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viel erlebt um nichts zu schreiben

Text: BenUtzBar





Ich habe mir vor kurzem vorgenommen wieder regelmäßig zu schreiben, immernoch mit der Hoffnung verbunden, etwas besser zu werden.
Mal von diesem ewigen Ziel ganz abgesehen, hat die Regelmäßigkeit auch noch andere Schwächen.
Wenn man zum Beispiel eine ganze Woche erlebt, in der man nicht urplötzlich 4Uhr nachts den Laptop aufreißt um seine jüngste Weisheit in Form eines Textes für die Ewigkeit fest zu halten.
Nicht das die Woche langweilig war. Sie begann mit einer riesigen Kissenschlacht am Brandenburger Tor und endete mit Schwarzwälder Kirschtorte in Kombination mit GoKart fahren.
Dazwischen, aus Frust vor der überfüllten Schwimmhalle, in einen nahegelegenen See gesprungen und später einen spontanen Roadtrip in ein anderes Bundesland unternommen, 5Uhr morgens versteht sich.
Alles eigentlich doch ganz ereignisreich und trotzdem, oder gerade deswegen, sitzt man dann vor dem gnadenlos leeren Text Dokument, welches eiskalt darauf wartet, dass zögerlich auf eine Taste getippt wird, nur um dann die Sekunden zu zählen, bis eben dieser Buchstabe schnell wieder gelöscht wird.
Einschlägige Nachrichtenseiten sind belagert mit uninteressanter Regionalpolitik und somit auch keine Quelle für Inspiration.
Nur wenige Gedanken sind aus dieser Woche hängen geblieben.
Einer kam mir an einer Ampelkreuzung, als neben mir plötzlich ein Jogger aufkreuzte und, während der roten Ampel, brav weiter auf der stelle joggte.
Wie er da so in seiner kurzen, und doch im Wind wie eine billige Plastiktüte flatternden, Sporthose und seinem Unterhemdchen lief und lief um doch nicht vom Fleck zu kommen, war schon etwas traurig zu beobachten.
Ich fing damit an, mich langsam und doch steigend seinem Rythmus anzupassen, dann die Freude in seinen Augen zu sehen wie wir da beide parallel hin und her springen, um bei grün jedoch einfach wieder ganz normal über die Straße zu schlendern.
Gut das habe ich nicht wirklich gemacht, hätte ich aber gerne.
In Wirklichkeit war mir der Jogger nur ein leichtes aber unbarmherziges Kopfschütteln wert.
"Furchtbar wenn Menschen sich so kleiden müssen, um wenigstens ansatzweise ihr Aufmerksamkeitsdefizit zu bekämpfen."
Dachte ich nur, während ich wieder meine IPod-Kopfhörer einstöpselte um laut "Fireworks" von Katy Perry mitzusingen.
Ja, auch das ist nicht wirklich so passiert, aber die Fantasie fängt langsam damit an, Zeile für Zeile mehr überhand zu nehmen.
Und auch wenn der Text keinerlei klare Linie oder gar Sinn in sich trägt, ist er doch wichtig, um das Ziel zu erreichen, wieder öfter etwas zu schreiben.
Denn wenn ich ehrlich bin und mir mal auf einen Zettel schreibe wie ich gerne sein wollen würde ( Greenpeacestrom-Kunde/Vegetarier/Nie-Alkohol-Trinker/Den Oberkörper eines Schwimmweltmeisters an mir herumtrager/ täglicher Zeitungsleser/Reisender usw.), so erfülle ich doch furchtbar wenig Erwartungen an mich selbst.
Dann ist es schon äußerst aufbauend sich einzureden: "Naja, wenigstens das mit dem Geschreibsel hat diese Woche geklappt!"

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