen. Man sollte vielleicht früher einkaufen. Das Gesetz hat vielleicht Vorteile für die Supermärkte, aber nicht für uns.



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Julian, 28

Mich betrifft das nicht so. Aber generell find ichs einfach traurig, dass einem so was vorgeschrieben wird. Und dass man es nicht irgendwie schafft, anderweitig Lösungen zu finden. Sondern dass es dann solche Gesetze und Regeln geben muss. Gut, wenn man unbedingt was kaufen will, muss man halt um zehn vor acht vorbeischauen.

Anne, 25

Also mich betrifft das generell gar nicht, weil ich keinen Alkohol an der Tankstelle kaufe. Ich glaube nicht, dass sie damit das Ziel, das sie verfolgen, geregelt kriegen.   


Text: laurie-hilbig - Fotos: Torben Schnieber

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