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Der "fehlt da was?" Ticker

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Mit acht Jahren war Sabrina meine beste Freundin, denn Sabrina hatte einfach alles: das Barbie-Traumhaus, ein Autogramm von Nick Carter und jede Ausgabe der Bravo Hits. Allgemein war ihre CD-Sammlung immens, es gab kein aktuelles Album, das sie nicht hatte oder von dem sie nicht wusste, wann es erscheinen würde. Ich starb vor Neid und war umso euphorischer, als ich im Sommer 1996 schließlich meinen ersten eigenen CD-Player kriegen sollte. Dazu gab es das zweite Album von Tic Tac Toe - "Klappe die 2te". An sowas erinnert man sich, schließlich war es meine erste CD.
Mit der Zeit wuchs meine Sammlung. Sie war das Erste, was Jungs sich in meinem Kinderzimmer ansahen, wenn sie zu Besuch kamen und mit dem man Eindruck schinden konnte. Die Musiksammlung wurde zu so etwas wie einem Wertemaßstab: wer im Schulbus eine CD von den Schlümpfen in seinen handteller-großen Discman einlegte, wurde als Außenseiter abgestempelt. Wer hingegen immer die neusten Scheiben (was für ein befremdliches Wort aus heutiger Sicht) hatte, gehörte dazu.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Früher verschüttete man seine Milch unabsichtlich über die Zeitung, heute verklebt sie die Tastatur von Papas Laptop.

Zu dieser Zeit war es auch normal, dass morgens eine Lokal- und eine überregionale Zeitung auf unserem Frühstückstisch lagen. Gerne überflog ich darin die sogenannte "Mord- und Totschlagsseite" - zumeist die letzte Seite, auf der neben Prominews auch Gruselgeschichten zum Besten gegeben wurden. Manchmal war ich dermaßen in diesen Reißergeschichten gefangen, dass ich unachtsam die Milch von meinen Fruit Loops auf der Zeitungsseite verteilte. So etwas galt es dann vor meinen Eltern zu verstecken, die ihre Zeitung wie einen kleinen Schatz hüteten, den es nicht zu zerknicken oder zu beschmutzen galt.

Heutzutage ist dieser "Sabrina-Effekt" verpufft. Der Musikgeschmack des Anderen ist dank Facebook oder last.fm bereits bekannt, ohne dass man fremde Zimmer überhaupt betreten müsste. Und wenn man es doch einmal wagt, so gibt es kein gemeinsames "auf dem Fußboden liegen und CDs bestaunen" mehr. Denn auf die Idee, andere anhand ihrer letzten iTunes-Downloads zu bewerten, kommt man dann doch nicht. Oder weißt du, was deine Freunde momentan auf ihrem MP3-Player hören?

Über die Zeitung am Morgen muss man in diesem Zusammenhang wohl kaum noch diskutieren. Nur, dass Kinder sicher heutzutage noch mehr Ärger bekommen als ich damals, wenn sie ihre Milch beim Surfen im Netz über Papas Laptop verschütten. Sogar das Buch könnte nach Meinung mancher Experten in Zukunft ersetzt werden.

Würde uns nicht doch etwas fehlen, wenn all unsere greifbaren Kulturgüter zukünftig durch digitale Kopien ersetzt werden?


Text: charlotte-haunhorst - Bild: dpa

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