Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Was gehört wirklich in einen guten Lebenslauf?

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Beim Schreiben ihres ersten Lebenslaufs habe ich meiner kleinen Schwester geholfen. Sie war 15, ging in die neunte Klasse und bewarb sich für einen Schüleraustausch nach Kalifornien. Sie spielte Fußball und Theater, fotografierte und schrieb einen Blog. Sie engagierte sich in der Schülervertretung, ihre Lieblingsfächer waren Geschichte, Erdkunde und Sport. Das alles hatte sie in ihrem ersten Entwurf nicht erwähnt. Stattdessen erfuhr man beim Lesen etwas über den Rest der Bagage, nämlich was unsere Eltern und wir anderen Schwestern so taten. So hatte sie das in der Schule gelernt.  

„Lebensläufe mit Angaben zu Beruf und Alter von Eltern sind bei Auszubildenden im Handwerk noch immer erwünscht,“ sagt dazu der Kölner Karrierecoach Jürgen Zech. „Oder günstig, wenn die Eltern im gleichen Unternehmen arbeiten, in dem man sich nun bewirbt.“ Auch wenn die Eltern eine Ausbildungs- bzw. Berufsrichtung eingeschlagen haben, die man auch anstrebt, mache die Angabe Sinn. „Ansonsten aber sind Angaben zu Beruf und Alter von Eltercn eher antiquiert.“  

Ein guter Lebenslauf ist zwar kein Seelenstriptease. Auch sollte man ihn nicht überfrachten, niemand hat Lust, sich durch ein dreiseitiges Curriculum Vitae zu ackern. Aber es wäre schön, wenn zwischen all den Berufserfahrungen, Soft Skills und EDV-Kenntnissen auch ein Stück Persönlichkeit durchschimmert. So kann sich ein zukünftiger Chef ein besseres Bild von dem Kandidaten machen. Passt er zu uns? Was ist er für ein Typ? Der Arbeitsalltag ist angenehmer, wenn die Chemie stimmt.  

Ich habe jedenfalls mit Angaben zu Hobbies und Interessen nur positive Erfahrungen gemacht. So hat man auch einen guten Anknüpfungspunkt fürs Vorstellungsgespräch, das dadurch entspannter werden kann. Ich habe etwa mit einem späteren Chef einmal ein paar Minuten darüber geplaudert, dass wir beide begeisterte Cineasten sind. Grundsätzlich gilt: „Bewerbungsunterlagen sind Ihre Visitenkarte. Bei einer gelungenen Bewerbung wird vermutet, dass Sie andere Aufgaben ebenso gut lösen können“, sagt der Karriereberater Zech. Es lohnt sich also, ein wenig Zeit zu investieren und nicht nur schnell die Daten runterzurattern.  

Das bedeutet nicht nur, Grammatik- und Rechtschreibfehler zu eliminieren, sondern sich gut zu überlegen, welche Punkte aus der eigenen Vita den potentiellen Arbeitgeber interessieren könnten. Dass ich mich als Kind bei Greenpeace engagiert habe, schreibe ich normalerweise nicht mehr in meinen Lebenslauf – zu lange her, dass ich mit neun für eine Thunfischpizza-freie Speisekarte beim Dorfitaliener vorgesprochen habe, den Delfinen zuliebe. Würde ich mich aber demnächst bei den Grünen in der Presseabteilung bewerben, dann würde ich es wieder erwähnen (allerdings den Auftritt in der Pizzeria aussparen). Und ich würde die Bewerbung auf Recycling-Papier ausdrucken. Das ist nicht schleimig, sondern zeigt, dass man sich mit seinem Arbeitgeber beschäftigt hat.  

Unserer Generation sagt man nach, sie schiele nur darauf, ihren Lebenslauf zu optimieren. Beim Pimpen des CV sollte man aber vorsichtig sein. Ein Freund von mir hat bei der Bewerbung für einen Hiwi-Job unter dem Punkt soziales Engagement „Mitarbeit bei Amnesty International“ angegeben. Besagter Freund zahlt einen Mitgliedsbeitrag und bekommt das Amnesty-Magazin ins Haus – mehr aber nicht. Beim Bewerbungsgespräch sprach ihn der Professor darauf an. Positiv interessiert, da er sich selbst in einer Amnesty-Gruppe engagierte und jedes zweite Wochenende hinterm Tapeziertisch stand und Unterschriften sammelte. Als sich dann herausstellte, dass der Freund nur zahlendes Mitglied war, fühlte sich der Prof getäuscht – die Hilfskraftstelle bekam jemand anderes. Es wäre wohl besser gewesen, die Mitgliedschaft nur unter einem Extrapunkt "Organisationen" anzugeben und nicht als echtes Engagement zu verkaufen.  

Ansonsten sollte man sich nicht zu verrückt machen, ein Praktikant braucht keinen Lebenslauf auf Büttenpapier einzureichen. Und solange man auf dem Bewerbungsfoto nett und seriös aussieht, ist alles ok. Ich hatte mal einen Nebenjob, in dem ich Bewerbungsunterlagen vorsortiert habe. Ich hatte es bis dahin immer für eine Selbstverständlichkeit gehalten, alles ohne Knicke, Haarschuppen und Kaffeeflecken einzusenden, dazu ein passables Foto – und nicht eines, auf dem man sich auf die Motorhaube des getunten Golfs abstützt. Seitdem weiß ich, dass man mit ordentlichen Unterlagen schon ziemlich weit vorn ist.  

Die Antwort von Juliane Frisse, 26 Jahre, schreibt seit ihrem ersten Schülerpraktikum beim Rechtsanwalt Lebensläufe.  

Fünf Tipps für den idealen Lebenslauf:  

1. Karriereberater Jürgen Zech empfiehlt, im Lebenslauf die gleiche Schriftart und Schriftgröße wie im Anschreiben zu verwenden. Eine gut lesbare Schrift ist wichtig, es darf ruhig eine Standardschrift wie Arial oder Times New Roman sein.

2. Nicht aufs Foto verzichten, auch wenn man nicht gezwungen ist, eines mitzuschicken! Niemand sucht Deutschlands ansehnlichsten Kollegen, aber es gibt viele Chefs, die sich darüber ärgern, wenn Sie sich den Bewerber nicht mal kurz anschauen können.

3. Gerne vergessen: "Der Lebenslauf sollte mit Ort, Datum und Unterschrift versehen werden", erinnert Jürgen Zech.

4. Nicht zu bescheiden sein! Wenn du ein Stipendium bekommst oder mit einem Preis ausgezeichnet wurdest, dann gib das an.

5. Es gibt Personaler, die markieren Bewerbungsunterlagen vor dem Zurückschicken unauffällig für ihre Kollegen in anderen Unternehmen. Sie sollen sehen, dass ein Bewerber seine Unterlagen nach einer Absage erneut eingereicht hat. Lebenslauf also jedes Mal neu ausdrucken!

Text: juliane-frisse - Cover: madochab / photocase.com

  • teilen
  • schließen