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Verloren

Text: Crispetti
Du hast mich verloren. Irgendwo zwischen deinen Depressionen und meinen Ängsten. Vielleicht war es Absicht, vielleicht konntest du mich nicht mehr ertragen, vielleicht hattest du auch einfach nur Angst, zu versagen. Du warst zu viel mit dir selbst beschäftigt, hast nicht gesehen, wie ich immer mehr verblasste. Ich verblasste nicht nur vor dir, ich verblasste vor der Welt, ich wurde immer kleiner und kleiner, meine Umrisse undeutlicher, bis man mich nur noch schemenhaft wahrnehmen konnte. Auch ich nahm die Welt nur noch undeutlich wahr, ich konnte Richtig und Falsch, Gut und Böse nicht mehr unterscheiden. Ich hatte Angst, so unglaubliche Angst, ich schrie aus Leibeskräften, ich bäumte mich auf, ich wehrte mich mit aller Kraft - und war dennoch viel zu schwach. Du hättest mir die Ängste nehmen können, du hättest mich retten können, aber du hast mich schon nicht mehr als das wahrgenommen, was ich war.



Kurz vor dem endgültigen Verschwinden wolltest du mich schon nicht mehr sehen. Ich war da, ganz leicht konnte man meine Umrisse noch erkennen. Ich war so kraftlos, konnte nicht mehr schreien, konnte nicht mehr kämpfen - und du hast mich aufgegeben, hast zugelassen, dass ich verschwinde.

In letzter Sekunde wurde ich gerettet, wurde zurück geholt in diese Welt – aber nicht von dir. Es wäre deine Aufgabe gewesen, doch du hast die Verantwortung abgegeben.

Mama, ich bin wieder da, für die ganze Welt sichtbar, doch du siehst mich noch immer nicht. Du weißt, dass du versagt hast. Ich weiß es auch und ich kann es dir bis heute nicht verzeihen!

Darum hast du mich verloren. Irgendwo zwischen deinen Depressionen und meinen Ängsten. Irgendwo zwischen Leben und Tod!

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