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Dein Schweigen ist ein Zelt, stellst es mitten in die Welt.

Text: joliemiller
Wenn wir besonders viel zu sagen gehabt hätten, haben wir stets geschwiegen. Ehrlich gesagt war ich immer sehr froh darüber. Das Nichtaussprechen hat ein Geheimnis bewahrt. Nur hat das Schweigen auch die Luft zwischen uns mit Schwere erfüllt, mit so viel Schwere, dass es immer schwieriger wurde, überhaupt Worte auszusprechen, und seien sie noch so banal.

Denn leider ist es so, dass Worte, die nicht gesagt werden, nicht verschwinden. Sie bleiben im Kopf und verwischen den Umgang miteinander. Was nicht ausgesprochen wird, sammelt sich an, und es sammelt sich immer mehr, bis ein Berg von Wörtern sich zwischen zwei Menschen aufbaut. Und ich weiß, es würde reichen, wenn ich ein Wort artikulieren würde, und schon würde sich der ganze Berg von alleine abbauen. Denn spricht man einmal ein Wort aus, einen Satz, der sich im Sprachzentrum verfangen und nicht den Weg zu den Stimmbändern geschafft hat, finden plötzlich sehr viel mehr Wörter und Sätze, die man selbst zuvor niemals klar formulierte, ihren Weg in das Gehör des Anderen. 

Aber es ist nicht einfach, Berge zu versetzen, besonders keine Berge aus Buchstaben und Worten und Sätzen, die nicht richtig angeordnet sind und nur lose aufeinander liegen, manchmal völlig zusammenhangslos. Es ist nicht einfach, den Berg von Wörtern zu erklimmen und den Satz zu finden, der den Weg für alle weiteren ebnet. Es ist nicht einfach, überhaupt einen Satz zu sagen, wenn du in der Nähe bist. 

Es wäre viel einfacher, wenn du anfangen würdest.

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