Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben
Aus der ehemaligen jetzt-Community: Du liest einen Nutzertext aus unserem Archiv.

Ein Morgen wie jeder andere

Text: Elinor
Sie hatte versucht mit ihm zu reden. Er verstand sie nicht.

Sie schrieb ihm, weil sie so ihre Gedanken besser ordnen konnte. Sie dachte es läge an ihr, dass sie sich ihm nur ungenügend erklären konnte.

Sie hatte geglaubt, sie hätte ihre Gefühle nicht verständlich genug ausgedrückt.



So lange hatte sie gedacht, sie hätten die gleiche Idee vom Dasein, vom Miteinander. Und er hatte sie in dem Glauben gelassen. Dann brach ihr Kartenhaus in sich zusammen. Als ihr bewußt wurde, dass sie ihr beider Leben alleine plante...und sie gewagt hatte nachzuhaken.



Ihre Träume waren nun ganz weit weg. Weil es nur noch die ihrigen waren. Tausend Gründe und Ausflüchte waren ihr nicht genug. Was er sagte, spielte keine Rolle mehr für sie. Ausschlaggebend war nur noch das, was er nicht tat.



Sie wurde ungerecht, selbstgerecht, unleidlich. Und kalt. Ihre Gefühle vereisten. Und ihr Körper auch. War zu keiner Regung mehr fähig. Abgestumpft. In der absoluten Bedeutung dieses Wortes. Wie amputiert. Nerven durchtrennt. Alles taub. Die Gefühle gefangen in der Lethargie der Leblosigkeit. Manchmal spürte sie noch einen leichten Phantomschmerz. Doch der kam immer seltener.



An einem Wintermorgen wachte sie vor Kälte auf. Es war diese sonnige Kälte, die den Winter in gleißendes Licht verwandelt und den Himmel in ein verfrühtes Frühlingsblau taucht.

Nackt wie sie war, ging sie zum Fenster, das sie zu schließen vergessen hatte und öffnete es so weit es ging. Sog die frostklirrende Luft in ihre Lungen.



Die Haare auf ihrer Haut hatten sich schon längst überall aufgerichtet. Sie blinzelte in die Sonne, deren Wärme sie sich nur einbilden konnte. So stand sie eine Weile.



Später fand er einen Zettel auf dem Nachttisch. Ein Schlüssel lag darauf. Der Zettel war schneeweiß und unberührt wie der Schnee unter dem offenen Fenster...






Mehr lesen — Aktuelles aus der jetzt-Redaktion: