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Alle Jahre wieder.

Text: MojoMenges2

Es ist Glanz in deinen Augen, vielleicht ist es Freude, vielleicht die Nervosität. Oder doch nur das Licht.



Wir tun uns schwer, umarmen uns zur Begrüßung, ein wenig wie entfernte Verwandte. Dann reden wir und lächeln und schmunzeln – und tun es vorsichtig und verlegen, als hätten wir die Sprache verlernt.



Fünf Jahre sind vergangen, seitdem das Wir mit einem mal keine Rolle mehr spielte. Uns verbindet heute keine Gegenwart mehr, keine Zukunft, und mit jedem Tag wird der einst so monumentale Berg der Erinnerungen, den wir in jahrelanger Zusammengehörigkeit aufgetürmt hatten, brüchig und mürbe. Die vielen Tage der Freude, die unzähligen Momente des Glücks: Sie bröckeln, verwaschen und verwittern. Unaufhaltsam. Was davon bleibt uns? Was bleibt übrig vom Wir? Heute, und in zehn Jahren? Vielleicht doch nur der harte bittere Kern …



Immer noch glänzen deine Augen, und ich habe endlich einen Namen dafür: Melancholie. Wir sagen oft „es ist“ und „ich bin“. Aber die Gedanken hängen im Konjunktiv. Ich höre deine Worte. Und lasse mir nicht anmerken, wie ich dabei nach Reliquien forsche: Wo sind die Ohrringe hin, die du immer getragen hast und so mochtest? Wo ist die Unbekümmertheit, die meine Nähe dir früher gab? Die Blicke, die nur mir galten und die Lippen, die mir Liebe schworen? Weg. Vergessen. Oder gehören jetzt einem Anderen.



Zum Abschied ein „Mach’s gut!“ Noch mehr Wort, und ich müsste wahrscheinlich weinen. Aber das geht besser, wenn man alleine ist und im Zug sitzt.



Es sind wässrige Tränen, die sich unter meinen Lidern stauen und die die Welt in noch schmierigeren Farben vorbeirauschen lassen, als sonst. Es hilft, wenn man sich räumlich wieder auf Abstand begibt. Aber jedes Mal hängt dieser eine Gedanke nach: wie viel einfacher doch alles sein würde, wenn ich dich endlich ein bisschen hassen könnte.

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