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"Die GEMA hat es einfach nicht drauf, ihre guten Seiten rauszukehren"

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jetzt.de: Daniel, inwiefern hattest du bisher selbst mit der GEMA zu tun?
Daniel Decker: Ich trete als Singer-Songwriter auf, bin aber selbst kein GEMA-Mitglied. Das liegt vor allem daran, dass die Veranstalter in kleinen Läden oft keine Lust haben, GEMA zu zahlen und man auf diesem relativ unprofessionellen Level als Nicht-Mitglied im Vorteil ist. Die Veranstalter nehmen aus laienhaften Gründen oft an, dass sie sonst draufzahlen würden. Aber auch als Nicht-Mitglied muss ich nachweisen, dass ich kein GEMA-pflichtiges Material spiele. Außerdem habe ich ein Label und habe da auch GEMA-pflichtige Künstler und darum oft mit der GEMA zu tun. Neulich zum Beispiel wollten die einen Song abrechnen, der nicht pflichtig war, nur weil der denselben Titel hat wie ein relativ bekannter Song.

Was hältst du persönlich von der GEMA?
Objektiv betrachtet sind Verwertungsgesellschaften sehr sinnvoll. Das ist ein ganz wichtiger Job und ich glaube, dass die Musikkultur, die wir kennen, allein dadurch möglich ist, dass Einnahmequellen nicht nur durch Konzerte gegeben sind, sondern auch durch Verwertung im Radio und im Fernsehen, an der der Künstler mitverdienen kann. Das ist ja auch nicht in jedem Land so. Ich will mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber ich glaube, dass das in den USA teilweise ganz anders aussieht als in Deutschland.

Und was kann man an der GEMA kritisieren?
Ich denke, dass vieles ein bisschen altbacken ist. Der Vorstand ist auch selber ein bisschen veraltet, was nicht böse gemeint ist, sondern einfach auf das Alter der meisten Leute anspielt. Gerade im digitalen Zeitalter könnte einiges vereinfacht werden. Zum Beispiel, was den Unterschied angeht, wie Hochschulradios und öffentlich-rechtliche Radios abgerechnet werden. Da gäbe es durchaus Möglichkeiten, das anzugleichen. Dann würden auch kleinere Künstler, die nur in Hochschulradios stattfinden, eine höhere Ausschüttung bekommen.

Wie bist du darauf gekommen, auf deinem Blog "Kotzendes Einhorn" den Aufruf "GEMAHilfe" für eine wirksame GEMA-Imagekampagne zu starten?
Die GEMA stellt sich einfach nicht besonders schlau an. Das hat gar nicht so viel mit der Qualität der Kampagnen zu tun, sondern eher mit dem Timing. Ihre aktuelle Image-Kampagne ist im April gestartet und lag damit sehr nah an der Bekanntmachung der Tarifreform. Das war einfach dumm. Dabei hat die GEMA, glaube ich, genug Erfahrungen mit Shitstorms, dass sie da nicht total blauäugig reingelaufen sein kann.



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Wie bewertest du denn die Werbung, die die GEMA jetzt schon macht? Schädigt die das Image?
Nein, eigentlich nicht. Was ich aber bei den Alternativvorschlägen, die ich auf meinen Aufruf hin bisher bekommen habe, interessant fand, war, dass der größere Fokus nicht auf die Masse gelegt wurde, sondern auf die Clubbetreiber und die Musiker. Ich glaube, dass dadurch auch für die Masse verständlich wird, wofür die GEMA überhaupt da ist. Für viele ist noch ziemlich undurchschaubar, was die machen und warum sie es machen. Wenn man mit der Kampagne sagt, wir sind da, um Leuten das Geld abzunehmen und es den Künstler zu geben, weil die anderen mit deren Kunst was machen, klingt das ein bisschen komisch. Wenn man aber sagt, wir machen es für alle einfacher, weil sich der Künstler nicht selbst darum kümmern muss, bezahlt zu werden, dann klingt das sympathisch. Und Sympathie ist das, was die GEMA sehr gut gebrauchen kann. Sie haben es einfach nicht drauf, ihre guten Seiten rauszukehren.

Mit welchen Kampagnen könnte die GEMA denn deiner Meinung nach ihr Image aufbessern?
Die Musikpiraten haben damals, als das GEMA-Abrechnen von Kindergartenliedern durch die Medien ging, einen großen Coup gelandet, indem sie Liederbücher mit gemeinfreiem Musikmaterial gedruckt und dann an Schulen und Kindergärten verteilt haben. Genau das hätte die GEMA machen müssen, nur eben mit GEMA-pflichtigem Material. Dadurch hätten sie beweisen können: Musik ist uns wichtig, wir wollen das gesungen wird und Kinder Spaß an Musik haben. Uns ist aber ebenso wichtig, dass die Künstler bezahlt werden. Darum machen wir euch die Bücher und bezahlen die Künstler aus eigener Tasche. Das wäre sicher super angekommen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

                         Daniel Decker

Wenn jemand eine Idee für eine Kampagne hat, wie kann er deinem Aufruf folgen und mitmachen?
Einfach eine E-Mail senden! Das kann alles sein: Eine Kampagne, wie ich sie gerade geschildert habe, aber auch eine Plakatkampagne, eine Aufkleberkampagne, ein Werbespot. Man muss dafür auch nicht grafisch talentiert sein, denn die Idee ist, was zählt, nicht die Umsetzung. Aber vor allem muss es ernst gemeint sein. Auch, wenn der Unterton recht bissig, ironisch und satirisch ist, soll es wirklich darum gehen, dass die Verwertungsgesellschaft gut dasteht.

Hat die GEMA schon etwas von dem Aufruf mitbekommen?
Bis jetzt noch nicht. Die Idee kam mir, als ich der GEMA auf Twitter ironisch angeboten habe, ihre Öffentlichkeitsarbeit zu steuern, weil es da ja anscheinend Bedarf gebe. Darauf haben sie nicht reagiert, genauso wenig wie auf die bisherigen Beiträge im Blog.

Ist es denn gewollt, dass sie es bemerken?
Das ist mir relativ egal. Ich fände es schöner, wenn sie selber drauf kommen, dass man eine paar Sachen anders anpacken könnte. Wenn sie es mitkriegen sollten, werden sie es aber vermutlich nicht für eine gute Idee oder ernstgemeinte Vorschläge halten, sondern wieder mal für einen Angriff.

Was wünschst du dir in Zukunft von der GEMA und der Debatte um sie?
Ich würde mir für die GEMA wünschen, dass sie nicht immer ganz so hart angefeindet wird und auch die breite Masse mal hinter den Vorhang schaut, weil es da viel komplexere Strukturen gibt als „GEMA böse und Rest der Welt gut". Eigentlich meinen sie es gut, aber sie stellen sich eben häufig sehr dumm an. 

Text: nadja-schlueter - Fotos: Kotzendes Einhorn (kotzendes-einhorn.de)

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