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Beats basteln versus Fußball zocken

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Im Proberaum schlägt das Herz einer Band. Hier entstehen die Songs, die eines Tages vielleicht jeder mitsingen kann. Deshalb besuchen wir regelmäßig junge Münchner Musiker in ihren Proberäumen. Diesmal erzählen Monaco Fränzn, Gräm Grämsn und DJ Spliff von Doppel D darüber, wie ihre Probewochenenden ablaufen und wie aus einer Aufnahmesession ein ausgedehnter Videospieleabend werden kann. In ihrem Proberaum befindet sich nämlich nicht nur allerlei Musikequipment, sondern auch ein Zockereck vor dem Herrn, dem es von der Playstation bis zum Sofa an nichts fehlt.

„Unser Proberaum ist immer da, wo der Fränzn gerade wohnt, weil da die ganze Technik zum Aufnehmen steht. Ganz am Anfang haben wir noch bei ihm im Wohnheim geprobt, danach dann in seiner Wohnung in der Poccistraße. In diesem Raum proben wir jetzt seit seinem Umzug vor vier Jahren, unsere letzte Platte haben wir auch hier aufgenommen. Aber eigentlich proben wir ja nicht in einem klassischen Sinne. Normalerweise treffen wir uns, um an Songs zu basteln. Wir lassen einen Beat laufen, rappen dazu und nehmen das dann gleich auf.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Das liegt aber auch daran, dass hier im Raum kein zweiter Plattenspieler steht, darum ist es kaum möglich, unser Liveset umzusetzen. Für Konzerte proben wir zwar auch ab und zu, aber da wir seit zwei Jahren eine ähnliche Show spielen und ziemlich gut eingespielt sind, ist das nicht immer notwendig. Stattdessen proben wir schon auch mal während der Hinfahrt im Auto.

Die Gesangskabine hier im Eck haben wir mit alten Holzteilen gebaut, wie sie früher bei Radiosendern verwendet wurden. Die wären bei einem Studioumbau mal fast weggeworfen worden. Da waren quasi schon Leute mit den Äxten dran. Bis einer gesagt hat: „Um Gottes Willen, was macht ihr da?“ und die Dinger gerettet hat. Das ist ja alles hervorragendes Zeug.

Im Schnitt treffen wir uns ein- bis zweimal im Monat, dann aber immer auch gleich für zwei Tage, meistens Freitag und Samstag. Mittlerweile haben wir uns angewöhnt, dass zuerst gekocht und zusammen gegessen wird, damit jeder erst mal ankommt. Mei, und dann schauen wir, was gerade anfällt, ob wir einen neuen Text haben und einen Beat dazu brauchen oder umgekehrt. Damit grinteln wir so bis zwölf oder eins in der Nacht rum und nehmen es dann je nach Stimmung auch gleich auf. Wenn wir nicht vorher anfangen, uns auf die Couch zu hauen und zu zocken.

Es hat schon Abende gegeben, an denen wir uns vorgenommen haben, bis um fünf in der Früh Sound zu machen, aber um eins ging’s dann mit der Zockerei los und wir haben dann bis in die Morgenstunden Fußball gespielt. Hier stehen fast alle Konsolen, die es gibt, momentan sind sieben davon aufgebaut. Aber in letzter Zeit haben wir uns das Spielen ein wenig abgewöhnt, da wir alle ziemlich eingespannt sind und die Zeit nutzen müssen, die wir am Wochenende haben.

Wenn die Sessions länger dauern, kommt’s ab und zu vor, dass einer auf dem Sofa einpennt. Gerade, weil wir beim Aufnehmen auch gern mal was trinken. Am lustigsten wird es dann, wenn mal wieder jemand den Vorschlag macht: „Boah, schau ma uns moi wieder a oids Video von uns oo?!“ Einmal aber ist aus so einer Situation auch ein ganzer Track entstanden.

Wegen der Lautstärke gab es noch nie Probleme. Da in dem Gebäude fast nur Arztpraxen sind, stören wir eh keinen. Und der Nachbar über uns hat früher bei BMG gearbeitet. Das größere Problem ist der Linienbus, der hier jede Viertelstunde vorbeifährt. Wenn der draußen hält, müssen wir für zwei bis drei Minuten die Aufnahme stoppen, weil die Fenster nicht schalldicht sind und man den bis hier rein hört. Umso schwieriger ist es, seit wir unseren Gesang mit einem gescheiten Mikrofon aufnehmen.

Wenn der Fränzn wieder umzieht, steht auch der nächste Proberaum-Umzug an. Hoffentlich wird’s dann ein bissl größer, wir haben hier nämlich auch das Lager für unseren Merchandise. Und wenn die T-Shirts zur neuen EP kommen, wird’s langsam ziemlich eng.“


Text: josef-wirnshofer - Foto: Juri Gottschall

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