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Die Elektronische. Heute mit Matias Aguayo, Fuckpony, Boys Noize, Modeselektor etc.

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Matias Aguayo - Ay Ay Ay

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wie soll man schlüssig erklären, was der Produzent, Kosmopolit, Straßenmusiker und Vokalkünstler Matias Aguayo hier fabriziert? Ich glaube, die Schublade „Latino Techno-Beatboxing“ als Unterart einer „Vokalen Tanzmusik“ trifft es noch am besten. Denn: Hauptsächlich mit Hilfe seiner Stimme (die auf bis zu 60 Vokal-Spuren geschichtet wird) erschafft Aguayo auf diesem Album ein Universum an organischen Beats, südamerikanischen Rhythmen, polyphonem Sprechgesang und gesummten Riffs. Das klingt wie eine ziemlich große A-Capella-Band, die einen Techno-Club zu bespaßen versucht, und vor allem: extrem geil. Tracks wie der Opener „Menta Latte“ fangen die Energie der von Aguayo geschmissenen BoomBox-Happenings ein, die in südamerikanischen Goßstädten Elektro-Set mit Straßenparty vereinen. Den Titeltrack „Ay Ay Ay“ sollten sich Chorknaben wie die Wise Guys zur Horizonterweiterung mal genau anhören. Und „Rollaskate“ ist ein klebriger Ohrwurm mit Pop-Appeal - das kann er also auch. „Elektronisch“ ist dieses Album per definitionem schonmal gar nicht, und trotzdem gehört es genau in diese Kolumne. Großartig. „Rollaskate“:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Fuckpony - Let The Love Flow

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Hochinteressantes Album von einem Freak mit zweifelhaftem Namen, aber ehrbaren Intentionen: Jay Haze, der Mann hinter Fuckpony, verschenkt auf seiner Homepage seine eigenwilligen Produktionen jenseits aller Kategorien. Das aktuelle Album: Vielseitiger Elektro von okay bis super. „I'm burning“ ist großes Elektro-Songwriting, das Feature von Chela Simone („I know it happened“) ein Traum in Beats, wohingegen „Real Love is forever“ viel zu sehr Hymne sein will, um erträglich zu bleiben. Dafür trägt „Orgasms on the dancefloor Saturday night“ seinen Namen nicht ganz zu Unrecht. Selten so elegant ein Piano in einen Tanztrack eingebunden gehört! Die ganze Platte bleibt eine organische Mischung aus „echten“ Instrumenten (Piano, Bass, mal ein getrommeltes Schlagzeug) und eloquenten Sound-Experimenten. In meinen Augen äußerst angenehm und empfehlenswert. Jay Haze über sich und die Musik:


Deadmau5 - For lack of a better name

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der Mann mit dem Mausekopf präsentiert diesen Monat sein neues „compilaton album“, welches seine aktuelle Live-Show widerspiegeln soll. Erinnern wir uns kurz zurück an 2008, als Deadmau5 über Monate mehrere Plätze in den gradmessenden Beatport Top 10 belegte. Die Ansprüche, zumindest kommerzieller Natur, sind also hoch. Der Anfang schockt mich jedoch nicht: Herkömmlicher, hektischer Electro-House, der notorische MC Flipside mit dabei - Minuspunkt. Danach ein grottiges Remake des tollen Songs „Ghost'n'Stuff“: immer noch die geile Hammond-Orgel, aber irgendeine schwache Stimme, die von Liebe singt. Das kann es nicht sein. Dann jedoch wird die Platte doch noch gut: „Word problems“ ist so etwas wie der inoffizielle Titeltrack und ein typischer, etwas hyperaktiver Tech-Kracher, gefolgt von „Soma“, einem klirrenden Stück Action, das nur von einem etwas bemühten Piano-Interlude gebremst wird. „16th Word“ dagegen ist ein simpler, aber ungemein effektiver Monster-Track. Durchzogen von zur Zeit modernen synkopisierten Beats, Geklicker und Geklacker nach minimalen Paradigmen, soliden Spannungsbögen und routinierter Produktion ist „For lack of a better name“ ein im besten Sinne des Wortes solides Release. Und so punktgenau auf die zur Zeit dominierenden Geschmäcker eingetaktet, dass die Beatport-Charts jetzt schonmal Platz schaffen können. Eine Schaffensprobe von der imposanten Welt-Tournee:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Boys Noize - Power

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Eine der prominentesten Figuren der deutschen Elektro-Szene veröffentlichte dieser Tage ihr mit Spannung erwartetes zweites Album namens „Power“. Völlig zu Recht kam Alex Ridha aka Boys Noize auch kürzlich zu Essential-Mix-Ehren. Schließlich hat er die letzten Jahre seines Genres entscheidend mitgeprägt. Nun aber beginnt er, den gewonnenen Respekt zu verspielen. Warum? Weil die Songs seines neuen Albums teilweise aus genau 1,5 Ideen bestehen, die zwar manchmal ganz geil sind, am Schluss aber zu hektisch verpuffen (bestes Beispiel: „Drummer“). Die konsequent zu arge Produktion verträgt sich einfach nicht mit ruhigeren Songkonzepten - „Heart attack“ ist ein gutes, weil auf ganzer Linie gescheitertes Beispiel. So wie man keinen Tabasco an Süßspeisen rührt, sollte man keine aggressiven Sounds in Mid-Tempo-Songs verbraten. „Jeffer“ hingegen ist ein Lichtblick, nämlich Boys Noize vom Allerfeinsten. Selten überzeugt ein Song dermaßen mit ergreifender Harmonie und sinnvoll gebändigter Fiepserei, treibt knapp vier Minuten lang nach ganz vorne. Ähnlich wie „Nerve“ oder „Rozz Box“, die man fast schon subtil nennen könnte, wäre nicht der nervöse Finger des Produzenten, der die Regler konsequent warm hält. Lärmig drängeln sich selbst für meine desensibilisierten Ohren „Kontact me“ oder „Trooper“ ins Abseits, beides verzerrte Orgien mit Frequenzen jenseits des Akzeptablen, keiner erkennbaren Linie und viel sinnloser Wut. Insgesamt also ein Album mit Höhen und Tiefen, im wahrsten Sinne des Wortes, denn Alex R. pusht seine Beats und Sounds gegen alle sonst üblichen Klang-Grenzen. Mutig könnte man das nennen, wenn das Ergebnis schlüssiger wäre. So bleibt der Eindruck eigensinniger Effekthascherei. Der beste Song „Jeffer“:


Modeselektor - Art & Cash Neue Single von Berlins elektronischen Lieblingen. Einfach mal anschauen und ganz geil finden, würde ich vorschlagen!

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Moonbootica - Save the Night

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein Mix-Doppel-Album von den omnipräsenten Hamburgern, die sich offiziell der Mission „Rettet die Nacht“ verschrieben haben. Bei ihren zahlreichen Gigs operieren sie mit Hilfe energetischer Disco-Hits von smart bis hart, auf die sowohl Indie-Kids als auch Techno-Dancer klar kommen, je nach fortgeschrittener Stunde. So sind auch die beiden CDs aufgebaut: Die erste geht klar auf die Tanzfläche, wo zur Zeit ohrenscheinlich die Hektik regiert. Mir sind die Sounds wieder einmal zu grell, aber den jungen Leuten wird's sicher genehm sein. Einzig „Captain Funk“ von Stereofunk sticht hier wohltuend eingängig und gar nicht überhastet heraus. Der zweite Teil des Releases ist dafür umso entspannter, führt vom Tanzfimmel direkt in die akustische Badewanne und wird spätestens zur ruhigen Weihnachtszeit viel Freude machen können. Abschließend bleibt noch zu bemerken, dass die Hand voll (neuer) Eigenproduktionen und Remixe zwar intelligent und schlüssig über die Sampler verteilt, jedoch nicht das Nonplusultra sind. Hier kann man den unveröffentlichten Track „I got to have it“ bekommen. Das durchaus programmatische Video zur Mission „Save the night“:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Claude VonStroke - Bird brain

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein grandioses Bootsy-Collins-Feature schon bei Track Zwei („The greasy beasy“), davor ein netter Opener mit Schiffshorn („Monster Island“, klingt wie „The Whistler“) - und dann geht Claudes neues Album erst richtig los. Bei „Vocal Chords“ wird eine billige Vocoder-Idee so lange durch den Wolf gedreht, bis Daft Punk einpacken können, „Aundy“ ist schöner Chill-Out, „Storm on Lake St Claire“ kann mit den besten aktuellen Tech-House-Produktionen mithalten. Der Amerikaner VonStroke liefert nach „Beware of the Bird“ wieder einen gefiederten Longplayer ab, der einerseits einige potenzielle Hits, andererseits mehr als genug Eigensinn hat, um am überlaufenen Tanzmusik-Markt zu bestehen. „Monster Island“ im Standbild:


Solomun - Dance Baby Dieser Hamburger DJ und Produzent wurde mir so oft ans Herz gelegt, ich hatte schon Druck auf der Brust. Mit „Dance Baby“ stellt er jetzt einen Longplayer vor, der erstaunlich homogen für ein Elektro-Album ist - und ihm einen Platz in meiner Nähe sichert. Gegen Anfang dominiert zwar noch ein neckischer Funk, im Laufe der elf Tracks setzt sich dann jedoch der typisch deutsche Minimalismus durch - garniert mit wohlgesetzten Sound-Sprenkeln. Ausreißer nach oben oder unten sind dabei quasi nicht festzustellen. Bei „After rain comes sun“ verfehlt Solomun zwar knapp das Ziel einer emotionalen Techno-Hymne, „Deep Circus“ ist dafür zeitgemäße Tanzmusik par excellence. Ruhig, unaufgeregt, aber voller hintergründiger Energie. Überhaupt scheint Solomun ein entspannter Zeitgenosse zu sein. Kein Track schreit nach Aufmerksamkeit oder Charts, wie es so viele aktuelle Produktionen tun, und deswegen kann ich nebenher wunderbar mit Mama telefonieren, ohne dass sie mich bittet, die elektrische Zahnbürste auszustellen. Irgendwann lege ich auf, höre wieder genau hin und freue mich, dass es solche Musik gibt. Das housige „Cloud dancer“ feat. Ole Soul:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Romuald Karmakar - Villalobos Zum Schluss möchte ich noch hinweisen auf eine sehr gute Dokumentation aus dem Clubkultur-Umfeld: „Villalobos“ von Romuald Karmakar. Mit einem selbsterklärenden Titel und einem erfrischend spröden Trailer ausgestattet, demnächst in den Programmkinos.

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