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Katharina Bueß (30) hat die Arbeit "Warum Videoblogs" als Abschluss ihres Kulturjournalismusstudiums an der UDK in Berlin geschrieben. Sie wurde sowohl in traditioneller Textform als auch als Videoblog vorgelegt. Darin werden unter anderem vier deutsche Journalisten-Videoblogger interviewt, die über das Format, die Eitelkeit der Autoren und das Potenzial des Genres sprechen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

jetzt.de: Warum Videoblogs?
Katharina Bueß: Internet ist ein Phänomen, das seit mehreren Jahren in unserem Alltag präsent ist und sowohl die Kommunikation als auch den Journalismus prägt. Von daher ist es kulturtheoretisch als Thema für eine Arbeit relevant. Ich habe mich dann innerhalb der Internetkultur auf Videoblogs konzentriert, um meine Arbeit wissenschaftlich zu begrenzen und weil dieser Bereich auch selten durchforscht wurde. Sie begrenzen sich in ihrer Arbeit auf Videoblogs, die als Kommentar fungieren. Aber ein Videoblog ist es doch auch, wenn von einem vierzehnjährigen Mädchen ein Video über Make-Up-Tipps online gestellt wird.
Ich wollte mich mit Videobloggern auseinandersetzen, die eine Analyse-Ebene in der Arbeit haben. Das Ziel war nicht, die ganze Bloglandschaft abzudecken. Im Moment machen Journalisten die Geld und Infrastruktur haben, typische Kommentar-Video-Blogs. Aber es ist auch der Raum da, um sich neue Formate auszudenken. Der Beginn der Videoblogs ist schon fünf oder sechs Jahre her. Hat das Genre noch eine goldene Zukunft vor sich?
Videoblogs und vor allem der gesprochene Kommentar sind nicht unbedingt die vielversprechendste Form der Zukunft. Aber im größeren Kontext gesehen verändert das Internet den Journalismus natürlich: Es legt mit seinen multimedialen Formaten auf jeden Fall eine Entwicklung vor. Wo die genau hingeht, weiß ich noch nicht. Waren vor fünf Jahren die persönlichen Blogs nicht das, was heute das Facebook-Profil ist?
Also ich würde heute nicht alles auf Facebook online stellen, was ich auf mein Blog stellen würde. Dazu ist mir das Unternehmen zu unsympathisch. Aber es ist eine Frage der Ermächtigung. Haben Sie selber ein Videoblog?
Ich habe privat ein normales Blog, in Textform. Ich arbeite aber mit einer Freundin an einem Blogprojekt, das sich auf Porträts konzentrieren würde. Dieses Format passt sehr gut zu Porträts. Wir würden dabei gerne Leute porträtieren, die sich für neue Arbeitsformen entschieden haben, wie eine Frau, die ein Nähcafé eröffnet, weil sie keine Angestellte mehr sein will. Das Format ist schön bunt und es kommt in einem Video von einer Person viel mehr rüber als in einer Beschreibung in Printform. Es ist ein schönes Format für Nischenthemen, für Sachen, die vielleicht keinen Nachrichtenwert haben aber trotzdem interessant sind. Unter den vier Bloggern, die Sie interviewen, schauen zwei selber nie Videoblogs an. Was soll aus Videoblogs werden, wenn selbst die Videoblogger sich nicht dafür interessieren?
Diese Antwort hat mich sehr erstaunt. Aber es ist einfach eine Generationsfrage. Diese Generation von der wir da sprechen surft nicht ständig im Internet, prüft nicht zwanzig mal am Tag Mails. Es heißt nicht, dass das Medium an sich kein Potenzial hat. Welche Videoblogs schauen Sie selber?
Ich mag das Blog von David Lynch. Er ist mit seinem Sohn durch ganz Amerika gereist und sie stellen Menschen dar, die in den Mainstream-Medien nie vorkommen. Ich mag auch Musik-Video-Blogs ganz gerne: z.B. blackcabsessions.com, wo Bands unplugged im Taxi spielen und gefilmt werden, während sie durch London fahren. Ganz witzig. Videoblogs und Blogs überhaupt geben Leuten ein Recht aufs Wort im öffentlichen Raum, die normalerweise keine Gelegenheit hatten, sich auszudrücken. Sehen Sie das positiv?
Brecht hat mal gesagt, es wäre extrem wichtig, einen Kommunikations-Apparat zu haben, der Zuhörer zu Sprechern macht. Heute verfügen wir über die Infrastruktur, um so was umzusetzen. Und es ist auf keinen Fall eine Gefahr für den traditionellen Journalismus. Er kann dadurch geändert oder ergänzt werden. Aber diese Technik ist eine Herausforderung, sich neue Modelle auszudenken. Die Produktionsmittel und die Verbreitungswege haben sich endgültig demokratisiert.


Text: alice-lortholary - Cover: Vogelpieper / photocase.com

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