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Wer wird Fußballweltmeister, Jan Böhmermann?

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Deutschland, wer sonst? Aber mal was anderes: Mindestens genauso sehr wie auf den Weltmeistertitel, den die liebenswerte deutsche Rumpeltruppe während Jogis letztem großen Turnier gefälligst zu erringen hat, freue ich mich auf die begleitenden Magazinbeiträge und Umfeldreportagen, die sich das deutsche Rumpelfernsehen zur FIFA-Fußballweltmeisterschaft aus den Antennen saugen wird. Kurz vor ihrer Versenkung in zu Journalistenendlagern ausgebauten, sendereigenen Salzstöcken müssen in Südafrika tausende Altredakteure nochmal als Außenreporter ran: Filmische Füllmasse produzieren für Vorberichterstattung, zwischen den Spielen und für die Dritten. Nichts braucht das Fernsehen zur WM dringender als launige Schlussstücke für Regional- („Kapstadt solidarisch mit Bielefelder Karstadt-Belegschaft“) und Boulevardmagazine („Rückkehr zur Apartheid? Medizinmann trennt am Auge zusammengewachsene siamesische Zwillinge!“). Das wird ein Fernsehfest! Erstes Gruppenspiel. Und schon wenige Minuten danach steht ein nervöser Altjournalist in kurzer Dienstcargohose, aufgeknöpftem Leinenhemd und den Betriebsvorschriften für öffentlich-rechtliches Vor-der-Kamera-Personal entsprechend nur halbherzig frisiert auf der Terrasse einer Lodge im Krueger Nationalpark. Soweit man das erkennen kann – sein zu braunes Gesicht und die zu weißen Unterschenkel sprengen die Kontrastdarstellung selbst allerneuster HD-Fernseher. Zweites Gruppenspiel. In der ARD wird man sich natürlich verstärkt um die vernachlässigten jungen Zuschauer kümmern, wo sie dem Fußball zuliebe schon mal kurz da sind. Interviews mit Sasha, Culcha Candela (mindestens zwei Bandmitglieder tragen einen Tropenhelm) und, wie immer, Lena Meyer-Landrut. Ein spontaner Live-Gig von Ina Müller im Township, denn man sollte sich bei aller Unterhaltung auch den sozialen Problemen nicht verschließen. Die beschwipst kichernde Powerfrau kann es sich nicht verkneifen, den umstehenden Aboriginees kalauernd „eine Runde Negermeister“zu spendieren. Drittes Gruppenspiel. Und im ZDF besucht ein blutarmer Birgit-Schrowange-Klon für „Hallo Deutschland“ einen Gnu-Gnadenhof nahe Johannesburg. Achtelfinale. Wulf Schmiese reitet in seiner täglichen TV-Kolumne „Mein Südafrika“ fürs Morgenmagazin auf einem Emu durch die Savanne. Im Hintergrund Zebras und winkende Mohrenkinder, Verzeihung, Schaumneger. Achtelfinale. Man muss auch mal kritische Töne anschlagen! Denn nur einen Katzenwurf vom WM-Stadion entfernt lässt der weltgrößte Bromproduzent schwarze Minenarbeiter unter unwürdigen Bedingungen Brom schürfen. Schlimm. Ein ernster Aufsager. Und eine Nahaufnahme des kleinen Mtanguluzi, der sein aus Coladosen gebasteltes Spielzeugautos durch den heißen afrikanischen Sand schieben muss. Halbfinale. Aber feiern, das können sie, diese Südafrikaner in ihren kunterbunten Gewändern. Berichtet die mit dem Reporter entfernt bekannte, ehemalige Radioredakteurin Roswitha G. (67), die nach dem Mauerfall in Berlin den 35 Jahre jüngeren Zulukönig Zanemvula kennenlernte und jetzt als beinahe integrierte Neuntfrau in der Steppe lebt. Dann: Finale! Ich werde es wohl nicht gucken, denn ich werde müde sein von einem Monat Randberichterstattung. Außerdem weiß ich ja schon wie es ausgeht. Siehe Eingangsfrage.

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