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Facebook-ABC: A wie Ausblenden

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Meine Facebook-Freunde sind mitteilsame Kerlchen – und das gefällt mir eigentlich sehr gut. So kann ich mehrmals täglich auf die Seite gehen und mir die Zeit damit vertreiben, die dutzenden Statusmeldungen durchzulesen und bleibe immer auf dem Laufenden, was sie gerade so beschäftigt („X kann wegen der Hitze nur schwer arbeiten“), worüber sie sich aufregen („Y: Typisch Bahn, ey!“) oder womit sie mal eben so ein kleines bisschen angeben wollen („Z gibt der „Vogue“ gleich ein Interview“). Das ist der Sinn von Facebook und wer den nicht versteht, der sollte sich dann doch lieber gleich wieder abmelden.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Nun ist es aber so, dass es, wie in jeder anderen Gemeinschaft auch, einige meiner Freunde zuweilen ein kleines bisschen übertreiben mit ihrem Mitteilungsbedürfnis und dabei knapp an der Grenze zum Spammer entlang schrappen. Es mag nur ein Zufall sein, aber genau diese besonders mitteilsamen Menschen neigen meist auch dazu, besonders langweiligen oder ärgerlichen Quatsch abzusondern. Vielleicht sind Menschen, die sich leichter über die Dinge des Lebens ereifern können als andere, auch eher geneigt, ihre Erregungen für originell und mitteilenswert genug zu halten, um die gesamte Menschheit damit zu erfreuen. Genau für diese Situationen haben die Facebook-Programmierer den Button „Verbergen“ erfunden, der diese virtuellen Ärgernisse binnen weniger Sekunden ausblendet. Und obwohl ich mehrere Kandidaten in meiner Freundesliste habe, die sich für diesen Schritt eigentlich schon vor Monaten qualifiziert haben, zögere ich, den Knopf zu drücken. Vielleicht liegt es ja daran, dass es auch Spaß machen kann, sich jeden Tag aufs Neue ein bisschen aufregen zu können über den ganzen Quatsch, den andere da im Minutentakt produzieren. Vielleicht befürchte ich aber auch, dass mein Facebook-Account ohne meine ganzen Borderline-bekloppten Power-Poster zum öden Befindlichkeiststadel würde. Vielleicht ist es aber auch meine unerschütterlicher Glaube an die Menschheit und die Hoffnung, dass sich auch die größten digitalen Rumpelstilzchen irgendwann einmal beruhigen müssen. Und was wären die unzähligen monothematischen Blogs zum Thema „So blöd sind die anderen auf Facebook“ ohne all diese fleißigen Eichhörnchen, die keinen Filter zwischen ihrem Hirn und der Tastatur haben und ihr Mitteilungsbedürfnis ohne jegliche Beschränkung ausleben? Ich weiß oft nicht, ob ich diese Menschen bewundern soll für ihren Mut, total ungefiltert auszudrücken, wie sie gerade fühlen. Oder ob ich sie richtig, richtig bescheuert finden soll, weil sie so viel Müll absondern, den ich zwar nicht hinter ihnen aufräumen muss, aber doch daran vorbeiscrollen soll. Aber ausblenden? Diese Maßnahme hebe ich mir dann doch meist nur für die Profile auf, die es mit der Eigenwerbung dann doch ein bisschen zu weit treiben..

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