Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

„Voll der Triumph“

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Euer erstes Album erscheint gleich bei einer Major-Plattenfirma. Fühlt sich das wie ein Triumph an – oder schon wie ein Ausverkauf? Luise Fuckface: Universal ist ja nicht unser Label, sondern nur unser Vertrieb. Unser Label "Beat the Rich" ist klein, da gibt es nur uns. Aber ja – es ist voll der Triumph! Alle großen Hammeracts wie zum Beispiel Justin Bieber sind bei Universal. Gab es denn allgemein Schwierigkeiten, mit eurem Bandnamen einen Vertrieb zu finden? Luise Fuckface: Ja, deswegen hat auch alles so lange gedauert, die Platte gibt es ja schon eine Weile. Unser Management hat das Album aber auch erst mal nur den großen Firmen vorgestellt. Das Album heißt „Jung, talentlos & gecastet“. Ist das die Formel, um Popstars zu werden? Luise Fuckface: Klar, so läuft’s doch ab! Wie gleicht man die Defizite aus? Netja Triebeltäter: Durch Präsenz und Aussehen. Müsst ihr jetzt richtig viel arbeiten? Luise Fuckface: Nee, ich habe mir das anstrengender vorgestellt. So wie man das aus dem Fernsehen kennt, da haben ja alle Popstars Tanztraining und kümmern sich um Fitness. Ich dagegen habe oft gar nichts zu tun. Wir proben auch nicht regelmäßig - sind halt Naturtalente! Wir wollten schon eine Girlgroup sein – nur eben ein bisschen asozialer als die anderen. Unsere Choreos sind von S Club 7 und den Backstreet Boys geklaut, die haben wir in zehn Minuten drauf. Kristeenager: Ich kann an zwei Händen abzählen, wie oft wir geprobt beziehungsweise mal ordentlich getanzt haben. Luise Fuckface: Wir haben aber auch eine Liveband, die probt regelmäßig. Ihr seid insgesamt acht Mädchen und drei Jungs. Wer darf bei euch mitmachen? Luise Fuckface: Wir haben jahrelang durchgecastet und die Mächen getestet. Jetzt ist dieser feste Kern übriggeblieben. Früher durfte jeder mitmachen, da waren wir nicht wählerisch. Das ist jetzt anders. Spaß ist irgendwie das wichtigste Motiv in euren Liedern. Aber können acht Mädels zusammen wirklich so viel Spaß haben? Ich stelle mir das eher anstrengend vor. Kristeenager: Am Anfang war das schon etwas schwierig, mittlerweile weiß man aber, wie man miteinander am besten umgeht. Es hat sich alles eingespielt. Luise Fuckface: Viele mussten auch erst mal lernen, ihr Ego zurückzustellen, was für die Gruppe wichtig war. Da kann nicht jede eine Diva sein. Ein Informationsfilm:

Wie definiert ihr denn Spaß – und könnt ihr den auf Knopfdruck haben – zum Beispiel auf der Bühne? Netja Triebeltäter: Mit den richtigen Leuten das richtige zu machen, das ist Spaß. Sobald es ans Schminken geht und die Mülltüte ankommt, habe ich gute Laune. Luise Fuckface: Und sobald das Grippostad wirkt. In euren Songs geht es um Ponys, Boys und Mädchen mit Strähnchen. Ist das neben der fröhlichen Pöbelei auch ein kleiner Abgesang auf die eigene Jugend? Netja Triebeltäter: Das sind wir! Es geht um Sachen, die uns auch wirklich passiert sind. Luise Fuckface: Ich mache mich nicht über irgendwen lustig, weil ich sie oder ihn blöd finde – sondern über mich selber. Weil ich genau so eine Dorfschickse mit blonden langen Haaren war. Also blickt ihr bewusst zurück. Luise Fuckface: Ja, als Jugendlicher kann man ja gar nicht ironisch denken. Ich konnte mich damals nicht über mich selber lustig machen. Ich bin mit Plateauschuhen und Technohose mit meinen Eltern über die Alpen gelatscht. Ich habe auch an der Tanke und der Bushaltestelle gechillt. Und ich hätte es nicht verkraftet, wenn man sich damals über mich lustig gemacht hätte, als Jugendlicher nimmt man sich noch zu ernst. Trauen sich denn heute die süßen Boys zu euch in den Backstagebereich – oder haben die eher Angst vor euch? Netja Triebeltäter: Manche kommen auch einfach mal kurz zu uns nach hinten, rufen „boah geil!“ und dann gehen sie wieder. Neulich ist auch mal ein Kerl zu uns auf die Bühne gesprungen und hat das ganze Konzert mit uns getanzt. Der ist einfach nicht mehr runter gegangen. Luise Fuckface: Und einer hat sich mal mitten im Gespräch mit uns die Hose runter gezogen. Gab’s auch schon. Aber die meisten sind eher eingeschüchtert. Ich glaube, zu uns kommen Jungs, die gerne dominiert werden wollen. Wolltet ihr die Band haben, um euch auszutoben? Netja Triebeltäter: Bei mir war es so, dass ich in der Zeit, in der ich die ganzen Crackhuren kennen gelernt habe, gerade mein Abi gemacht habe. Da war es schon toll, auch unter der Woche mal mit den Mädels feiern zu gehen. Luise Fuckface: Unser Bassist ist zum Beispiel Bauingenieur, mit schicker Wohnung am Hackeschen Markt. Und jetzt wird er mit uns zum Schlagerstar auf Malle.

Euer Hit ist „Ich und mein Pony“. Habt ihr dessen Massentauglichkeit schon früh erkannt? Luise Fuckface: Er sollte schon glatt und poppig klingen. Aber ich habe auch gedacht: Das klingt so affig, das kann ja keiner gut finden! Zum Beispiel dieses „wir sausen auf der Koppel rum, in China fällt ein Reissack um". Das ist da nur drin, weil mir einfach kein besserer Reim eingefallen ist. Dass der Song so ein Selbstläufer werden könnte, hätte ich nie gedacht. Sprecht doch mal diese Sätze zu Ende: Wenn Lena Meyer-Landrut bei uns mitmachen will, muss sie … Luise Fuckface: … sich die Haare abrasieren. Und reden darf sie dann auch nicht mehr. Ich hatte so viele Mädchen auf der Schule, die so sind wie sie, also: „Ich kann alles voll gut, aber ich prahl’ damit natürlich nicht rum – und ich bin auch ein bisschen cool!“ Das ist alles so gewollt, und das macht mich sehr wütend. Wenn der Playboy uns haben will … Luise Fuckface: Will er ja schon – aber nur 25.000 Euro für ‚Jungstars’ zahlen. Mehr ist da nicht zu holen. Teil’ das mal durch elf, da bleibt nicht mehr viel übrig. Ach, und ich will eh erst in den Playboy, wenn ich berühmt bin. Und wenn ich nicht solche Bilder machen muss, wie Sarah Kuttner. „Jung, talentlos & gecastet“ von The toten Crackhuren im Kofferraum erscheint im August auf Beat the Rich/Universal.

Text: erik-brandt-hoege - Foto: Universal

  • teilen
  • schließen