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„Wir sind keine Berlin-Hasser“

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Fabian Kournettas, 22, und Tobias Heumann, 21, riefen vor einigen Wochen das Blog www.sonotberlin.com ins Leben. Darin geben die beiden Münchner täglich Ausgehtipps. Auch, wenn der Name nach einem Minderwertigkeitskomplex klingt – die Club- und Barszene der Stadt ist, so sagen zumindest die beiden, wesentlich besser als ihr Ruf. jetzt.muenchen: Euer Blog trägt den Titel „So not Berlin“. Warum denn das? Tobias: Wir standen vor ein paar Wochen auf einer Modenschau im Horses Cars&Stars, dieser Abriss-Bar im ehemaligen Brick in der Schellingstraße. Die Leute waren alle sehr schick, allerdings war die Küche ziemlich verranzt. Fabian: Und dann sagte einer dieser Modeleute die ganze Zeit: „Das ist so Berlin, das ist so Berlin“. Wir fanden das so skurril, dass daraus der Name „So not Berlin“ entstand. Das war vor sechs Wochen. Auf Facebook habt ihr bereits über 1000 Fans. Tobias: Wir sind wirklich überrascht von der Resonanz. Natürlich ist es nur Facebook, aber trotzdem toll. Ich wurde auch schon ein paar Mal von Wildfremden angesprochen von wegen „Ach, du bist das!“ Fabian: Manche regen sich natürlich auch auf und schreiben dann Sachen wie „Eh, Berlin ist viel geiler“. Tobias: Die haben es nicht kapiert. Wir haben keinen Berlin-Hass. Nerven diese ständigen Abgrenzungsversuche und Städtevergleiche nicht? Tobias: Natürlich. Es gibt ja wahnsinnig viele Münchner, die sich beschweren, von wegen „Hier geht ja nichts“. Aber es ändert niemand etwas! Fabian: Rumjammern und nichts tun, ist blöd. Wenn man etwas verändern will, muss man es selbst machen. Fehlt es der Stadt an Selbstbewusstsein? Fabian: Die Stadt ist sehr selbstbewusst, wenn es um Bier und den FC Bayern München geht. Tobias: Nur halt nicht, was das Partymachen betrifft. Warum, glaubt ihr, ist das so? Fabian: Berlin hat Möglichkeiten, die man hier nicht hat. Tobias: Es ist eben alles ein bisschen spontaner. Fabian: Teilweise wird aber Schrott gelobt, bloß weil er aus Berlin kommt. Tobias: Wer hier etwas auf die Beine stellt, muss es zu Ende denken. Dafür ist die Qualität dann oft höher.

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Illustration: Julia Schubert

Was fehlt München? Tobias: Mir geht nichts ab. Aber manchmal könnte ein bisschen mehr Leben in der Stadt sein. Es geht ja nicht nur um’s Nachtleben. Mich würde es freuen, wenn die Leute mehr machen und selbst das Ruder in die Hand nehmen. Fabian: Ich habe den Eindruck, dass die Leute manchmal etwas träge sind. In Berlin macht halt jeder irgendwas. Liegt das nicht vor allem an den hohen Preisen? Tobias: Klar, aber dafür ist eben auch kein Thrash dabei. Wenn etwas läuft, dann steckt da auch etwas dahinter. Deswegen sind die wenigen Läden auch immer so voll. Fabian: Ein Punkt ist, dass es hier kaum Platz gibt. In Berlin veranstalten halt manche Partys im Vorraum von der Sparkasse. Hier kommt natürlich sofort die Polizei. Habt ihr den Eindruck, dass kreative Freiräume und öffentliches Leben seitens der Stadtverwaltung verhindert werden? Zum Beispiel darf man ja seit kurzem nicht mehr auf den Stufen des Gärtnerplatztheaters sitzen. Tobias: In Berlin gibt es keine Sperrstunde, das macht schon ein bisschen etwas aus. Fabian: Ich verstehe das ehrlich gesagt mit dem Theater. Aber der Hype um den Gärtnerplatz wird sich auch wieder legen. Das Glockenbach war jahrelang das In-Viertel, nun verlagert sich das. Die Mieten kann sich dort eh niemand mehr leisten. Tobias: Das ist gerade ganz interessant. Die guten Läden verstreuen sich immer mehr, so wie hier das „Fortuna“ in Haidhausen, die „Rakete“ oder das „Nage und Sauge“ im Lehel. Und auch in der Maxvorstadt ist immer mehr los. Trotzdem könnte ein Laden wie das Berghain wohl kaum in München stehen. . . Fabian: Ich will das Berghain hier auch gar nicht haben. Tobias: Damit vergleicht man Äpfel mit Birnen. Die Liga könnte auch nicht in Berlin stehen. Fabian: Was nervt, ist doch, wenn irgendwelche Leute über München lästern, obwohl sie noch nie hier waren. Ich lästere doch auch nicht über Bielefeld, wenn ich die Stadt nicht kenne. Woher, glaubt ihr, kommt diese München-Abneigung? Fabian: Ich glaube, viel vom Fußball. Tobias: Es ist dieses FC-Hollywood-Klischee. Vielleicht ist es auch Neid oder tatsächliche Abneigung. Ich weiß es nicht. Ist die Schickeria ein Klischee? Fabian: In Hamburg gibt es ganz genauso eine Schickeria und in Berlin erst recht. Aber vielleicht lassen die Münchner das ein bisschen mehr raushängen. Von München hört man halt, Oliver Kahn habe besoffen mit irgendeiner rumgeknutscht. Die Clubszene der Stadt aber wird kaum wahrgenommen. Dabei ist sie sehr vielfältig.

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