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jetzt kein Bafög mehr

Text: yvanovich










Da habe ich immer Bafög bekommen. Jeden Monat brav 180 €, nach zwei Semestern nur noch 70 € im Monat, warum auch immer, und nach dem vierten nichts mehr. Obwohl sich an der Gehaltssituation meiner Eltern nichts geändert hat, bzw wenn, dann ins negative. Und warum bleiben nun die Kohlen aus? Weil ich ein Auslandssemester gemacht habe, ja ich hab es mir geleistet und mit Kellnern, Putzen, Baby- und Rentnersitten, Alten Frauen Haare waschen und Semmeln verkaufen finanziert.



Und weil ich nun, für das eine Semester in Korea einmalig 86 € Auslandsbafög bekam, bleibt das normale Bafög aus. Vielleicht muss ich, da ich wieder zu Hause bin, noch mal einen fünf Meter hohen Stapel neuer Formulare ausfüllen. So genannte Wieder-zu-Hause-es-war-schön-Formulare und Zu-Hause-und-jetzt-erst-recht-pleite-und-ausgelaugt-Formular. Aber die sind schwer zu bekommen und schwer zu verstehen und schwer auszufüllen und schwer abzugeben.

Und wieso eigentlich 86 Euro? Ich war noch nie eine Leuchte in Mathe, aber Flug 600 € plus Miete, für mein runtergekommenes 4 qm Zimmer in Seoul 1.200 € plus Studiengebühren, plus Nahrung, plus Meterialkosten in der Uni... Ja also das müsste etwas mehr als 86 machen.



In meinem Zeugnis, der Korea University, habe ich dreimal A+ und zweimal B+. Das ist doch recht gut, selten bis nie so gute Noten gehabt in meiner Laufbahn. Was erwartet man auch von jemandem, der als einziger der Familie studiert.

Aber gibt es nun ein Stipendium für mich? Ich studiere allerdings nicht tolle Medizin und nicht Jura, auch kein Physik und Mathe und auch nicht Maschinenbau. Und auch nicht an der Universität. Ich studiere nur an einer FH und auch nur Design. Deshalb werde ich keine Kandidatin für ein Stipendium sein. Schade auch. Aber vielleicht geht dann das Bafög weiter. Nicht erhöht, aber wenigstens weiter, damit ich mir wenigstens einmal pro Woche Fleisch leisten kann und nicht nur Tütensuppen. Ich bin der Weltmeister im Tütensuppenessen und somit gebe ich nur 3 € in der Woche aus. Also ich ruf gleich mal, tapfer, noch ein viertes mal bei Frau Bafög an.



Aber Gott sei Dank, gibt es ja bald Stipendien für die Guten unter uns. Die Guten haben es verdient. Höchstwahrscheinlich bekommen es wieder die zugeknöpften, ernsten, Polohemd mit Stehkragen tragenden Abkömmlinge Münchener Chikimikis in den Arsch geschoben. Denen Papi ein Abitur in England oder sonstwo gekauft hat . Die immer einen Nachhilfelehrer parat hatten oder deren Nachhilfelehrer MamaPapa hießen und selber verfrührentnerte Professoren, Anwälte und Doktoren sind. Die jetzt an Eliteunis studieren und später mal mit einem dicken Geländewagen ihre Schützlinge in die Privatschule bringen. Ich werde ihnen dann als Studienabbrecher, fröhlich lachend Brötchen verkaufen. Zahnlos.



Scheint so, als könnten sich nur Kinder Wohlhabender Familien ein Auslandssemester leisten. Doch das soll doch die Zukunft sein, das ist doch, was Deutschland will?! Studenten mit Auslandserfahrung, die diese dann mit ins eigene Land bringen.

Meine spanische Kollegin in Seoul, bekam vom spanischen Staat ihren Flug und ihr 15 qm Zimmer finanziert. Sowie die drei Mexikaner und die Finnin, alle bekamen was von ihrem Vater Staat. Während ich nebenan in meiner Stehkammer kauerte und überlegte wie ich sparen könnte.

Deutschland hat sich verändert. Und es verändert sich immer drastischer. Ein Schawan, mit hohem Schnabel sagt uns wie es geht.

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