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"Das hat geschmerzt"

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"Sehr geehrter Herr Wagner,

meine politische Unschuld habe ich nicht verloren, wohl aber Enttäuschungen immer wieder erlebt.

In Erinnerung ist mir besonders die Diskussion um den Transrapid in München geblieben. Was viele nicht mehr im Gedächtnis haben: Im Jahre 2001 gab es eine der ganz wenigen gemeinsamen Sitzungen der Vorstände von SPD und CSU München. Damals war ich Chef der CSU in München und der SPD-Unterbezirksvorsitzende Franz Maget kam zu uns in die CSU-München-Zentrale in der Adamstraße. CSU und SPD München waren einer Meinung, dass der Transrapid auf der Osttrasse vom Ostbahnhof starten sollte und dann den Flughafen Franz-Joseph-Strauss in wenigen Minuten erreichen könnte. Vorteil: Keine teueren Tunnels. Nachteil: Die Fernanbindung wäre über den Ostbahnhof nicht so effizient gewesen wie über den Hauptbahnhof. Die Staatsregierung hat damals die Osttrasse verworfen und den Rat der örtlichen Politker gering geschätzt. Wie die Geschichte ausging, weiß heute jeder, der Transrapid wurde nicht gebaut. Die Vorhersagen und Prognosen der örtlich verwurzelten Politiker wurden geringer gewichtet. Das hat geschmerzt.

Aber Rückschläge zu erleiden und falsche Eintscheidungen hinzunehmen, zählen wie im wirklichen Leben auch zur Politik. Damit wird die politische Unschuld nicht verloren. Für mich gilt als ganz persönlicher Prüfmaßstab, was Max Weber in seinem berühmten Vortrag "Politik als Beruf" 1919 formulierte: "Nur wer sicher ist, dass er daran nicht zerbricht, wenn die Welt von seinem Standpunkt aus gesehen, zu dumm oder zu gemein ist für das, was er ihr bieten will, dass er all dem gegenüber: "dennoch!" zu sagen vermag, nur der hat den "Beruf" zur Politik."

Wenn ich nach Fehlentscheidungen nicht mehr die Kraft hätte, es besser machen zu wollen, dann wäre die politische Unschuld weg und sie würde auch nicht wieder gewinnbar sein.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Singhammer"

Zum einführenden Text der Geschichte "Das Ende der Unschuld" geht es hier. Zur Übersicht mit den 20 Abgeordneten, die über ihre Ernüchterung in der Politik erzählen oder schreiben, kommst du hier.

Text: jetzt-Redaktion - Illustration: Katharina Bitzl

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