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I'm going down to sleep on the bottom of the ocean

Text: Rueschenkleid
Die SMS beginnt mit „Schätzchen“, was halb ernst, halb im Spaß gemeint ist. Wir wissen beide, da ist nicht nichts, aber was da ist, das wissen wir nicht. Also warte ich ein bisschen. Schreibe meine Arbeit fertig, packe. Erkälte mich fürchterlich, so kurz vor der Reise und gebe ein Vermögen bei der freundlichen Apothekerin aus. „Das sieht nach Reiseapotheke aus“, sagt sie und als ich nicke, packt sie Sonnencremepröbchen und einzeln verpackte Halsschmerzkaugummis dazu (ich wusste nicht, dass es so was gibt).

Im Krimskramsladen gibt es ein Kniffelspiel für 99 Cent und ich rechne mit vielen Runden Würfelei am Strand, also nehme ich es mit. Meine Reisebegleiterin am Telefon jubelt, ich glaube, sie mag Würfelspiele.

Wieder kommt eine SMS, diesmal mit Mitleid wegen der Erkältung und ein bisschen Neid, wegen des Urlaubs. Am Ende steht ein Kuss. Ich weiß noch nicht, ob mir das gefällt.

Letzte Woche um diese Zeit habe ich Hochzeitspläne geschmiedet, im Spaß, aber nicht so unglaublich unernst. Die Zukunft könnten wir uns doch teilen sagt der „Schätzchen“-Schreiber und irgendwie hat er recht, wäre dies ein Jane Austen Roman und nicht mein Leben, wir hätten wahrscheinlich schon Kinder. Also saßen wir dort, hörten Lieblingsalben und überlegten uns eine gemeinsame Zukunft zurecht. Und jetzt kommen SMS mit „Schätzchen“. Was ein Tag. Was eine Woche. Ich muss mir die Nase putzen, ununterbrochen und hoffe, mit den Bakterien auch das komische Gefühl herauszutrompeten.

Gestern bekam ich auf dem Flohmarkt einen Anruf, er war verkatert und ich fragte mich und auch ihn, was ich nun tun soll. „Nichts“ sagte er und ich dachte: „Ok“, denn er ist zu weit weg, als dass ich was tun könnte. Ist doch alles bescheuert, denke ich und kaufe ein Buch für die Reise. John Irving, es ist ein Bär auf dem Titel und das erste Kapitel las sich heute in der Bahn sehr schön.

Ich fahre morgen weg, ein bisschen und lasse mir die Sonne auf die Nase scheinen. Und dann überlege ich, was ich davon halten soll, von einem Italiener, der mir prophezeit, dass er ein Arsch sein wird (also ging ich), einem Freund von früher, der Hochzeitspläne schmiedet, ohne Grund und dann noch dem Herrn, dem mein Herz für zwei Jahre gehörte und der sich wieder meldet.


...'cause I couldn't let go.
and the water hit the setting sun.

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