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Der Milchbart-Millionär

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Eine Lehre aus dem Jahr 2011 ist, dass die Politik nicht besonders viel Einfluss auf die Wirtschaft hat. Nach jedem Gipfel zur Euro-Rettung haben die Händler an den Aktienmärkten früher oder später die Schultern gezuckt. Die Entwicklung der Wirtschaft lenkt eher die Politiker, weshalb man vielleicht drüber nachdenken müsste, den Wirtschaftsteil der Zeitung weiter nach vorne zu holen. Aber da würden viele sagen: Langweilig. So kommt es dann, dass die einflussreichsten Geschäftemacher manchmal ziemlich unbekannt sind. Und überraschenderweise auch ziemlich jung.  

Der Chef des Handelskonzerns Metro will seine 134 Kaufhof-Warenhäuser loswerden: Eckhard Cordes findet, das gute alte Kaufhaus passe nicht mehr in die Zeit und will es nun loswerden. Interessierte Käufer gibt es. Der österreichische Investor René Benko und der deutsch-amerikanische Investor Nicolas Berggruen bieten gerade um die Kaufhöfe. Berggruen gehören bereits die Karstadt-Kaufhäuser und man sagt ihm nach, er wolle die Konkurrenz Kaufhof ebenfalls kaufen, um sie dann mit Karstadt zu fusionieren. Das wäre aber den Metro-Menschen nicht so recht. Die haben Angst, dass dann viele Arbeitsplätze verloren gehen. Die Verhandlungen stocken gerade. Zeit genug, sich vor allen Dingen René Benko in Ruhe anzuschauen, der erst 34 Jahre alt ist und wahlweise als Immobilienkönig, Shootingstar oder Selfmade-Millionär bezeichnet wird und der jetzt angeblich mehr als zwei Milliarden Euro für die Kaufhöfe bietet. Plus Bestandsgarantie. Benko hat im Vergleich zu Berggruen keine Kaufhauskette, in die er die Kaufhöfe integrieren könnte.  

René Benko

Bis vor kurzem existierte nicht mal ein Wikipedia-Eintrag zu Benko. Die Google-Suche ergab ein paar Bilder eines sehr jungen und milchbärtigen Gesichts und eine immer wieder erzählte Geschichte: René Benko, Sohn eines Tiroler Gemeindebeamten und einer Kindergärtnerin, machte bereits mit 17 Jahren in Immobilien. Er besucht noch die Handelsschule Innsbruck, als er begann, einem Innsbrucker Baumeister beim Ausbau von Dachwohnungen zu helfen. „Da durfte ich die ganze Wertschöpfungskette der Ivestition erlernen: Planung, Bau, Vermietung, Verkauf“, sagte Benko in einem Interview. 1999 gründet er sein erstes Unternehmen. Heute hat die Signa Holding angeblich mehr als 4,5 Milliarden Euro in Immobilien investiert, nach Benkos Angaben ist Signa die größte private Immobilienfirma in Österreich. Vor allem in der Wiener Innenstadt gehören Benko immer mehr Häuser in sehr guten Lagen. Eine österreichische Website fragte deshalb aufgeregt: Wer ist der Selfmade-Millionär, der die halbe Innenstadt aufkauft?  

Benko sagt immer wieder, dass er nur Häuser in Innenstadtlagen suche. Daher kommt wohl auch sein Interesse an den Kaufhöfen, die für gewöhnlich recht zentral in deutschen Städten stehen. Erst dieses Jahr kaufte er gemeinsam mit einem deutschen Immobilienunternehmen zwei Karstadt-Häuser in der Münchner Innenstadt – für 250 Millionen Euro.   

Eine gewisse Hilfe ist Benko wahrscheinlich, dass er gute Netzwerke spinnt. Im Beirat seiner Holding sitzt zum Beispiel der ehemalige österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Bei den Verhandlungen mit der Metro hilft ihm der ehemalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Und dann gibt es da noch den Griechen namens George Economou, einer der größten Reeder in Griechenland und außerdem Kunstsammler. Er hält fast die Hälfte an der Signa-Holding und ihm wird nachgesagt, die treibende Kraft in Sachen Kaufhof zu sein.  

Das ist, in sehr groben Zügen, René Benko. Viel ist es nicht. Von einer siebenjährigen Tochter namens Laura ist noch die Rede und dass Benko im Sommer Vater eines Sohnes geworden sei. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte er, er habe im Gegensatz zu früher keinen Ferrari mehr zu Hause stehen, nur noch einen normalen S-Klasse Mercedes. Und die Privatjets, von denen man sich erzähle, die leugne er nicht. Er brauche sie, um sein Pensum zu bewältigen. „Ich muss jeden Tag in einer anderen Stadt sein.“ Wenn er wirklich Kaufhof kaufen darf, kommen wahrscheinlich noch ein paar hinzu.   



Text: peter-wagner - Foto: dpa

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