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Hätte ich dich zehn Jahre später kennengelernt, dann hätt ich dich geheitatet.

Text: Olch
Hätte ich dich zehn Jahre später kennengelernt, dann hätt ich dich geheitatet.

Die erste richtige Liebe – auch die beste?



Da sitz ich nun, auf dem Balkon meiner Studentenbude. Es hätte auch anders kommen können.

Schon mehr als ein Jahr her, aber die Wunden sind immer noch frisch und nicht verheilt.

Ich glaub es ist besser so, i muss noch andere Erfahrungen machen, wir sind zusammen, seit ich 15 bin.

Eigentlich wusste ich ja schon was kommt, eigentlich war ich es ja, der den Stein ins Rollen gebracht hatte, doch trotzdem Schnürte sich mein Hals zusammen, mein Magen krampfte und die Tränen kamen schossen in die Augen.

Mit diesen wenigen Worten kam sie, die leere die ich bis heute – fast eineinhalb Jahre später – spüre sobald ich einige Zeit allein bin.

Ich hatte alles verloren, an das ich mich die letzten zwei Jahre geklammert hatte, ich war wieder am Anfang, am Anfang dessen, was ich die letzten zwei Jahre überwunden zu haben schien.

Komm lass uns noch etwas spazieren, sagte ich fast mechanisch – wir spazierten den kleinen Feldweg hinter unserem Haus entlang, in meinem Kopf liefen unbewusst einige Szenen unserer Beziehung ab, schon wieder musste ich Weinen.

„Ich habe mir eigentlich geschworen, dass ich dich nicht mehr zum Weinen bring.“

„Warum machst du das alles dan“ dachte ich mir – sagen konnte ich es nicht. Mechanisch unternhielten wir uns noch eine Weile, über ihre Eltern und ähnliches.



Mit dieser Unterhaltung, das wurde mir gerade eben klar, war unser Stern untergegangen, nie hatte ich das Gefühl, nicht zu wissen, über was ich mich mit diesem Mädchen unterhalten sollte.

Mit dieser Unterhaltung ging etwas zu Ende, was ich noch vor zwei Jahren nicht für möglich gehalten hätte.

Ich war der festen Überzeugung, so etwas wie einen Seelenverwandten gibt es nicht, ich war der Meinung für eine gute Beziehung müssen zwei Vernünftige Menschen hart arbeiten - ich wurde eines Besseren Belehrt.

Die Verabschiedung war Formsache, nur noch eine Umarmung unter Bekannten, mir war klar was ich verloren hatte, seit etwa einer halben Stunde, seit wir beide uns auf dieses Sofa gesetzt hatten (das heute übrigens den Weg aus der Elterlichen Stube in mein bescheidenes Zimmer gefunden hat). Dieses Sofa hat bis heute eine komische Wirkung auf uns beide.

Ich musste mich ablenken, ich war zu müde für alles aber auch zu wach zum Schlafen, ich wollte mit dem Kopf gegen die Wand rennen, ich konnte nicht, ich war zu schwach, ich wollte Fernsehen, doch schon in der ersten Werbepause kochte alles wieder hoch.

„Warum habe ich sie gehen lassen, warum habe ich das ganze überhaupt ins Rollen gebracht…..

Rückblick:

Meinen Körper durchströmte etwas, was ich von bisherigen Küssen und Beziehungen nicht kannte. Es durchströmte mich ein Blitz von Gefühlen, ich fühlte mich bestätigt, aber ich wusste nicht warum.

Ich hatte dieses kleine hibbelige blasse Mädchen geküsst!

Wir setzten uns einfach an einen Tisch und unterhielten uns, als ob wir uns schon Jahrzehnte kennen würden.

Langsam wurde es spät, die kleine musste Nachhause, unbeeindruckt vom strömenden Regen spazierten wir Arm in Arm den steilen Berg zum Elterlichen Haus hinauf.

Mit einem innigen Kuss verabschiedeten wir uns, ohne Worte ging jeder seines Weges, ich für meinen Teil übermannt von meinen Gefühlen, einfach glücklich.

Am nächsten Tag rief ich sie an, ich war mir nicht sicher, ob es wirklich ernst war.

Es war ernst, nach dem ereignisreichen Woche kehrte ich zurück nach Ulm, ich verglich meine Wohnung in Ulm in meinem Kopf oft mit dem Gehege eine Raubtieres…

Wenigstens hatte ich Zeit nachzudenken.

Langsam wurde mir erst die Tragweite des ganzen bewusst, ich war mehr oder weniger erwachsen, sie war noch ein Teenager, meine Eltern waren bei ersten Begegnung nicht gerade angetan, Julis Mutter begrüßte mich auch erst mir einem mürrischen, „wer park den da so sau blöd auf meinem Parkplatz“?

Ich für meinen Teil war mir sicher, ich würde für dieses Mädchen kämpfen, egal was andere sagten, ich fühlte, dass es richtig war.

Ich zählte unter der Woche die Tage bis zum Wochenende, mein Gehege in Ulm war für mich nur eine Zwischenstation, zwischen den Wochenenden.

Ich zählte die Sekunden, bis mein Telefon klingelte …unsere Unterhaltungen wurden nie langweilig, die kleine konnte nicht schweigen, ich hörte ihr zu, ich verstand sie, sie verstand mich.

Ich wusste, ich musste behutsam mit ihr umgehen, ich hatte aus früheren Beziehungen schon alles hinter mir, das erste Mal, die ersten Streits…alles was dazugehört.

Ich war geduldig mit ihr, ich ließ ihr ihren Freiraum, sie zahlte alles mit einem Kuss zurück, ich war besessen, das erste mal wirklich verliebt.

Ihre Mutter hatte mich akzeptiert, froh ihre jüngste in sichere und vernünftige Hände zu geben.

Meine Eltern hatten sich mit dem Offensichtlich mit dem ihrer Meinung nach Pubertären Mädchen abgefunden, sie hatten keine Chance, ich verteidigte sie mit allen Waffen.

Ich war glücklich einfach bei ihr zu sein, ich beobachtete Sie beim schlafen, ich war Süchtig nach diesem kleinen schnarchenden Wesen, ich wollte sie nicht mehr loslassen.

Sie war alles für mich. Trotz der vielen Zeit, die wir in den Ferien und an den Wochenenden verbrachten, war es ihr wichtig, das ich auch Zeit mit meinen Freunden verbrachte, sie zwang mich Sanft.

„Freunde sind alles“, das waren ihre Worte, hatte ich ihr das nicht mal gesagt, als sie einen ihren Pubertät's Streitigkeiten mit ihrer besten Freundin hatte?

Ich liebte es ihr zuzuschauen, wie sie erwachsen wurde, ich liebte sie einfach.

Wir teilten leid und Freude, wir hatten keine Geheimnisse, sie ging sogar auf die Toilette wenn ich Zähne putzte, ich hatte keine Problem damit, Hauptsache sie war bei mir.

Wir waren fast ein Jahr zusammen, als wir das erste mal miteinander schliefen, es war mir im Gegensatz zu vorherigen Beziehungen nicht wichtig, ich wollte nur mit ihr zusammen sein, egal wie.

Die Zeit verging, ich versagte ein ums andere mal in meinem Studium, meine neue Freundin Zuhause meinem hatte meinem Gehege ein ganz neuen hässlichen Anstrich gegeben.

Meine Eltern machte sie für die schlechten Noten Verantwortlich, ich verteidigte sie mit allem was ich hatte.

Sie löste die Probleme erstaunlich erwachsen, in dem sie mit meinen Eltern redete.

Mein Vater, war gezwungen, sie zu loben, sie wird erwachsen, sie macht sich, mein Stolz war unbeschreiblich.

Die Zeit verging, Weihnachten stand bevor, wir waren nun fast eineinhalb Jahre zusammen, meine kleine war erwachsen geworden, steuerte aufs Abitur zu, zum ersten mal hatte sie gelegentlich keine zeit für mich.

Ich dachte viel darüber nach, musste aber einsehen, dass ich in dem Alter nicht anders war.

Ich hatte keinen Grund mir Sorgen zu machen, trotzdem machte es mir Angst.

Aus Angst wurde Verzweiflung, ich lenkte mich mit Partys in Ulm ab. Ich hatte ein Verhältnis mit einer Studentin in meinem Alter, die ich verzweifelt auf einer Party kennengelernt hatte.

Ich fühlte mich bestätigt, es war traurig, ich liebte meine Freundin zuhause noch mehr danach.

Ich hatte nicht den Schneid es ihr zu erzählen. Dafür verzieh ich ihr jeden Fehler, wohlwissend, ich hatte den schlimmeren begangen.

Sie hatte immer weniger Zeit für mich, ich begnügte mich mit der wenigen Zeit, ich klammerte mich an die wenigen Stunden, ich wollte sie nicht aufgeben.

Es wurde Frühling, sie wollte mich in den Ferien in Ulm besuchen, sie sagte kurzfristig ab. Ich war enttäuscht, hatte ich mir doch so viel versprochen aus dieser Woche.

Zum ersten Mal war ich richtig sauer auf sie. Ich gab meine Enttäuschung zum Ausdruck – zum ersten Mal seit fast zwei Jahren war ich enttäuscht von der Frau meines Lebens.

„Überleg mal, ob dir überhaupt noch was an mir liegt“, sagte ich

tief im inneren wusste ich, das ich nicht in der Lage sein würde, das zu retten – ich versuchte alles, vergebens.

Es kam was kommen musste sie machte das zu dem ich niemals in der Lage gewesen wäre, sie spürte die Leere die zwischen uns entstanden war, sie war immer die stärkere von uns beiden gewesen…

Noch heute, mehr als ein Jahr danach, kann ich nicht normal mit ihr reden, wir treffen uns sporadisch, wie reden aneinander vorbei, wir merken es beide, beide Machtlos.

Hätt ich dich zehn Jahre später kennengelernt, hätte ich dich auf der Stelle geheiratet, sagten wir im Chor, seit dem nur noch leere.

Wir hatten uns alles geteilt, wir sind zusammen erwachsen geworden, keine ihrer Nachfolgerinnen konnte meine Ansprüche stillen, ich gab ihnen nie eine Chance.

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