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Mädchenfreundschaft

Text: yvanovich
Wir sind beste Freundinnen. Wir sehen uns selten aber exzessiv.

Dann erzählst du mir, wie schlimm die Welt ist und ich erzähle dir dann, wie böse die Welt ist. Du erzählst mir, wie grausam alle sind und dann erzähle ich dir, wie sehr mich alle hassen. Und dann erzähl ich dir, wie sehr ich alle hasse und du musst mich dran erinnern, mir erzählen zu dürfen, wie müde und matt du bist.



Dann fühle ich mich auch so müde und erzähle dir, wie krank und erschöpft ich bin. Du bist auch so krank und schlapp vor allem! Ich stimme vollkommen zu. Ich bin genauso schlapp, kann kaum laufen, geschweige denn sprechen vor lauter Schlappheit.



Und weil das alles so viel und zu stressig ist, bleiben wir wieder zu Hause. Wo wir weinen, wir weinen uns gegenseitig an. Ich weine noch mehr, weil ich weine, aber du sagst, man darf weinen und sogar schreien, ganz laut. Und du schreist dann auch ganz laut. Ich kann nur leise weinen, vielleicht wegen meiner Erziehung, vielleicht wegen der Gene. Aber das verstehst du.



Ich schreibe mir deshalb auf, dass man weinen darf und soll. Und ich füge hinzu, wer alles weinen darf, und warum.

Nachdem wir uns dann leer geweint und uns fertigerzählt haben wie schlecht es uns geht und wie sehr unsere Köpfe und Hälse schmerzen, beruhigen wir uns oder wir streiten dann noch und du verstehst mich nicht und ich dich nicht und will gehen und dich nie wieder sehen und du mich auch nicht und jeder von uns fragt sich wieso wir überhaupt befreundet sind. Weil du bist wieder so unermüdlich querköpfig und arrogant und ich bin wieder so pedantisch verständnislos.



Aber dann frage ich dich, wie es nun mit der Pflaume auf dem Tisch weiterging, was du gut findest. Und wir lästern über die Person, die dir so blöd die Pflaume hinlegte. Und ein bisschen kann ich die Person verstehen, aber das verschweige ich lieber, weil dein Kopf sonst wieder so rot wird und dein Hals so dick.

Dann lästern wir so lange, bis wir lachen und dann lachen wir immer mehr, bis wir über alles lachen. Und vor lauter lachen vergessen wir, das unsere Köpfe doch schmerzen und dass wir müde und marode sind. Aber wir lachen und tanzen wild durch die Küche, wie zwei Kranke, komplett Irre.

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