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Mädchen, wer sind eure Superheldinnen?

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Neulich im alten Kinderzimmer rumgekramt und die kleine Kiste mit Spielzeug gefunden, die allen Flohmarkt- und Wertstoffhofattacken meiner Mutter getrotzt hatte. Darin: Ein He-Man, die muskelbepackte Vollplastikfigur, für dich ich im Alter von sechs Jahren sofort meine kleine Schwester eingetauscht hätte. Spiderman-Comichefte, die mir mein Vater aus seiner Kiste weitergereicht hat und die ich nicht nur deswegen für besonders wertvoll hielt und ein Schulheft, auf dem ich versucht habe, mit Bleistift Batman zu zeichnen.

Superhelden spielten also durchaus eine Rolle bei meiner Adoleszenz und ich denke, ich war dabei unter meiner Geschlechtsgenossen eher noch ein gemäßigter Charakter. Ich kenne durchaus Typen, die heute immer noch in jeden Hulk-, Batman- und sonstigen Superhelden-Aufwasch ins Kino rennen. Ironisch natürlich, aber eben auch, weil sie es von Kindheit an gewohnt sind, dass es schmächtige junge Typen gibt, die zu fliegenden, freiheitsliebenden Problemlösern werden und dabei die Frauen in sich verliebt machen.

Nun gibt es dabei ja auch immer wieder Superheldinnen, aber ich habe noch keine Frau erlebt, die angesichts eines Catwoman-Posters enthusiastische Grölgeräusche gemacht hätte. Mir fällt auch nicht die Superheldin schlechthin ein, gibt es so was? Oder ist das ganze Thema für euch schon immer reizlos und zu durchschaubar gewesen? Oder doch Pippi Langstrumpf und irgendwelche Manga-Mädchen? Oder könnt ihr auch was an männlichen Superhelden empfinden, also jenseits der Bauchmuskeln?



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Bei He-Man Figur fällt mir Barbie ein. Die war neben irgendwelchen Playmo-Figuren oder anderen eher namenlosen Spiel-Charakteren die einzige Plastikspielfigur, die irgendwie jede von uns besaß. Superheldinnen-Potential hatte sie trotzdem nicht. Jedenfalls nicht von Natur aus, denn sie stand ja eher für eine etwas weichgespülte und pinkgefärbte Mutter-Vater-Kind-Geschichte.

Charaktere, die wir wirklich so richtig heldenmäßig bewunderten, sammelten wir vielleicht einfach nicht als Figuren. Eine Abbildung von ihnen hätte ja sowieso nicht an das Original herangereicht. Zu ihnen gehörten auf jeden Fall Pippi Langstrumpf und Ronja Räubertochter. Ziemlich cool und tough war auch George von den Fünf Freunden, die immer ein Junge sein wollte. Die kleine Hexe Bibi Blocksberg ist bis heute für viele eine Heldin, jedes vierte aller Mädels, die ich kenne, hört die Kassetten immer noch zum Einschlafen. Stark waren auch die Sailor-Moon-Kriegerinnen. Wenn eine unserer Heldinnen im Fernseher auftrat, brüllten wir schnell und bevor es jemand anders tun konnte: „Die bin ich!".

Vielleicht sind euch unsere Heldinnen nicht eindeutig als solche bekannt, weil sie nicht als Klischee-Superheldinnen wie etwa Catwoman oder Lara Croft ausgeschrieben sind. Und vielleicht lag darin auch ein bisschen ihr Reiz für uns: Wir meinten unsere George-Ronja-Bibi-Heldinnen selbst entdeckt zu haben, während bei euch schon von vornerein klar war, dass "Super" drin war, wo "Super" drauf stand, beziehungsweise dass ein alleiniges  Anhängen des Wortes "-man" jede Figur zu einem Wahnsinnstypen machte.

Catwoman oder Lara Croft übrigens waren schon allein deshalb nie etwas, womit wir uns identifizieren wollten, weil wir es praktisch gar nicht konnten. Die waren irgendwie zu sexuell und zu männerphantasiemäßig konstruiert, alles viel zu plakativ und ballerig, voll von Kram, der uns in der Zeit zwischen fünf und elf Jahren überhaupt nicht interessierte. Es ging uns bei der Anhimmelung einer Superheldin nicht um Kraftgeprotze oder ewiges Gewinnen, und am wenigsten ging es um Bauchmuskeln oder Riesentitten. Es ging eher um einen ganz vielschichtigen Seelen-Cocktail aus Mut und Intelligenz, Zauberkräften, Witz und um unfassbare Abenteuer und Unabhängigkeit.

Und wenn wir heute irgendwo ein Bild einer dieser vielen Heldinnen unserer Kindheit sehen, dann geraten wir durchaus ins Schwärmen und Schwelgen. Meistens ist das eher ein stilleres Staunen, ein sehnsüchtiges "Oooooh". Aber es kann schon sein, dass uns doch mal ein lautes "DIE WAR IMMER ICH!" entfährt. Oder ein "UND IM NAMEN DES MONDES".

mercedes-lauenstein

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