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Mädchen, wie fühlt sich das an, den BH auszuziehen?

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Neulich gab es in einem dieser humoristisch angehauchten Fotoblogs das Bild eines Models zu sehen, das sich gerade verträumt den BH aufmacht. Es war ein schönes Bild, die Frau sah gut aus, was sie machte sah gut aus und über dem ganzen Motiv lag eine große, träumerische Zufriedenheit. Auf die Kommentare zu dem Bild färbte das ab, es waren ungefähr zwanzig Frauen, die so etwas wie: „Best feeling in the world!" schrieben oder darlegten, wie gut genau dieser Moment des Tages für sie ist, wenn sie also den BH loswerden. Ein paar Typen schrieben auch, abe nur ein bisschen geziert von wegen, ja, das wäre ein gutes Foto, hüstel. Da ist mir aufgefallen, dass diese Bewegung und dieser Moment eines der wenigen Dinge ist, die Männer wirklich nicht kennen du nachvollziehen - wir wissen nicht, wie es sich anfühlt, wenn nach einem langen Tag die Schalen fallen und Luft an die Brüste kommt. Es ist vielleicht auch nicht wichtig, aber weil eben unter diesem Foto so eine einträchtige Erleichterung der Frauenwelt zu lesen war, kam mir das bemerkenswert vor. Ist das also wirklich ein eherner, schöner Moment in eurem Alltag, eine Befreiung, ein Durchatmen? Vergleichbar mit dem Schuhe ausziehen? Oder besser?

Auf der nächsten Seite liest du die Mädchenantwort von martina-holzapfel.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Schuhe ausziehen, beim Essen den Hosenknopf aufmachen, die Mütze ausziehen oder das Haargummi lösen - all diese Sachen kommen schon ein bisschen in die Nähe des BH-Gefühls. Die Füße rauszulassen, den Bauch rauszulassen, alles rauszulassen: den Stress, die Hitze, das Seufzen. Das sind alles kleine, schöne Momente der körperlichen Freiheit. Die spezielle Schönheit des sich-vom-BH-Befreien aber ist noch einmal anders, und schwer zu vergleichen.

Am ehesten geht das eigentlich nur mit heimlichem Nacktbaden. Weil da nämlich noch dieser Reiz der intimen Entblößung hinzukommt. Wenn beim Nacktbaden plötzlich überall da, wo sonst jedenfalls noch ein Bikinihöschen und ein Bikinioberteil sind, plötzlich nichts als glattes, kühles Wasser ist, dann fühlt sich das nicht nur wunderlich frei und schwerelos an, sondern auch ein bisschen aufregend. Unsere Brüste sind ja an sich auch irgendwie empfindlicher und geheimer als zum Beispiel unsere Füße. Und deshalb ist alles, was mit ihnen zu tun hat, kostbarer als anderes. Wir würden nie einfach so mit ihnen herumproleten. Stellt euch vor, wir würden euch in großer Runde treffen und dann erst mal unter unser Shirt greifen, den BH öffnen, ihn hervorziehen, ihn in die Ecke schmeißen und seufzen: „Endlich! So ist schon besser." Bei Schuhen, Hüten, sogar bei Hosenknöpfen wäre das irgendwie in Ordnung. Aber bei Brüsten? Wäre das nicht irgendwie ordinär, prollig, aufdringlich? Es passt nicht zu dem behutsamen Verhältnis, das wir zu ihnen pflegen.

Ich glaube, das könnte auch der Grund für den Aufschrei der Begeisterung unter dem Foto sein, das du beschreibst. Dass einem da klar wird, was für ein schönes, still-erleichterndes Ritual und was für eine in Vergessenheit geratene Intimität eigentlich die Sache mit dem BH-Aufmachen und unseren nackten Brüsten ist. Und dass wir dieses Gefühl für uns haben. Die Freude unter dem Bild spiegelt auch eine gewisse Freude über diese verbündende Weiblichkeit, die das BH-Öffnen symbolisiert. Dass Männer da einfach nicht richtig mitreden können und dass es bei dieser Körperfreude vorrangig nicht um Sex geht, das unterstützt den Reiz des BH-Aufmachens am Abend doppelt.

martina-holzapfl

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