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Mies aufgelegt. Heute mit Tim Berg und einem zwielichtigen Promoter

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DJs lästern ja nur zu gerne über wahlweise den Snobismus oder auch die Unbedarftheit ihres Publikums. Doch das sind Faktoren, mit denen wir immer rechnen müssen, und die wir zu einem großen Teil steuern können. Nein, der natürliche Feind eines DJs ist ein anderer: der Promoter. Oft ist er ja selbst nichts anderes als ein verhinderter Plattendreher, der sich durch seinen Job im Ruhm der ersten DJ-Liga sonnen will, seine Bühnenstars gleichzeitig aber ausbeutet – und das bis hin zum gezielten Klau.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Diesen Eindruck jedenfalls bestärkte diesen Sommer ein Gig im norwegischen Kristiansund. Die Veranstalter hatten ihren Clubabend groß angekündigt: „Schwedens House-DJ Nr. 1“. Doch schon am Flughafen merkte ich, dass die „Nummer Eins“ wohl eher als Werbemaßnahme denn Respektsbekundung gemeint war: niemand da, das Handy des Promoters ausgeschaltet, schließlich muss ich mich als fünfter Passagier in einen Kleinstwagen zwängen. Der Clubgig selbst - wenig Publikum, aber volle Tanzfläche bei meinen Hits wie „Seek Bromance“ oder „My Feelings For You“ - war dann noch der unspektakulärste Teil des Abends. Der spektakuläre Teil kam erst später. Genauer gesagt bei der Afterparty im Haus des Promoters: Ich war dort für eine Zigarettenlänge auf die Terrasse gegangen und wunderte mich nach meiner Rückkehr. Dort war nur noch ein leerer Platz, wo gerade noch meine Plattenkiste stand. Hatte sie jemand vielleicht weggeräumt? In ein anderes Zimmer geschafft? Oder vorsorglich zur Haustür gebracht? Nein, sie war einfach nicht aufzufinden. Der Promoter und seine Handvoll Freunde schüttelten betrübt den Kopf. Nein, sie hatten nichts bemerkt. Der Plattenkisten-Wegräumer respektive Dieb musste einfach wie ein Phantom in das Wohnzimmer zwischen dem vielleicht halben Dutzend Besoffenen hindurch geschlichen sein, um sich mit meiner Kiste auf und davon zu machen. Natürlich gab ich nicht so schnell auf. Schließlich beteiligten sich alle Partygäste an der Suche – zu acht durchstöberten wir das Haus vom Keller bis zum Dachboden. „Wir werden morgen bei Tageslicht weitersuchen“, vertröstete mich der Promoter. Drei Monate lang hörte ich nichts mehr von ihm. Dann rief er an: „Ich habe die Kiste zurück“ jubelte er in den Hörer. „Ein zwielichtiger Typ hat sie mitgehen lassen. Für 1500 Euro habe ich sie ihm ausgelöst“. Ich begriff im Nu: 1500 Euro würde es mich kosten, wieder in den Besitz meiner Platten zu kommen. Andererseits war mir der Promoter sowieso noch einen Teil der Gage schuldig. Also machte ich gute Miene zum bösen Spiel. Wir wären quitt, wenn er mir einfach meine Platten schicken würde. In der Zwischenzeit hatte ich mich allerdings schon notgedrungen umgestellt: Ich spiele meine Musik (zum Glück hatte ich Dubletten auf meinem Computer gespeichert) seitdem nur noch von USB-Sticks ab. Das spart Gepäck und macht es einfacher, mal für eine Zigarettenpause seine Wertsachen zu verstauen. Auf die Koffer-Sendung aus Kristiansund warte ich übrigens bis heute.

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