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Mein Song des Jahrzehnts: die Redaktion hört die Nullerjahre

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Am Ende bleibt die Musik. Wenn wir uns fragen, woran wir uns erinnern zum Abschluß dieses Nullerjahre genannten Jahrzehnts werden Melodien und Songschnipsel auftauchen, die bedeutsam waren und wie Klebstoff wirken für Erinnerung. Sie halten fest, was wir fest halten wollen. Deshalb werden wir ab 14. Dezember den besten Song des Jahrzehnts wählen lassen - und zwar für jedes Jahr einen. Die Sieger treten dann in einer finalen Abstimmung gegeneinander an. Für die Auswahl der Lieblingsmusik des jetzt-Kosmos brauchen wir deine Hilfe: Verrate uns, welcher Song für dich besonders bedeutsam war? Schreib Titel und Interpret in die Kommentare unter den Text. Wir sortieren die Vorschläge nach Erscheinungsjahr und lassen am Montag, 14. Dezember darüber abstimmen. Zur Inspiration hier die Lieblingssongs der jetzt.de-Redaktion: The Postal Service: Such Great Heights (2003) Einen einzigen Song für ein ganzes Jahrzehnt auszuwählen geht natürlich gar nicht. Das ist genauso, als müsste ich das beste Kleidungsstück meines Lebens benennen. Also denke ich bei dieser Aufgabenstellung eher an ein Lied, das die Stimmung der Nullerjahre besonders gut wiedergibt und lande bei „Such Great Heights“ von Postal Service. Da steckt wirklich viel drin: Die Verwischung von klaren Genregrenzen wie Elektro oder Indiepop, die Cover-und-Remix-Manie (der Song wurde seit 2003 offiziell 16 mal gecovert), die perlweiße Apple-Ästhetik im Video, die Webverbindung (war ewig bei last.fm unter den Top-5-Songs), das Neu-Amerikanische (war auch im Trailer zum Film „Garden State“ zu hören). Davon abgesehen ist es eines der vielleicht zehn Lieder, an denen ich keine Abnutzungserscheinungen bemerke, eines, bei dem ich auch im 4377. Durchlauf noch akutes Bauchflattern bekomme, vor lauter zeitgenössischer Schönheit. Original:

Lieblingscoverversion 1 (mit lustigem Ende):

Lieblings-YouTube-Version:

max-scharnigg Auf der nächsten Seite: Die Debatte vor dem Band-Plakat


The Whitest Boy Alive Done With You (2006) September 2006 nach einem „The Whitest Boy Alive“-Konzert: Typ: „Hey, klaust du etwa das Plakat?“ Ich: „Ja, und? Was dagegen?“ Typ: „Nö. Soll ich was draufmalen?“ Ich: „Geht’s noch? Meinst du ich will da dein Geschmier drauf haben?“ Typ: „Ich dachte ja nur du hättest vielleicht gerne ein Autogramm.“ Ich: „Von dir? Nein danke.“ Der Typ war der Drummer der Band und hat mir verziehen. Seitdem hab ich ein bemaltes und signiertes Plakat in der Wohnung hängen und auf meinem iPod ist trotz ständig wechselnder Playlist „Done with you“ immer dabei.

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katharina-bitzl Ein Song, nein, ein ganzes Album, das aus der Zeit gefallen ist. Vorgestellt von Christina Waechter, auf der nächsten Seite.


Solomon Burke: "Don't Give Up On Me" (2002) Geschrieben wurde der Song von dem legendären Soul-Songwriter allererster Garde Dan Penn ("At The Dark End Of The Streets", "A Woman Left Lonely", "Do Right Woman, Do Right Man"), der zusammen mit Rick Hall Muscle Shoals in Alabama zu einem der wichtigsten Orte auf der musikalischen Landkarte machte. Solomon Burke hatte 2002 schon einiges hinter sich. Seine Erfolge aus den 1960er Jahren lagen lange hinter ihm, er hatte in der Zwischenzeit mal mehr- mal weniger erfolgreiche Comebackversuche hinter sich gebracht und sich hauptsächlich auf andere Dinge konzentriert, insgesamt 21 Kinder gezeugt, und eine Kette von Bestattungsinstituten gegründet. Als er 2002 bei dem kleinen Südstaaten-Label "Fat Possum" das Album aufnahm, schickte sein Produzent (und Madonna-Schwager) Joe Henry Songwritern der allerersten Garde, wie Tom Waits, Bob Dylan und Elvis Costello, Anfragen für Songs zu. Die setzten sich auch prompt an den Schreibtisch schrieben dem Bischof Songs auf den großen Leib. Herausgekommen ist ein großartiges Album, das ich selbst erst zwei Jahre später entdeckt habe und seitdem eigentlich mindestens alle zwei Wochen anhöre. Ich glaube, ich mag das Album auch deshalb so wahnsinnig gerne, weil es klingt, als sei es aus der Zeit gefallen. Tatsächlich ist es in nur vier Tagen unter Live-Bedingungen aufgenommen worden. Weil man schon viel mit moderner Technik machen kann. Aber viel eben auch nicht.

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christina-waechter Wie ein Song das Leben einer Gitarrenschülerin verändert: auf der nächsten Seite.


The White Stripes: Seven Nation Army (2003) Ich war 13 und eine brave Gitarren-Musikschülerin, bis „Seven Nation Army“ erschien. Fortan übte ich statt des Vals No. 3 von Jaime Zenamon den Basslauf von Jack White. Überhaupt wurde mir erst durch diesen Song klar, wie wichtig der Bassist für eine Band ist! Ich beschloss, statt klassischer Gitarre nun E-Bass zu lernen und überredete unsere Klassenband dazu, „Seven Nation Army“ beim Konzert im Rahmen des Mittelstufen-Karnevalsballs als erstes und als letztes Lied zu spielen. Die verkleidete Menge hüpfte und sprang völlig ekstatisch, nur ich nicht, weil der blöde Bass so schwer war. Deshalb gab ich das Bassistinnendasein auch recht schnell wieder auf. Trotzdem: „Seven Nation Army“ ist für mich der Basslauf des Jahrzehnts.

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eva-schulz Auf der nächsten Seite: Ein Song, der dafür sorgte, dass Philipp Mattheis plötzlich am Bildschirm klebt.


The Streets: Has it Come to This (2002) 2002 hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben das diffuse Gefühl, alt zu sein. Die Musik, die – damals noch auf MTV – lief, langweilte mich. Lieber wollte ich alte Sachen hören, die ich schon vor fünf Jahren gut gefunden hatte. Alles, was aktuell war, langweilte mich, irgendwie fehlte der Kick, die Faszination, die Musik früher auf mich ausgeübt hatte. Und dann lief „Has it come to this“. Ich klebte  plötzlich am Bildschirm: Was war das? Wer macht solche Musik? Warum heißt die Band so komisch? Dieser Sound war energetisch, authentisch, witzig und hart und kam dabei ohne ein Pseudo-Gangster-Image aus. Mit den nachfolgenden Platten erreichte Mike Skinner leider nie wieder diese Wirkung. Auch wenn das nachfolgende „A Grand Don’t Come for Free“ ein großartiges Album ist, fehlt ihm die mitreißende Kraft des Vorgängers.

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philipp-mattheis Auf der nächsten Seite: ein Song als Rätsel


The Shins: New Slang (2001) Wenn ich aus dem Lieblingsliedersumpf der letzten zehn Jahre eines herausfischen kann, ist das New Slang von den Shins. Dabei ist das Lied für mich kein sagenhafter Ohrwurm, kein Soundtrack eines wunderschönen Sommers und auch keine Ballade, die einen zu Tränen rührt. Für mich ist New Slang einfach nur rätselhaft - einer von diesen Songs, die man einfach in keine Schublade kriegt. Dabei habe ich ernsthaft versucht, New Slang irgendwo einzuordnen: eine ganze Woche lang habe ich mir über die kryptischen Lyrics den Kopf zerbrochen. Wie genau tanzt man wie der „King of the Eyesores?“ Vielleicht wollte sich der Autor von „New Slang“ ja einfach nur einen Spaß machen. Ich jedenfalls habe es aufgegeben, sein Lied verstehen zu wollen. Und ich glaube, das ist das auch genau der Grund, warum ich es heute immer noch gerne höre.

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Ricardo Villalobos: Dexter (2003) Es ist das bezaubernd abenteuerlustige Mädchen unter den Technobrettern, das einen sonntagmorgens nach der Party noch überredet auf das alte Fabrikdach zu klettern. Oben angekommen trinkt man mit ihm das letzte Bier und redet schwelgerisch über den vergangenen Sommer. Man fühlt sich wie in einem Film und schmeisst vor lauter Romantik auch noch seine Schuhe in den Himmel. Dann schläft man Schulter an Schulter ein, um von seltsam aufregenden blauen Geisterschlössern zu träumen.

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mercedes-lauenstein Der Songs des Jahrzehnts muss ein Krisen-Song sein - der Beweis folgt auf der nächsten Seite.


The Notwist: Consequence (2003) Ein Lied für ein ganzes Jahrzehnt? Eines, das vom 11. September bis zur Obama-Wahl reicht, eines, das mich auch noch an diese so genannten Nullerjahre erinnert, wenn wir schon von 10ern lesen? Ich glaube, dieses Lied muss vom Scheitern handeln, es muss mutig sein und entschlossen und es muss die Kraft eines einfachen Slogans haben. Das Lied des Jahrzehnts ist für mich "Consequence" von The Notwist. Wie besser bringt man diese Nullerjahre auf den Punkt als in dem Satz: "Fail with consequence, lose with eloquence and smile."?

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dirk-vongehlen

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