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Full Punk Village

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Gisela Drews will die Punks nicht in ihrer Stadt haben. „Die Veranstaltung wurde untersagt“, betont sie immer wieder, und dabei klingt sie verdammt entschlossen. Drews leitet das Ordnungsamt von Stavenhagen in Mecklenburg-Vorpommern. Wer in dem 6000-Einwohner-Kaff ein Festival veranstalten will, muss es bei ihr anmelden. Dem Organisator des Force Attacks war das egal, also hat Drews das Festival untersagt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Aber Punks hören nicht auf das Ordnungsamt. „Wir ziehen unser Ding durch“, antwortete Veranstalter Imre Sonnevend via Facebook. Auf einer Wiese am Stadtrand ließ er die Bühne aufbauen. Am Freitag Abend sollen dort Oi Polloi auftreten, für Samstag sind Pöbel & Gesocks angekündigt. Hunderte Punks sind auf dem Weg zum Festival, das Gisela Drews doch eigentlich untersagt hat. Der Showdown rückt näher.

Eigentlich sollte das Force Attack an der Ostseeküste stattfinden. So wie immer, seit 1998. In manchen Jahren kamen mehr als 10.000 Besucher. Müllschlachten und Alkoholleichen: ein Punker-Paradies. Letzten Donnerstag, eine Woche vor Festivalbeginn, überraschte Sonnevend mit einer dürren Facebook-Botschaft. Die Kohle sei alle und ein Open-Air-Festival unmöglich. Die Bands würden stattdessen in der Arena Treptow in Berlin spielen. Es gab nur ein Problem: Der Hallenbetreiber wusste von nichts.

Die Schnitzeljagd ging weiter. „Wir haben ein schönes Festivalgelände gefunden“, schrieb Sonnevend am Sonntag. „Open Air mit gemütlichem Schwimmbad gleich um die Ecke.“ Die Wiese in Stavenhagen. Gisela Drews schrieb Sonnevend eine E-Mail. Er solle dem Ordnungsamt zumindest ein Sicherheitskonzept vorlegen, sonst untersage sie das Festival. Der Veranstalter antwortete wieder per Facebook. Das Force Attack sei gar keine öffentliche Veranstaltung, trotz 45 eingeladenen Bands und 40 Euro Eintritt. Und weiter: „Das Ordnungsamt Stavenhagen ist für unsere Privatfeier auf einem Privatgrundstück gar nicht zuständig, da können sie verbieten was sie wollen.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Seitdem ist Sonnevend für niemanden mehr zu erreichen. Nicht für seinen Anwalt und nicht für die Booking-Agenturen der Bands. „Von dem ganzen Chaos haben wir nur über Facebook erfahren“, teilt die Agentur von Anti-Flag mit. Die Amerikaner sollten eigentlich als Headliner auftreten, haben aber mittlerweile abgesagt. So wie rund zehn weitere Gruppen. Andere Bands wollen trotz allem auftreten, und auch die Besucher bleiben nicht zuhause. Einer von ihnen loggt sich vor der Abfahrt noch schnell bei Facebook ein und schreibt: „Ich lass mir doch nicht von irgendwelchen dahergelaufenen Bullen und irgendeinem Ordnungsamt meinen Sommerurlaub versauen!“ Die Punks sind auf dem Weg, das kann Gisela Drews nicht mehr verhindern. „Wir haben Maßnahmen eingeleitet“, sagt sie. Die Polizei ist vor Ort, kontrolliert die Anreisenden am Stavenhagener Bahnhof. Das Festivalgelände hat sie nicht geräumt. Noch nicht. Schließlich betont Drews noch einmal: „Die Veranstaltung wurde untersagt.“       

Der Text erscheint im Rahmen einer Kooperation mit der Deutschen Journalistenschule. Deren 50ste Lehrredaktion hat unter dem Titel Franz Josef ein junges politisches Magazin erstellt, das im September erscheint. Bis dahin kann man ihm auf Twitter, Tumblr und Pinterest folgen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Text: tobias-schulze - Fotos: oh

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