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Der Traum von Sebastian und Caro

Text: JosephineKilgannon

Von Anfang an war da dieses seltsame Gefühl. Ich spürte, dass das alles irgendwie falsch war. Ich war wieder zurück in dem kleinen Dorf, in dem ich aufgewachsen war. Bei dem Spielplatz mit seinem angerosteten Klettergerüst, dass uns immer als Fußball Tor gedient hatte und seinem Sandkasten und dem kleinen Hügel direkt dahinter, dort stand ich und neben mir ein Freund aus Grundschultagen Sebastian, nun schon halbwegs erwachsen, aber immer noch mit diesem schief-grinsenden Gesichtsausdruck, bei dem man wusste, er heckte wieder irgendeine Dummheit aus.



 Anscheinend hatte er etwas gesagt, denn er schaute mich erwartungsvoll an. Als ich antwortete, schmeckten die Worte wie aus einem anderen Mund, aus einem anderen Leben. „Ich geh nur noch schnell zu Hause was trinken. Bin gleich wieder da.“ Ich wusste beim besten Willen nicht, was Sebastian vorgeschlagen hatte, aber er blieb am Zaun des Spielplatzes stehen, während ich nach Hause rannte. Doch zu Hause, war das alte Haus, unser erstes Haus, noch bevor wir umgezogen waren. Drinnen schickte mich meine Mutter auf mein Zimmer, es wäre schon spät, ich müsse ins Bett. Dabei war ich doch schon lange volljährig! Trotzdem folgte ich der Aufforderung meiner Mutter, stets an Sebastian denkend, der vergeblich auf mich wartete.



 



Am nächsten Tag in der Schule (warum war ich wieder in der Schule? Ich hasste diesen Ort) lief ich mit Sebastian den Gang entlang. Es kam mir völlig idiotisch vor wieder hier zu sein, noch dazu war Sebastian schon lange vom Gymnasium an die Realschule gewechselt. Alles fühlte sich falsch an. Dann trafen wir auf Caro und ich gab Sebastian zu verstehen alleine weiter zu gehen. Zielgerichtet ging ich auf Caro zu und zog sie um die Ecke in einen Seitengang.  Sie stand mit dem Rücken zur Wand, ihre Bücher und Hefter schützend an sich gepresst. Neugierig blickte sie mich an. Mein Magen drehte sich wie ein Wankelmotor während es in meinem Kopf schrie „WAS ZUR HÖLLE MACHST DU DA??“.



Erneut kamen diese fremden Worte aus meinem fremden Mund und ich hörte mich sagen: „Du kannst dir bestimmt schon denken, was das hier wird.  Diese ständigen Blicke zwischen uns, das Anlächeln und die ‚zufälligen‘ Berührungen und all das.“ Wie ferngesteuert strich ich ihr über die Wange.  Ich war mir sicher, jetzt war ich endgültig durchgeknallt. Völlig wahnsinnig. Denn bei gesundem Verstand hätte ich mich sowas NIE getraut. Ich, aber nicht ich, sprach weiter und ich konnte nicht glauben, was ich da sagte. „Ich will ehrlich zu dir sein. Ich bin schon seit Jahren in dich verliebt. Und jetzt halte ich das nicht mehr aus. Ich musste dir das jetzt sagen. Auch wenn das jetzt alles kaputt macht oder du mich für verrückt hältst.  Ich liebe dich, schon ewig.“



Sie antwortete nichts, sie reagiert eigentlich gar nicht. Sie schaute mich nur mit diesen Rehaugen an, mit diesen unglaublichen Augen, in denen ich mich zu verlieren schien. Sie lächelte und jetzt bemerkte ich erst, dass sie nicht wirklich Caro war. Nicht die Caro aus meiner Jugend. Sie sah ihr sehr ähnlich, aber ihre Gesichtszüge stimmten nicht ganz. Sie lächelte weiter ohne etwas zu sagen und um den Wahnsinn und die Irrealität komplett zu machen küsste ich sie. Ich hatte noch nie zuvor einfach so ein Mädchen geküsst. Es war ein wunderbares Gefühl, sanft und doch aufregend. Mein Kopf wurde ganz schwummrig, es fühlte sich an, als ob mich ein Sog in die Tiefe zog, in ein mächtiges schwarzes Loch. Ich wollte schreien, doch ich spürte immer noch wie ihre Lippen auf meinen gepresst waren, während ich tiefer und tiefer fiel.



 



Dann wache ich auf.

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