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Der neue Phrasensport

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Wo bist du? Kannst du das für mich aufmachen? Kannst du mir mal helfen? Du kennst dich doch mit Computern aus. Wo gehst du hin? Kannst du mir was aus meiner Tasche geben? Kannst du mal lauter machen? Wo gehst du hin? Hast du mich vermisst? Mach mal leiser. 
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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Mit Ponyfrisur-Perücke spielt Graydon Sheppard die Freundin, die einen Mann in den Wahnsinn treibt. 

Ohne Pause aneinandergereiht ergeben diese Sätze wohl die schlimmste Freundin, die sich ein Mann vorstellen kann. Seien wir ehrlich, jede hat einen dieser Sätze schon mal gesagt. Wahrscheinlich nicht nur einmal, wahrscheinlich sogar heute. Zum Glück für die Männer setzen Frauen im echten Leben diese Sätze in der Regel wohldosiert ein. Um auf sich aufmerksam zu machen. Damit sie nicht selbst von der Couch aufstehen müssen. Oder einfach, um ein bisschen umsorgt zu werden. Die kanadischen Filmemacher Graydon Sheppard und Kyle Humphrey haben solche typischen Frauenfloskeln gesammelt. Auf ihrem Twitter-Kanal @shitgirlssay schreiben sie Sätze auf, mit denen Frauen Männern oft und gerne auf die Nerven gehen. Und sind damit ziemlich erfolgreich: Inzwischen haben sie mehr als eine Million Follower. Ihre Satz-Sammlung haben sie schon in drei Clips verfilmt, einer hat auf Youtube mehr als 14 Millionen Aufrufe.

In den "Ich hasse es, Klamotten zu probieren!" jammern oder hysterisch "Du bist die Beste. Nein du! Nein DU!" schreien. Schon die erste Folge mit ihm besitzt Wiedererkennungswert. So hat sich das "Shit girls say"-Prinzip zu einer eigenen kleinen Kunstform entwickelt, mit der inzwischen die verschiedensten Personengruppen parodiert werden.

Bisher gibt es unter anderem Episoden mit New Yorkern (Ispo-Besuchern ("Do you guys have free T-shirts?"), Schülern ("Können wir einen Film gucken?"), Single-Frauen ("Sind da heiße Typen?") und Schwulen ("Hey Diva!"). Natürlich sind das Klischees, noch dazu sexistisch und teilweise politisch unkorrekt. Trotzdem lachen wir darüber, weil wir uns in den Äußerungen und Gesten nur zu gut wieder erkennen und gar nicht anders können als wieder in diese Muster zu fallen. Dutzende englischsprachige Videos in diesem Stil kursieren inzwischen auf Facebook, viele sind von Hobbyfilmern gedreht und in schlechter Qualität, manche, wie die von Sheppard und Humphrey, sind professionell. Zu bestimmten Clips werden sogar Video-Antworten hochgeladen: Auf die Girls-Reihe folgte "Schwarze Mädchen sagen oft", wiederum darauf "Weiße Mädchen sagen oft zu schwarzen Mädchen".

So ganz weiß keiner, wo der "Shit people say"-Hype eigentlich herkommt. Auf jeden Fall hat er mit dem Twitter-Kanal @shitmydadsays zu tun. Der US-amerikanische Autor Justin Halpern twittert seit 2009 Lebensweisheiten und Schimpfattacken seines Vaters. Auf seiner Twitter-Seite schreibt er liebevoll als Erklärung: I'm 29. I live with my 74-year-old dad. He is awesome. I just write down shit that he says (deutsch: Ich bin 29. Ich lebe bei meinem 74-jährigen Vater. Er ist toll. Ich schreibe einfach den Mist auf, den er sagt). Der "Mist" sieht zum Beispiel so aus: "Du machst dir zu viele Sorgen, iss' etwas Speck... Was? Nein, ich weiß nicht, ob du dich dann besser fühlst, ich habe nur zu viel Speck gemacht." Auch wenn man ihn nur durch die Sprüche kennt, so ergibt sich doch ein ziemlich genaues Bild dieses Vaters und vom Leben seines Sohnes mit ihm. Beim Twitter-Feed ist es nicht geblieben: 2010 veröffentlichte Justin Halpern die Sprüche gesammelt als Buch, im selben Jahr lief in den USA eine gleichnamige TV-Serie, die von Halperns Geschichte handelt. William Shatner spielt darin die Rolle des Vaters. Inzwischen wurde die Serie schon wieder abgesetzt.

 

Bevor es mit deutschsprachigen "Shit people say"-Videos überhaupt losgehen kann, haben ein paar Zuschauer in den USA schon wieder genug davon. Das Video "Shit nobody says Der Clip "Shit rocks say" geht noch einen Schritt weiter: Dafür haben die Macher einfach nur einen Stein gefilmt. Mal vor einem Macbook, neben einer Tasse oder einem Handy, auf einem Stuhl, vor dem Fernseher oder dem Badezimmerspiegel gleich neben einem Föhn. Und wieder von vorn. Mit einer nicht wirklich erklärlichen Komik, sodass "Shit rocks say" am Ende den Hype um die Shit-Clips noch mehr verfestigen könnte.

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