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Rap-Rendezvous: Wir hören neue Platten mit Spax

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Spax lebt HipHop bereits seit mehr als 20 Jahren „mit Leib und Seele“. Er gilt als einer der besten Freestyle-Rapper des Landes, der zusammen mit MC Rene und Flowin Immo kürzlich als F.I.R.S.T. und der Band The Silver Delorean die Bühnen des Landes unsicher gemacht hat. Sein aktuelles Album „Zeiten ändern dich nicht immer“ hat er dieser Tage zusammen mit seinem Partner in Crime DJ Mirko Machine unter dem Namen Die Profis in Eigenregie veröffentlicht. Er hat mit HipHop-Größen wie LL Cool J und Gang Starrs Guru kollaboriert, arbeitet als Moderator für Events wie den Breakdance-Wettbewerb "Battle Of The Year" und leitet regelmäßig HipHop-Workshops für Kids.

„Träume“

 http://www.youtube.com/watch?v=qOtWB8rOXtM  

Aber jetzt geht es los mit dem Rap Review Rendezvous und     Kool Savas – "Aura"

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



jetzt.de: Die Platte ist direkt von 0 auf 1 in die Charts eingestiegen. Ein Erfolg, der nach Durchhören des Albums gerechtfertigt ist?
Spax: Definitiv. Ich finde es toll, dass deutschsprachiger Rap mittlerweile so häufig in den Charts vertreten ist. Und wenn es jemand verdient hat, dann sicherlich ein Rapper wie Savas, der sich dafür schon seit vielen Jahren den Arsch aufreißt. Ich bin ein Freund von verdientem Erfolg. Ich veranstalte ja auch häufig Workshops, und da merke ich auch, dass nicht mehr amerikanischer, sondern deutscher HipHop für die Kids heute das A und O ist. Mit Big Pooh oder Reef The Last Cauze brauchst du denen nicht kommen. Ami-Rap ist mittlerweile Nischenmusik – von großen Leuten wie Jay-Z und Kanye West mal abgesehen. 

Savas gilt für viele als bester MC Deutschlands und das, was dem „kompletten MC“ am nächsten kommt. Wie ist deine Einschätzung dazu?
Das kommt wohl darauf an, ab wann man einen MC als komplett bezeichnen möchte. Savas ist ohne Frage ein guter Rapper, technisch gesehen ganz weit vorne und kann die Menge bewegen. Aber freestylen ist, glaub’ ich, nicht so seins – und das gehört bei meinem Bild von einem kompletten MC definitiv dazu. 

 http://www.youtube.com/watch?v=0xKF45TvUVw  

„Aura“ wird von vielen Leuten als persönlicher wahrgenommen als Savas’ Vorgängeralben. Empfindest du das auch so?
Nein. Natürlich hört man etwas über seine Gedankenwelt, aber das trifft auf nahezu jeden Rapper zu. Als persönlichsten Song habe ich „Stimme“ empfunden, und den finde ich super. Der hat mich berührt, zumal der auch noch auf einer Metaebene funktioniert und seinem Publikum vermittelt: Glaubt an euch.  

Fehlt dir denn diese persönliche Komponente?
Sagen wir so: Ich finde jeden einzelnen Track okay. Savas ist ein großer Rapper. Aber es ist nicht „mein Album“, dafür fehlen mir die Themen. Meine Erwartungshaltung war eine andere, weil überall davon gesprochen wurde, wie persönlich sein Album doch sei. Savas ist Mitte 30, besitzt wahnsinnig viel Talent, Kraft, Ausstrahlung und Energie. Deshalb hätte ich mir gewünscht, dass er all das benutzt, um noch mehr in die Tiefe zu gehen, als er es letztlich tut. Aber es ist eben auch seine Entscheidung. 

Savas geht Anfang nächsten Jahres auch auf Tour. Allerdings nicht alleine, sondern mit der „Liga der außergewöhnlichen MCs“, zu denen Olli Banjo, Laas Unltd und die Orsons gehören. Ist das einfach nur eine gute Idee oder ist man als Künstler mittlerweile gezwungen solche Ideen umsetzen, damit man sich gegen die steigende Konkurrenz überhaupt noch zur Wehr setzen kann?
Ich finde die Idee uneingeschränkt gut – zumal Savas mit seinem Namen auch problemlos alleine auf Tour gehen und dadurch mehr Geld verdienen könnte. Er müsste ja keine anderen Leute mitnehmen – aber es spricht natürlich für ihn, dass er seine Jungs an seinem Erfolg teilhaben lässt und mit ihnen zusammen vor Publikum seine Liebe zu Rap teilt.     Rapper Big Pooh – "Dirty Pretty Things"

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Big Pooh war Teil der legendären Little Brother, was die Erwartungen natürlich recht hoch ausfallen lässt. Wie hat er sich geschlagen?
Ein geiles Album! Hammer! Ich liebe den Vibe der Platte. Warmer, angenehmer Boombap-Sound mit Soul-Einflüssen. Ernsthaft, aber trotzdem verspielt. Deep, aber trotzdem sehr leicht. Eine großartige Mischung und für mich fast noch runder als die alten Little-Brother-Sachen. 

Auf dem Stück „Independent“ rappt Pooh: „The world is on my shoulders/weight getting light as a nigga getting older“. Du bist ja nun auch kein Jungspund mehr im Rapgame. Ist das demnach ein Statement, das du deiner Erfahrung nach unterschreiben kannst?
Es gibt Dinge, die werden schwerer und es gibt andere Dinge, die werden leichter im Alter. Körperlich merke ich mittlerweile auf jeden Fall, wenn wir mal ein Wochenende Konzerte gespielt haben. Aber mental ist man natürlich sehr viel gefestigter, und das vereinfacht viele andere Dinge.  
http://www.youtube.com/watch?v=AKBexKaapTc  

Auf „Legendary Lullaby“ rappt er: „I never carried chrome/I never sold drugs/I dropped out of college/I got plans of going back/I had plans of quitting rap, but I’m necessary/I’m trying to teach these kids to be legendary.’’ Du gibst ja auch Workshops und dergleichen: Wie wichtig ist es heutzutage, den Kids solche Workshops anzubieten, obwohl sie theoretisch übers Internet ja zu allem Zugang haben? Oder liegt genau darin das Problem?
Du hast es gerade selbst auf den Punkt gebracht: Die Kids können sich alles Wissen im Internet aneignen, aber ich sehe das durchaus als problematisch an. Denn ein richtiges Verständnis für die Dinge bekommt man nicht durchs Zusehen allein. Man braucht Feedback: Vom Publikum, von Kollegen oder von einem Mentor. Das ist etwas anderes als der „Like“-Button bei Facebook. Ich merke in meinen Workshops, dass jeder eine andere Art hat, Dinge zu hinterfragen und zu verstehen, und darauf muss man eingehen. Die Jugendlichen brauchen jemanden, der ihre Stärken und Schwächen kennt und einen Zugang dazu findet. Ich vermittele meinen Schülern daher auch nicht nur, wie man rappt, sondern auch, wie man sich mit einem Thema auseinandersetzt und eine eigene Geisteshaltung entwickelt.     Reef The Lost Cauze & Snowgoons – "Your Favorite MC"
  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Der typische Snowgoons-Sound ist ja immer sehr epochal, gerne auch mit Hörnern oder Geigen, manchmal leicht pathetisch. Kannst du damit etwas anfangen?
Und wie! Ich liebe die Snowgoons! Die haben ein ganz eigenes Sounddesign entwickelt und arbeiten mit richtig geilen Underground-Rappern aus Amiland zusammen, mit denen richtig geiles Material rausballern. Die arbeiten total autark, und das finde ich super!  

http://www.youtube.com/watch?v=VI-ziHKJJ3I  

Die Snowgoons stehen ja stellvertretend dafür, dass die Beats deutscher Produzenten mittlerweile auch von den Amerikanern anerkannt werden – vor zehn Jahren noch undenkbar. Was hältst du von dieser Entwicklung?
Das ist toll! Die haben offensichtlich einen sehr guten Draht nach Amerika entwickelt und machen damit ihr Ding. Auch ich habe ja das Glück gehabt, mit Leuten wie Showbiz von Show & AG, mit Guru von Gang Starr oder LL Cool J zusammenarbeiten zu können. Und dabei ging es eben nicht um Nationalitäten, sondern schlicht und ergreifend um HipHop – das hat uns verbunden. Und die Snowgoons als Produzententeam haben eben auch nicht das Problem der Sprachbarriere, denn Beats sind universell und werden überall auf der Welt verstanden. Die kicken eben – oder nicht.  

Was hältst du denn generell vom Reimstil von Reef The Last Cauze? Hat er sich tatsächlich zu deinem Favorite MC rappen können?
Nein, aber mein Favorite MC zu werden ist auch sehr schwer. Meine Favoriten sind alles Rapper, die schon sehr lange dabei sind, Leute wie Tragedy Khadafi oder Evidence; Leute, die eine tolle Mischung haben aus Street und Consciousness.     Kinderzimmer Productions & RSO-ORF Radio Symphonie Orchester – "Gegen den Strich"

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Kinderzimmer Productions standen immer ein wenig außerhalb dessen, was sich gemeinhin „Szene“ nennt. Hast du eine Erklärung dafür, warum das so war? Von Zeitschriften wie der Spex oder Intro wurden Kunderzimmer Productions immer abgefeiert, aber ich habe nie so ganz begriffen, warum. Die Musik von Kinderzimmer Productions habe ich immer als sehr experimentell empfunden, und das hat denen wohl gefallen. Aber ich finde, dass Textor noch nie geil gerappt hat. Inhaltlich war das alles super, aber die Art und Weise seines Vortrags war noch nie meins. Ich höre zwar, dass sich Textor und Quasimodo total krasse Ideen reinballern, davor habe ich wirklich Respekt, aber es berührt mich einfach nicht. 
 http://www.youtube.com/watch?v=_W-jf2w3AQs&feature=related 

Wie gelungen findest du die Umsetzung von Rap-Songs mit Mitteln eines klassischen Orchesters?
An sich finde ich die super! Aber mich nervt die Abmischung der Stimme. Das klingt mir zu verhallt. Man hört, dass es live mitgeschnitten wurde, und das finde ich schade, weil es mir das Zuhören erschwert.  

Wie wichtig ist es für die HipHop-Kultur, dass solche Projekte zustandekommen? Auch hinsichtlich einer steigenden Akzeptanz bei Leuten, die eigentlich keinen großen Bezug zu HipHop haben?
Per se finde ich es natürlich toll, wenn Leute die Möglichkeit haben, mit einem Orchester zusammenarbeiten zu können. Das würde ich auch gerne mal machen. Allerdings muss man sagen, dass das Rad damit nicht neu erfunden wurde. Das haben auch schon andere Leute gemacht. Und wenn Kinderzimmer Productions es nur deshalb gemacht hätten, damit HipHop auch bei anderen Leuten akzeptiert wird, würde ich es total beknackt finden. Warum sollte man sich auch anbiedern? Wenn HipHop Leuten gefällt: Cool. Wenn nicht: Schade, aber auch in Ordnung. Aber ich weiß natürlich, dass die Beweggründe für Kinderzimmer Productions künstlerischer Natur waren, und dann ist das natürlich vollkommen okay.


 

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

  Spax’ aktuelle Album-Top-Five:  

Evidence - "Cats&Dogs"
Mr. Slow Flow. Ich liebe seine Lyrics und steh auf die Beats. Die „Weatherman LP“ war auch der Hammer.  

Sting - "Symphonicities"
Stings Stimme ist ein Wunder. Zusammen mit einem Orchester ist es eine Bombe. Schwerer Pathos. I love it.  

Bonobo - "Black Sands" Dieses Album hat mich letztes Jahr nach Shanghai und Singapur begleitet. Perfekt für diesen Film. Kopfkino.  

Die Profis aka. Mirko Machine & Spax - "Zeiten ändern dich nicht immer"
Nicht nur gezwungenermaßen läuft dieses Album gerade rauf und runter. Mein Sohn will es hören und ich feier es und höre es auch. Lustig, denn normalerweise höre ich mein eigenes Zeug ja nicht.  

Static Selektah - "Population Control"
Static ist ein guter. Seine Beats machen Bock und sind einfach dope. Runter aus’m iTunes und zack in die Playlist.    


Spax’ Alltime-Album-Top-5  

Tradgedy Khadafi - "Still Reportin"
Das ist für mich Streetrap. Hier stimmt alles: Flow, Musik und die gute Mixtur zwischen Straße und Knowledge. 

Ultramagnetic MCs - "Critical Beatdown"
Dieses Album ist der Hammer. Kool Keith ist einfach sick und diese Beats einfach groß. Jeder Track ein Klassiker.  

EPMD - "Strictly Business"
Grandios. Hätte ich dieses Album gemacht, hätte ich nie wieder eins gemacht. Ich steh einfach auf diesen Sound.  

Royce da 5'9 - "Death is Certain"
Es hat gedauert bis ich das gecheckt habe, aber dieses Album ist so voller Energie, dass ich es rauf und runter hören kann und konnte. 

Gang Starr - "Moment of Truth"
Guru R.I.P.: Wahrheit, Bilder, Gefühle, Rap. Das ist Real, das ist selten, das ist meins.   Und dann sind da natürlich noch Nas, Eric B. & Rakim, Comptons Most Wanted und und und... .

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