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Ich bin schwanger – was kommt in den nächsten neun Monaten alles auf mich zu?

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Eigentlich ist dieser Text überflüssig. Denn wenn es eine Sache gibt, die eine Schwangere in den nächsten 40 Wochen im Überfluss zu hören bekommt, dann sind das gute Ratschläge. Aber das heißt ja nicht, dass ich mich nicht auch in diesen Chor einreihen kann – schließlich bin ich ausgewiesene Expertin, ich hatte nämlich auch schon mal Sex (und wurde dabei schwanger).  

Meine Schwangerschaft begann nicht mit einem „Kaboom“, es gab keinen Champagner und nicht mal Tränen. Stattdessen ein positives Testergebnis, eine Party, auf die mein Freund und ich zehn Minuten später aufbrechen mussten und sehr viel Schweigen auf der Fahrt dorthin. Die Party selbst war eine schöne Vorbereitung auf die nächsten Monate, wo ich noch öfter bei sozialen Anlässen mit Apfelschorle in der Hand und Blähbauch über dem Hosenbund herumstand und mich nach Hause sehnte. (Später, als man es mir schon von weitem ansah wurde ich dann zumeist von Muttertieren umringt, die mir alles erzählten, was ich übers Kinderkriegen niemals wissen wollte).  

Es ist vor allem deshalb schwierig, über Schwangerschaft zu schreiben, weil jede anders verläuft und weil diese Monate sowieso randvoll angefüllt sind mit schlechtem Gewissen (ich habe Alkohol getrunken, ein wachsweiches Ei gegessen, nicht mit dem Rauchen aufgehört ...), Angst (was wird aus meinem Job? Werde ich die gleichen Fehler machen, wie meine Mutter? Ist der Typ da neben mir im Bett ein guter Vater? ...) und Aufregung (Wahhh, die Geburt! Das Kind zieht erst in zwanzig Jahren aus...).  

Packen wir’s trotzdem an: So eine Schwangerschaft wird grob in drei gleichlange Abschnitte eingeteilt. Im ersten Trimester ist vielen Frauen schlecht, außerdem erzählt man aus Angst vor einer Fehlgeburt fast niemanden davon, was ganz schön einsam machen kann.

Praktisch sind in dieser Zeit Plastiktüten (für die Kotzanfälle zu Unzeiten), ein guter Frauenarzt, ein liebevoller Partner, der abenteuerliche Stimmungsschwankungen aushält und keinesfalls kommentiert, und ein gemütliches Bett, in das du dich ganz ohne schlechtes Gewissen so oft legen solltest, wie du willst.

Ach, eins noch: Weil in dieser Anfangszeit bei dem Fötus so wahnsinnig viel passiert, solltest du ein bisschen aufpassen, was deine Ernährung angeht. Dr. Eva Maier, Frauenärztin in München, fasst die wichtigsten Regeln zusammen: „Vor allem in den ersten drei Monaten sollte eine Schwangere keinen Alkohol trinken, keine Drogen nehmen, Medikamente immer nur nach Absprache mit dem Arzt einnehmen, nicht rauchen, keinen Rohmilchkäse essen, kein rohes Fleisch oder Fisch essen und den Kaffeekonsum auf ein bis zwei Tassen beschränken. All diese Regeln gelten auch für den Rest der Schwangerschaft, allerdings muss jede Schwangere mit sich selbst ausmachen, wie streng sie jede einzelne dieser Regeln befolgt. Ich empfehle meinen Patientinnen in der Regel, mit gesundem Menschenverstand an die Sache heranzugehen und nicht panisch zu werden.“  

Im zweiten Trimester hast du im Normalfall eine relativ nette Zeit – man sieht dir deine Schwangerschaft mittlerweile an, das Baby beginnt, dich von innen anzustupsen und deine Organe sind noch nicht so zusammengepfercht, dass du schon nach 100 Metern Fußmarsch ausgelaugt bist. Jetzt könntest du zum Beispiel mal beim Familienministerium nach dem sagenumwobenen Elterngeld erkundigen, deinen Arbeitgeber und deine Krankenkasse von der Schwangerschaft in Kenntnis setzen. Und, dieser Rat ist sehr ernst gemeint, wenn du auch nur ein Wochenende Zeit hast, dann verreise. Ein kleiner Urlaub mit deinem Partner oder Freundinnen ist eine nette Form des Abschieds von den guten alten kinderlosen Tagen.

Im dritten Trimester wird es dann anstrengender. Das merkst du an deinem wachsenden Bauchumfang und der damit einhergehenden Genervtheit. Jetzt könnten so tolle Symptome auftauchen, wie (Achtung, jetzt wird’s ein bisschen detailgetreu) Hämorrhoiden, Krampfadern, Wassereinlagerungen, vermehrter Ausfluss, Sodbrennen, Vorwehen, fiese Rückenschmerzen, Schmerzen in und um die Gebärmutter herum, Verstopfung und, ganz besonders reizend: Schlaflosigkeit. Jetzt ist wirklich Schonzeit angesagt und ein rapider Anstieg der Rücken- und Fußmassagen deines Partners. Ab jetzt wirst du noch öfter zum Frauenarzt gehen, der dich an einen Wehen- und Herztonschreiber anhängt und schaut, wie es deinem Baby geht. Du bekommst eine Überweisung fürs Krankenhaus und sieben Wochen vor der Geburt eine Schwangerschafts-Bescheinigung, die du deinem Arbeitgeber und deiner Krankenkasse zukommen lassen musst.

Sechs Wochen vor dem errechneten Termin gehst du – so du fest angestellt bist – in Mutterschutz. Jetzt solltest du dich ernsthaft um einen Geburtsvorbereitungskurs, eine Hebamme und Kinderarzt kümmern und schön langsam entscheiden, in welchem Krankenhaus dein Kind zur Welt kommen wird.

Und mach dich auf den Schock deines Lebens gefasst, wenn du erfährst, wie viel ein Kinderwagen kostet. Außerdem brauchst du noch einen Autositz, eine Schlafgelegenheit (das kann aber auch eine Pappkiste mit Matratze sein), eine erste Garderobe und viele Windeln für dein Baby. Alles andere ist optional. Ja, und dann, nach elend langen plus-minus 40 Wochen, geht es los mit der Geburt. Und dann ist wieder alles anderes. Aber das weißt du selbst gut genug.  

Die Antwort von Christina Waechter, 33 Jahre, die sich schwanger sein viel schlimmer (aber auch viel kurzweiliger) vorgestellt hätte. 
Fünf Tipps für die Zeit der Schwangerschaft:  

1. Du musst niemanden von deiner Schwangerschaft in Kenntnis setzen, es wird aber aus Kulanzgründen von den meisten Arbeitgebern erwartet, dass du dich spätestens dann outest, wenn sie nicht mehr zu übersehen ist. Deine Kollegen werden Rücksicht auf dich nehmen, die solltest du aber nicht überstrapazieren. Eine Schwangerschaft ist anstrengend, aber kein Grund, sich in Selbstbespiegelung oder –mitleid zu ergehen, auch wenn diese Aussicht bisweilen verlockend klingt.

2. Für dich, die Geburt und dein Baby solltest du einen guten Frauenarzt finden, eine Vertrauensperson, die dich während dieser anstrengenden Zeit unterstützt, ein sympathisches Krankenhaus, eine Hebamme zur Nachsorge (die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse) und einen Kinderarzt.

3. Tu dir selbst einen Gefallen und beschränke deine Aufenthaltszeit in Schwangerschafts-Foren zumindest am Anfang auf ein Minimum. Die Panik, die dir dort unweigerlich von wohlmeinenden Besserwisserinnen eingeflößt wird, macht die Schwangerschaft auch nicht leichter. Gleiches gilt für Ratgeberliteratur: die ist interessant, sollte aber in homöopathischen Dosen genossen werden.

4. Zum Thema Schwangerschaft, Kinder kriegen, Stillen, Arbeiten, Krippe und alles rund um dieses Thema haben scheinbar wirklich alle Menschen eine Meinung, welche sie unglücklicherweise auch noch sehr oft in den Medien äußern. Bei diesem Getöse nicht völlig verrückt zu werden, grenzt an ein Wunder. Mein Vorsatz für die Zukunft lautet deshalb: einfach mal die Klappe halten und die Leute machen lassen.

5. Das beste alkoholfreie Bier ist, das habe ich nach ausgiebigen Test-Reihen und Diskussionsrunden mit anderen Abstinenzlern nun  ein für alle mal festgehalten, Jever Fun.

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