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Exklusive Vorbestellungen jetzt möglich: Praktische Tischameisenbären. Mit Garantie. Frei Haus.

Text: glitzerkugel

Es ist so. Ich bin in der Küche meiner Eltern und putze. Spüle alle Teller und Tassen des Kaffeetrinkens penibel vor, decke fein säuberlich die Kuchenreste ab, wische ein drittes Mal über die ohnehin sauberen Arbeitsflächen, stelle das Brot vorsichtshalber in den Kühlschrank, auch den Zucker. Als ich um die Steckdose wische, fragt meine Mutter, was ich da tue, ich antworte nur, Dass sie das letzte Mal von da gekommen seien. Aus der Steckdose. Immer kämen sie aus der Steckdose.

Ich spüle Spüllappen, Schwamm und Spülbürste dreifach aus, werfe den Holzkochlöffel vorsorglich weg. Holzkochlöffel kriegt man nie richtig sauber, da finden sie immer was.
Ich fülle einen Teller mit Wasser, um die Katzenfutterschüssel hineinzustellen, noch wandern keine Futterstückchen über die Fliesen, aber ich weiß, dass es soweit kommen wird, noch heute Nacht.  Glitzer, was tust Du! höre ich meine Mutter. Die Ameisen, die Ameisen, die Ameisen rufe ich, bis Tim mich in die Seite stößt, ich solle ruhig sein.

Ameisen, sie sind überall, jetzt nagen sie sogar an meinen Träumen. Faszinierende Biester. Samstagnacht erkunden sie den Lagerplatz des Sonntagsfrühstücks, der in der Folge aussieht wie eine Plünderung in Tottenham: Dutzende strömen hinein, andere Dutzende strömen mit einem unpassenden Luxusfrühstücksbrösel unterm Arm wieder raus. Manche bleiben gleich im Brot wohnen (oder wohnten bereits in der Bäckerei dort), Katzenfutterstückchen wandern auf magische Weise durchs Zimmer, schwarze Stränge tropfen aus der Steckdose und nehmen direkten Kurs durchs Haus auf die Küche. Zuckerdosen sind ein leichtes, Limoncellotropfen ein Fest, Holzlöffel das Paradies, Seife ein überraschender Hochgenuss.

Mit der Überzeugung, dass ein Ameisenbär her muss, schlafe ich wieder ein, aber die Idee reißt mich sofort aus dem Schlummerzustand: nein, kein Ameisenbär, viel besser: ein Zwergameisenbär! Gonzo, der Zwergameisenbär. Zwergameisenbären wiegen höchstens ein Pfund und haben, da Baumbewohner, einen Greifschwanz.

Ich stelle mir vor, Gonzo, den Zwergameisenbär zu dressieren, um ihn als Tischstaubsauger einzusetzen. Gonzo, der Tischameisenbär. Sonntagmorgen würde ich ihn ins Brotversteck halten, er würde alle Ameisen absaugen, ich hielte ihn an Holzkochlöffel und Spülschwamm, schließlich an die Seife. Dann würde er sich eine Zeitlang erholen müssen und schnarchend Seifenblasen aus seinem Rüssel kringeln. Dann hielte ich ihn in die Steckdose.
Gonzo und ich wären gute Freunde, manchmal kraulte ich ihm seinen Bauch. Nach dem Mittagessen dürfte er ein bisschen draußen rüsseln. In der Zwischenzeit würde ich das Brot vielleicht aufgrund des Tischameisenbärenspeichels trotzdem entsorgen, wäre aber viel versöhnter. Im Standby-Betrieb würde er irgendwann die Ameisen schon absaugen, bevor sie das Brotversteck erklommen hätten.

Nach der Probezeit würde ich ihm eine Gonzine beschaffen und Tischameisenbären züchten. Stubenrein, verlässlich, dauerhungrig, mit Garantie. Sie sind interessiert? Vorbestellungen nehme ich gerne entgegen.



 

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