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Auf der Jagd mit 1,4 Millionen Followern

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Die Jagd dauerte fünfeinhalb Stunden. Es war eine Jagd, in der sich Polizeiarbeit und die Kraft der vielbeschworenen Internet-Schwarmintelligenz auf beeindruckende Weise ergänzten.

Sie beginnt zu einem Zeitpunkt, als eigentlich schon alle Hoffnung verloren ist. Der Journalist David Pogue hat sich gedanklich schon von seinem iPhone verabschiedet, das ihm drei Tage zuvor im Zug gestohlen worden ist. Nachdem er den Verlust bemerkt hatte, versuchte er dem Telefon über die App „Find my iPhone“ auf die Spur zu kommen. Vergeblich, der neue Besitzer hatte es ausgeschaltet, es sendete kein Signal.

Dann, nach drei Tagen, findet Pogue eine Mail in seinem Posteingang. Es ist eine automatische Mail von Apple, darin steht, dass das Telefon wieder eingeschaltet wurde und lokalisiert werden konnte. David Pogue bläst zur Jagd.

Über Twitter verschickt er einen Screenshot einer Google-Landkarte. Darauf ist mit einem grünen Punkt der Ort eingezeichnet, an dem sich sein Telefon befindet. Dazu schreibt er: „Mein iPhone wurde gestohlen. Find My iPhone zeigt es in Maryland. Will mir irgendjemand helfen es aufzustöbern? ADVENTURE!“




Pogue ist ein bekannter Technik-Kolumnist der New York Times, sein Twitterkanal hat 1,5 Millionen Follower, ein potenzieller Suchtrupp von enormer Größe. Und der wird sofort aktiv. Pogue bekommt Hinweise und Tipps, Follower auf lockerz.com beschreiben die Gegend („sketchy“, „rough neighborhood“, „VERY VERY rough area“) oder posten die Adresse der nächstgelegenen Polizeistation. Pogue ist schon in Kontakt mit den Gesetzeshütern, aber auch seine Follower melden sich dort.

Über Pogues Tweets wird auch der Tech-Blog Gizmodo auf die Geschichte aufmerksam – und nimmt sofort aktiv an der Suche teil. Die Blogger kontaktieren ebenfalls die Polizei und posten Google-Streetview-Ansichten des Hauses. Die Ansichten sind detaillierter, man sieht, dass das Telefon sich von der Einfahrt ins Innere des Hauses bewegt. Es bleibt aber unklar, ob das wirklich passiert oder ob es sich nur um eine Ungenauigkeit der GPS-Funktion handelt.



Wenig später meldet sich ein Polizist per Mail bei Gizmodo. Er könne helfen, schreibt er, zumindest könne er an die Tür klopfen. Er fragt, wie er mit Pogue in Kontakt treten könne, und ob der vorhabe, den vermeintlichen Dieb zu verklagen oder nur das Telefon zurückhaben wolle. Er schlägt vor, dass er das Telefon vor Ort sucht, Pogue solle es als Hilfestellung einen Signalton abspielen lassen, eine Art Alarmklingeln, die sich über iCloud anschalten lässt.

Die Jagd geht in die heiße Phase: Mehrere Polizisten suchen das Gelände ab, Pogue ist per Telefon mit ihnen verbunden, aktiviert immer wieder das Alarmsignal und verfolgt über die „Find my iPhone“-App, ob sich das Telefon bewegt. Zunächst haben die Polizisten kein Glück, und irgendwann bekommt auch Pogue keine Standortmeldung des Telefons mehr. Entweder ist der Akku leer, oder der Dieb hat inzwischen Verdacht geschöpft und das Gerät ausgeschaltet.

Um 22.45 kommt die Erfolgsmeldung. Julie Parker, Pressebeauftragte des zuständigen County Police Departments, schreibt auf Twitter: 



Wenig später postet sie ein Foto, das zwei Polizisten zeigt, stolz lächelnd halten sie das gefundene iPhone in die Kamera. Die Suche ist beendet. Vom ersten Signal des Telefons bis zur Nachricht des Funds sind kaum mehr als fünf Stunden vergangen. Das ist dann wohl Followerpower.


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