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Ein Bier für den guten Zweck

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jetzt.de: Sebastian, du willst in Berliner Kneipen das Bier „Quartiermeister“ verkaufen: Ein bestimmter Betrag aus dem Verkauf soll in soziale Projekte des Kiezes gehen, in dem das Bier getrunken wurde. Wie kam es zu der Idee? Sebastian Jacob: Ich habe auf meine letzten Prüfungen in Jura hingelernt und vielleicht zu lange im eigenen Saft geschmort. Irgendwann habe ich angefangen, nach einer Marktsituation zu suchen, in der es einem trägen Verbraucher wie mir selbst leicht fällt, sich für ein sozial nachhaltiges Produkt zu entscheiden. Da bin ich dann über das Bier gestolpert. Bier hat kommunikativ günstige Voraussetzungen: Du trinkst es meistens gemeinsam mit anderen, du trinkst es gern und man redet auch gern darüber. Da dachte ich, dass man doch auch gern drüber redet, wenn man mit dem Kauf etwas Gutes macht. Auf der Flasche steht „Bier für den Kiez“. Nun verbindet man den „Kiez“ ja tatsächlich in erster Linie mit Berlin. In München zum Beispiel gibt es zwar auch Stadtviertel, nur ist die Identifikation mit diesen Vierteln häufig nicht so ausgeprägt. Funktioniert deine Idee womöglich nur in Berlin? Wir versuchen, ein soziales Produkt an ein soziales Kollektiv zu knüpfen. Das Produkt ist das Bier, das Kollektiv ist in diesem Fall der Kiez. Das heißt aber nicht, dass die Idee nur hier funktioniert. Der Grundgedanke ist ja auf jede Stadt übertragbar: Wir wollen die Augen öffnen für positive Konsequenzen von kollektivem Verhalten. Wenn wir uns alle richtig verhalten, bleibt für alle was gutes übrig. Du kannst in der Kneipe ein herkömmliches Bier kaufen und weißt nicht, wo der Gewinn landet. Oder du kaufst künftig das Quartiersbier, wo der Erlös, den wir beim Verkauf an die Kneipen erzielen an soziale Zwecke vor deiner Haustür geht. Ist das denn so einfach? Der Wirt will doch auch seinen Schnitt machen. Wir haben es jetzt ohne Aufpreis hingekriegt. Unser Bier ist nicht teurer als andere und hilft trotzdem.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wie macht ihr das? Wir liegen beim Preis unseres Bieres unterhalb der Preise für Fernsehbiere wie Krombacher oder Warsteiner. Du kannst dich also für ein überlegenes Produkt entscheiden – unser Bier - und musst dich nicht extra für eine Spende entscheiden. Du befriedigst dein Bedürfnis nach gutem Bier und kriegst auch noch einen emotionalen und sozialen Zusatznutzen. Dazu kommt der öffentliche Zusatznutzen und der reale monetäre Nutzen ... Bist du sicher, dass du nicht doch VWL studiert hast? Wieso? Du kannst über deine Idee reden als hättest du ein VWL-Skript vor dir. (lacht) Stimmt, vielleicht ist das von Kulturwirtschaft hängen geblieben. Offenbar habe ich doch von den Vorlesungen profitiert. Sags mir bitte konkreter: Wieviel Gutes tue ich, wenn ich den Quartiermeister trinke? Okay, hier die Rechnung: Wir bieten dem Gastronom unseren Bierkasten mit 20 Flaschen á 0,33 Liter im Schnitt für zehn Euro an. Von diesen zehn Euro stecken wir drei in soziale Zwecke. Für den Gastronom ändert sich nichts. Er macht seinen normalen Schnitt. Bezahlst du dir ein Einkommen? Zurzeit nicht. Es wäre aber schön, wenn es möglich wäre. Dafür muss das Ganze eine gewisse Skalierung erfahren. Kann ich das Bier schon kaufen? Wir fangen in diesen Tagen an. Die erste Fuhre der Brauerei ist vor fünf Tagen gekommen. Zurzeit habe ich neun Zusagen von Kneipen, die mitmachen wollen. Denen stellen wir die ersten Kisten zum Verkauf hin. Zum Glück haben die meisten Kneipen in Berlin nicht, wie in München sehr häufig, Knebelverträge mit Brauereien und dürfen verkaufen, was sie wollen. Welche Kneipen sind das? Da fragst du noch ein paar Tage zu früh. Sobald alles spruchreif ist, steht es auf unserer Homepage. Jetzt zu einer entscheidenden Frage: Was für ein Bier verkauft ihr da eigentlich? Das Bier kommt aus dem Garley Traditionsbrauhaus in Gardelegen in Sachsen-Anhalt. Das ist ein Familienbetrieb, der seit 1314 am selben Standort Bier braut. Die können für sich beanspruchen, die älteste dauerhaft besetzte Marke der Welt zu haben. Wenn du schon einen lokalen Wirtschaftskreislauf anstrebst: Warum seid ihr nicht eine Kooperation mit einer Berliner Brauerei eingegangen? In Berlin gibt es keine einzige Privatbrauerei von industrieller Größe. Die letzte größere Privatbrauerei ist jüngst an den Oetker-Konzern gegangen. Die Kooperation mit einer Konzernbrauerei widerspricht aber unserem Konzept. Was es in Berlin gibt, sind Mikrobrauereien. Davon gibt es einige. Die brauen sehr gutes Bier und haben tolle Ideen. Die Kapazitäten sind da aber leider sehr begrenzt. Für eine Kooperation habe ich deswegen einen Partner gesucht, mit dem auch eine größere Verbreitung der Idee möglich ist. In welchen Kiezen fangt ihr mit dem Verkauf an? In Neukölln und in Kreuzberg. Hier haben wir auch unser Hauptquartier. Wie schüttet ihr dann das Geld aus? Wir können leicht nachsehen, wo wieviel getrunken wird. Und wo viel getrunken wird, wird auch wieder viel für soziale Zwecke ausgeschüttet. Wen unterstützt ihr? Gerade suchen wir noch nach Projekten. Unser erster Partner wird wahrscheinlich der Fußballclub NFC Rot-Weiss Neukölln. Die sind stark in der Integrationsarbeit engagiert. Die fördern den Mädchensport, die bieten Computerkurse oder Müttertreffs an. Mit unserer ersten Quartermeisterspende wollen wir das Material für die Renovierung des Clubhauses finanzieren. Mehr Infos zum Quartiermeister gibt es hier und auf Facebook.

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