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Revolution und Quizshows

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A wie Alles hin, hin, hin  Song aus dem dritten Ja-Panik-Album „The Angst And The Money“ und vielleicht der größte Hit der Band, was aber nicht alleine am Stück liegt. „Alles hin, hin, hin“ kam als Video mit einer gut fünfminütigen Rede von Gitarrist Thomas Schleicher, in der unter anderem vom Stumpfsinn als größte Waffe der „allmächtigen Liaison von Penis und Kapital“ die Rede war. „Die Existenz der Gruppe Ja, Panik ist ein verzweifelter Hilfeschrei. Ein alter Gaul, nach dem Gnadenschuss verlangend“, heißt unter anderem in der Ansprache.   

B wie Bomben  Werden bei Ja, Panik auch geworfen. Nicht von der Band oder den Protagonisten selbst, aber wohl auf einer Metaebene: „Von mir aus sollen sie Bomben hintragen zu der grausigen Bagage. Ich werd' nicht daran denken, eine Träne zu zerdrücken. Nicht für Angela und ganz sicher nicht für Nicolas. Ich werde eher in den Knast Bonbonieren schicken“, heißt es im eine gute Viertelstunde dauernden Titeltrack, dessen gesamter Text hier nachzulesen ist.

C wie Champagnerrevoluzzer  Zuerst einmal ein wunderbares Wort aus besagtem Titeltrack. Haben’s Ja, Panik erfunden? Nein. Im Netz findet es sich zweimal, einmal in einem Kommentar zum Youtube-Video einer Joschka-Fischer-Rede, ein anderes Mal in einer Forumsdiskussion über den Terroristen Christian Klar.

D wie DMD KIU LIDT  Die Spekulationen um den Albumtitel in den einschlägigen Fanforen waren durchaus hübsch zu verfolgen. Die Theorie, auf die sich bald alle einigten: Die Buchstaben würden für die Anfangsbuchstaben der einzelnen Songtitel stehen. Ist, wie wir heute wissen, Unsinn: „DMD KIU LIDT“ bedeutet: „Die Manifestation des Kapitalismus in unserem Leben ist die Traurigkeit.“

E wie European Rich Kids  Name eines Ja,Panik-Seitenprojekts, das sich vornehmlich dem Wienerliedwidmet. In Christiane Rösingers „Flittchenbar“ spielte die Band im April Genre-Klassiker wie „Bei mir seids alle im Oasch dahoam“ und „Die alte Engelmacherin“.

F wie Flashbax  Quasi die Keimzelle of it all. Hier musizierte der Großteil von Ja, Panik vorJa, Panik. 2004 erschien das einzige Album der Band, das den schönen Titel „Straight Outta Schilfgürtel“ trug.   

G wie Garish  Neben Ja, Panik die zweite gute Band, die ursprünglich aus dem Burgenland stammt. Das aktuelle Album erschien im letzten Jahr und heißt „Wenn dir das meine Liebe nicht beweist“.   

H wie Heimat  Die Heimat ist bei Ja, Panik schwer zu definieren. Hört man sich „DMD KIU LIDT“ an, könnte man sagen: Andreas Spechtl ist auf der Suche. Vielleicht ist er auch einer, der gar keine Heimat braucht, sondern das große Ganze so „Europe Is My Playground“-mäßig begreift. Die bisherigen Stationen im Leben des 27-jährigen: das Burgenland, Wien, Berlin. Und es dürfte weiter gehen: „Wir sind nicht allzu lange an den selben Plätzen“, sagt er selbst.   

I wie Idiot, der  Taucht bei Ja, Panik zum Beispiel im Text zum Song „Thomas sagt“ auf. Kommt aber in der Popmusik an anderer, viel größerer Stelle vor. Einfach mal bei Bob Dylans „Idiot Wind“ nachschlagen. Was der mit Ja, Panik zu tun hat? Nun, eine ganze Menge, denn mehr nach Dylan zu „Blood On The Tracks“-Zeiten als Spechtl auf „DMD KIU LIDT“ klang europäischer Pop selten.   

J wie Jeanny  Popsong vom Falco, dem in Puncto Melodieführung eine gewisse Ähnlichkeit zum Titeltrack von „DMD KIU LIDT“ nachgesagt wird. Kommt hin. Mit Falco verbindet Spechtl auch der Hang zur Mehrsprachigkeit.    [link=http://www.youtube.com/watch?v=4bHN5MY67t0]

M wie  Mehrsprachigkeit  Die Zeiten, in denen Ja, Panik als Irgendwie-Deutschpop-Band für die Trainingsjacken-Kids der Post-Tocotronic-Generation wahrgenommen wurden, durften endgültig vorbei sein. Andreas Spechtl hat jede Scheu im Ungang mit der Sprache verloren, wechselt unvermutet zwischen Deutsch und Englisch, zum Teil mitten im Satz: Und das klingt nie aufgesetzt, sondern immer gut. Vielleicht, weil Spechtls Englisch eines ist, das sich von jedem Versuch eines geografischen Betrugs entkoppelt und nicht mit irgendwelchen Klischees spielt. Das er ist, was er ist, nämlich ein Österreicher, scheint stets durch: eine lokal eingefärbte Weltsprache also, das was Esperanto einmal sein sollte.

 

N wie Nein, Gelassenheit  Plattenfirma im Quasi-Besitz von Ja, Panik und Sublabel von Staatsakt. Bekanntester Künstler: Hans Unstern. Künstler mit dem besten Albumtitel: Schätzmeister und sein „The Wurst And The Money“.

 

O wie Österreich  Ja, Panik reiben sich bisweilen an Österreich. Und Österreich reibt ganz gerne zurück, indem es sich über die positive Rezeption der Band in Deutschland betont wundert. „Gerade in Österreich ist man mit den Urteil „Gscheiterlpop“ schnell, wenn sich Songtexte nicht beim ersten Zuhören erschließen lassen.“, schreibt etwa der ORF nur vordergründig nicht-wertend.

 

P wie Produktion  Wie auch beim Vorgänger saß bei „DMD KIU LIDT“ Moses Schneider an den Reglern. Der arbeitete zuletzt mit den Beatsteaks (hört man gar nicht) und produzierte die letzten drei Tocotronic-Alben (hört man sehr).

 

Q wie Quizshows  Einer der Songs, die für die alten Ja, Panik stehen. Also einer, auf den auch diejenigen steil gehen, die ansonsten sagen wir mal Franz Ferdinand mögen. Findet sich auf dem empfehlenswerten Zweitling „The Taste And The Money“.

 

R wie Rösinger, Christiane  Ehemalige Sängerin der Bands Lassie Singers und Britta. Heute unter anderem Veranstalterin der Flittchenbar, einem Konzertabend in Berlin, bei dem neben anderen befreundeten Künstlern auch die Mitglieder von Ja, Panik  regelmäßig auftreten – zum Beispiel unter dem Pseudonym European Rich Kids. Andreas Spechtl spielte auf Rösingers Soloalbum „Songs Of L. And Hate“ das Klavier. Seine erste Wohnung in Kreuzberg lag schräg gegenüber von ihrer: „Ich hab’ ihr immer beim Fernsehen zuschau’n können“, erzählt er.

 

S wie Situationismus  Ist das jetzt Pop? Oder Politik? Ja, Panik sind eigenartig unklar und damit in guter Tradition der Situationistischen Internationale, einer vor allem im Frankreich der 60er-Jahre einflussreiche Gruppe, die an der Schnittstelle von Politik und Kultur arbeitete und radikale Kritik an der Ideologie des Kapitalismus übte. Die Situationisten waren wichtig für die Studentenunruhen im Mai 1968, aber auch die Sex Pistols und andere Punk-Bands ließen sich von ihnen beeinflussen. Ein weiteres Versatzstück, bei dem sich Ja, Panikbedienten war "Der kommende Aufstand“. Die Schrift, deren Autorenschaft unklar ist, wurde 2007 veröffentlicht und skizziert höhnisch die beginnenden Auflösungserscheinungen der europäischen Ordnung und Gesellschaft. In Deutschland kam es erst nach der Übersetzung ins Deutsche 2010 zu einer breiten Debatte. So beschrieb die taz das Buch als „aktuellsten Versuch, ultralinker Politik ein glamouröses Antlitz zu verpassen.“

 

T wie Türen, die  Berliner Popformation um Maurice Summen, den Chef des Labels Staatsakt, bei dem auch Ja, Panik unter Vertrag sind. Momentan ist Andreas Spechtl mit den Türen im Studio, um deren viertes Album einzuspielen.

 

U wie Unstern, Hans  Liedermacher aus dem Umfeld der Band. Sein Debütalbum „Kratz Dich raus“ erschien im vergangenen Jahr bei Nein, Gelassenheit. Ein Video, dass er für die Kollegen von Zeit Online aufnahm, erklärt ihn eigentlich ganz gut: Andreas Spechtl betonte immer wieder den Einfluss, den Unstern auf seine Band habe: „Als einstiger Strassenmusiker hat der Mann einfach ein ganz anderes Repertoire, ganz an­dere Erinnerungen, und seien es Akkorde, auf die er zurückgreifen kann“, sagte er vor kurzem der Schweizer Wochenzeitung.

 

V wie Vom Überleben in der Metropole  „Es tat gut, sich so den Kopf ein wenig freizupusten“, sagt Andreas Spechtl selbst über „Vom Überleben in der Metropole“. In der Kolumne für den Online-Auftritt des Radiosenders FM4 schrieb er ein Vierteljahr lang über alles Mögliche. Besonders empfehlenswert: sein Gedankengang über das Flanieren an sich und die Notizen zum Unterwegssein zwischen Wiener Gürtel und der Skalitzer Straße in Berlin.

 

W wie Wienerlied  Die Volksmusik der großen Stadt. Vielleicht auch die Volksmusik der Gosse. Die Trennlinie zwischen dem eigentlichen Wienerlied und darauf basierendem Kabarett ist unscharf. Ja, Panik schrieben mit „Wien, Du bist ein Taschenmesser“ einen Song, der sich ganz klar auf eine Nummer des Sängers und Kabarettisten Helmut Qualtinger bezieht und covern als European Rich Kids bisweilen Klassiker des Genres.

 

Y wie Youtube  Ein Riesenspaß. Nicht nur, weil es massig sehenswertes Live-Material von Ja, Panik gibt, sondern auch, weil der Band ihre Außenwirkung relativ egal zu sein scheint. Besonders empfehlenswert: der ungemein lässige Auftritt Andreas Spechtls bei der Stermann-&-Griessemann-Show „Willkommen in Österreich und sein leicht angetrunkener Vortrag aus dem Kinderbuch „Das kleine Ich bin ich“. 

 

Außerdem gibt es Kuriositäten zu entdecken, wie etwa diesen Auftritt der Band in einer Tatort-Folge im schicken Klinik-Outfit.

Z wie Zitate  Finden sich bei Ja, Panik reichlich. In den Texten, aber schon in den Songtiteln. So heißen auf „DMD KIU LIDT“ Lieder unter anderem „Nevermind“ und „Time Is On My Side“.  

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