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"Es roch nach Legende."

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Nana Yuriko ist Regisseurin des Films "Tage außerhalb der Zeit", war von Anfang an dabei, Teil der Crew und mit den Bar 25-Machern befreundet

Die Anfangszeiten der Bar 25 hatten eine ganz andere Magie. Es war intimer und man kannte sich untereinander. Es roch nach Legende. Ich hatte in der Bar seit langem wieder das Gefühl, dass hier ein Ort ist, an dem ich gerne ausgelassen feiern möchte. Als ich dann zur Kamera gegriffen habe, war ich überwältigt: Die unterschiedlichen Charaktere waren extrem spannend – DJs, Köche, Freunde, alle haben beim Aufbau und bei der Organisation mit angepackt. Das ist ja eher ungewöhnlich. Die Bar 25 ist mit der Zeit gewachsen. Dort haben ja auch so 14 bis 18 Leute gewohnt. Am Ende gab es ungefähr 240 Mitarbeiter. Natürlich wurde der Laden dann kommerzieller und die Veränderungen hat man auch gespürt. Die Mischung auf dem Dancefloor war nicht mehr so gut, es wurden Sachen geklaut, und das Konzept musste überdacht werden – deswegen gab es dann einen Türsteher und es wurde Eintritt verlangt. Auch wenn die Tür hart war, waren nur Leute drinnen mit denen man sich wohlgefühlt hat. Mir hat aber auch das Leben außerhalb all der Parties sehr gut gefallen. Ich habe es geliebt dort unter der Woche ins Bad oder in die Sauna zu gehen, mir davor einen Film anzugucken und dann am Feuer zu sitzen. Mitten in der Stadt, mit einem Blick auf den Fernsehturm. In meinem Saunahandtuch saß ich da, während neben mir die Boote auf der Spree vorbeifuhren und die Vögel zwitscherten. Ich finde, das waren die besonderen Momente in der Bar: der Kontrast zu dem Feierleben. Man konnte sich dann aber genauso gut wieder anziehen und vorne ins Restaurant gehen. Oder tanzen und weiter Party machen. Wenn man einmal drinnen war, war es immer schwierig den Ausgang zu finden. Für mich gab es immer diese Assoziation mit Alice in Wonderland – die Bar war wie dieses Hasenloch, in das man immer wieder reingezogen wird.


http://www.youtube.com/watch?v=FIFEtAgGeqQ




Velten Doering alias Dirty Doering war von Anfang bis Ende der Bar einer von ungefähr 50 Resident DJs der Bar 25.

Die Bar25 war kein herkömmlicher Club: Ein Hütte aus Holz, direkt am Wasser. Während des Auflegens hat man den Sonnenuntergang direkt vom DJ-Pult aus gesehen. Die Sonne hat sich in der Spree gespiegelt und mir direkt ins Gesicht geleuchtet. Bevor ich in der Bar 25 aufgelegt habe, habe ich in anderen  Clubs nur Licht zu sehen bekommen, wenn ich aus der Halle in den Garten gegangen bin. Ich hatte deswegen eine Käsehaut vom Feiern – in der Bar hat sich das endlich mal geändert. Wenn man länger geblieben ist als eine Nacht, konnte man den ganzen Tag draußen in der Sonne liegen.  Es war unglaublich, was für verrückte Dinge man dort erleben konnte. Da kam dann mal die Frau, die Eis verkauft mit dem Fahrrad vorbei, und wurde ganz bis vor den Club gelassen. Auf einmal strömten alle raus, weil sie ein Eis wollten. Es waren an manchen Wochenenden auch extra Tätowierer da, die aber nicht Menschen, sondern Würste tätowiert haben - Bratwürste wurden mit Herzchen oder Bar 25-Zeichen versehen. Die tätowierten Würste wurden dann einlaminiert, so dass man sie mit nach Hause nehmen konnte. Auch die Konfetti-Parties waren legendär, weil jeder Besucher das Konfetti durch die ganze Stadt getragen hat, bis an den Alexanderplatz. Die Pianistin Laura Wieder hat zum Beispiel auch in der Bar 25 einen Weltrekord aufgestellt und 40 Stunden am Stück Klavier gespielt. Und Quentin Tarantino hatte in der Bar die After-Show-Party von seinem Filmscreening von „Death Proof“ in Berlin. Er saß dann auf einen riesengroßen Thron. Weil er ja Fußfetischist ist, durften ihm die Leute die Füße massieren, und ihm Obst zwischen den Zehen durchziehen. Für mich war die Bar 25 der schönste Platz der Welt. Im Sommer habe ich dort auch gewohnt. Morgens bin ich aufgewacht und hatte einen Blick auf die Spree – und das nicht einbetoniert zwischen Hochhäusern, sondern mitten im Grünen. Ich hab dort meine ganze Freizeit verbracht. Alle anderen Clubs sind Clubs mit Spielplatz, aber die Bar war ein Spielplatz für Erwachsene mit Diskothek. Der Hype um die Bar 25 war letztendlich riesengroß. Es war okay, dass sie zugemacht hat - alle guten Dinge haben mal ein Ende.




Peppa Meissner ist Kamerafrau des Films "Tage ausserhalb der Zeit" und mit der Bar 25-Crew befreundet. Beim Aufbau der Bar hat sie auch selbst mal die Flex in die Hand genommen.

Am beeindruckendsten ist an der Bar einfach allein die Tatsache, dass Freunde zusammen so etwas aufbauen können. Mein Fokus lag eher auf der Gemeinschaft, auf dem Gefühl, zusammen etwas zu schaffen. Es ist toll, dass Kreativität so einen Raum kriegt und so Ideen umgesetzt werden können. Es wurde alles immer bis kurz vor den Partys mit viel Liebe vorbereitet. Durch die Popularität war eine Türpolitik irgendwann nötig, aber wenn man dann drinnen war, hat sich schon ein gutes Gefühl verbreitet – auch wenn durch den Easy-Jet-Tourismus viele Leute tagelang da waren, hat man sich überall wohlgefühlt. Die Grenzen von Besuchern und Veranstaltern sind dann einfach verschwommen. Ich war als Kamerafrau aber auch als Kameradin dabei. Es war immer wichtig, zurückhaltend und beobachtend zu sein. Das heißt, wir hatten keinen großen Aufbau. Es sind keine normalen Arbeitsumstände – es gibt unbereinigte Wege, die man laufen muss, und natürlich war es auch immer ein Stück gefährlich. Die Bar war ein Herzstück von Berlin, ein kleines Dorf an der Spree, wo sich Freunde treffen konnten, aber auch Leute aus der ganzen Welt. Schmelztiegel von kreativen Ideen, Kulturstätte. Ich habe Nana beim Musikvideodreh für den Song "12345und20" von Piratenbraut & Matrose TJ aka Bonaparte kennengelernt und da entstand die Idee, dass ich beim Dreh über die Bar25 mithelfen könnte - also zog ich 2008 in einen Bauwagen auf dem Bar25 Gelände ein. Wir haben gefilmt bis zum Ende – auf der Closing-Party waren wir mit sechs Kameras. Ich habe ein Seil quer über das Gelände gespannt und habe die Kamera über die Feiernden fliegen lassen. Ich finde es großartig, einen Film zu schaffen der diese Menschen verbindet, weil es einfach hervorhebenswert ist, was diese Menschen da gemacht haben.


Britta Mischer ist Regisseuring des Films "Tage außerhalb der Zeit" und half damals auch beim Aufbau der Bar 25 mit

Bei besonderen Anlässen haben die Macher der Bar sich immer viel Mühe gegeben. Sie haben Heilerde bestellt, um sich damit im Schlamm wälzen zu können. Auf anderen Parties musste man sich durch riesige Massen Schaum kämpfen, um von einem Bereich in den anderen zu kommen. Es waren immer diese kleinen liebevollen Sachen, in denen man sich verlieren konnte. Man hat gespürt, dass dahinter eine Gruppe von Freunden steckt. Deswegen war die Bar 25 so erfolgreich. Es gab auch eine starke Interaktion unter den Besuchern. Wenn man zum Beispiel reingekommen ist, hat man gleich von einem anderen Gast Glitter über den Kopf geschüttet bekommen. Wenn man wollte, konnte man sich dort auch selbst verwirklichen, selbst was machen und Ideen vorschlagen. Das hat den Ort sehr bunt gemacht und das hat der ganz normale Gast auch gespürt. Als die Leute der Bar 25 dachten, dass das Closing bevorsteht, haben sie eine Woche lang durchgefeiert. Aber da gab es nicht eine Woche lang schnödes um-ta-ta, sondern verschiedene „Stadien“. Da ging es zum Beispiel mit Klassik los, mit Grillen, mit Kindern, und so langsam ist es übergangen, von Floor zu Floor, in eine wilde Feierei. Bonaparte hat zum Beispiel gespielt. Auch die illegalen Sachen, die sie gemacht haben, waren sehr beeindruckend. Das Nebelhorn auf dem Dampfer, das man durch die ganz Berlin hören konnte, und das Feuerwerk, das nachts gezündet wurde. Das Team hat uns bei dem Film immer total unterstützt. Wir waren wirklich erstaunt wie uneitel sie waren, es gab ja auch Szenen, wo der ein oder andere sehr betrunken war. Aber sie meinten nur: Ist gut, macht mal so.




Ines Fehrle ist seit fünf Jahren Wahlberlinerin und besuchte die Bar 25 das erste Mal mit 18.

Bei der Closing-Party musste man sich jeden Tag drei Stunden lang anstellen. Die Schlange ging dann auch bis zur S-Bahn, aber ich glaube ein Drittel der Leute sind nicht mal reingekommen. Man weiß, was einen in der Bar erwartet und deswegen ist man meistens auf Drogen. Wenn es zu warm war, sind wir manchmal ins Wasser gesprungen oder haben zwei Stunden am Steg geschlafen. Wir kamen nie verkleidet, aber drinnen waren wir plötzlich immer voller Glitzer. Die Bar war wie ein Zirkus, und die Leute sahen aus wie Zirkusartisten. Alles hat geleuchtet, geglitzert, geklingelt. Ich wusste, dass ich dort nur coole Leute antreffe und niemanden, der mir aus unerfindlichen Gründen blöd kommen würde. Das erste Mal als ich in der Bar 25 war, habe ich eigentlich die ganze Zeit nur herumgeguckt, weil es da so viele abgefahrene Sachen gab. Einen Beichtstuhl, ein Schaukelpferd, Fotoautomaten, verschiedene Bars, die Stege, das Wasser, die Hütte zum Tanzen... Die Bar wollte eigentlich nie, dass irgendetwas von dieser kleinen Welt da drinnen nach außen dringt. Man durfte dort nicht fotografieren, sonst wurde man rausgeschmissen. Deswegen konnte man aber auch machen was man wollte. In dem Beichtstuhl wurde natürlich nicht gebeichtet, sondern Drogen genommen. Ich will die Bar jetzt nicht als Drogenloch darstellen, aber im Prinzip war da schon jeder drauf. Ich kenne auch Leute, die nie Drogen nehmen oder Alkohol trinken, aber einmal im Monat dort hingegangen sind, und fünf Tage gefeiert haben. Ich war auch mal ein ganzes Wochenende drinnen. Wir haben einfach nie geschlafen und sind nur nach Hause gegangen um uns umzuziehen. Es gab eigentlich keinen Grund dort rauszugehen, denn in diesem kleinen Universum gab es genug zu trinken und zu essen. Die Atmosphäre, die es in der Bar 25 gab, wird es nie wieder geben. Sie hat an einem Punkt Schluss gemacht, an dem es nicht hätte besser werden können. Für mich war die Bar 25 der geilste Club den es je gab. Ich habe nirgends sonst solche abgefahrenen Sachen erlebt. 

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