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Die Elektro-Nische. Heute mit Nathan Fake und Kiki und Moby

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Umek - Heat Mode Gleich zu Beginn reiche ich einen Aperitif von Slowene Umek, der in regelmäßigen Intervallen modernen Techno vom allerfeinsten produziert. „Heat Mode“ ist in bestem Sinn hart, kompromisslos und schnell. Seine Myspace-Seite sollte man also grundsätzlich im Blick haben.

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Nathan Fake - Hard Islands

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Nathan Fake ist ein für die musikalische Sozialisation des Autors nicht unwichtiger Name. Sein Monstertrack

ist ein moderner Klassiker und verantwortlich für einige Sternstunden unter Gänsehaut, der Rest des Werkes bis heute fällt kaum dagegen ab. „Hard Islands“ ist ein Mini-Album mit sechs Tracks, denen eine sehr dichte Produktion zu Eigen ist, ganz wie man es von Fake gewöhnt ist. Ansonsten jedoch macht es Nathan uns nicht ganz so einfach: Die sechs Songs brauchen ihre Zeit, bis man immer mehr Nuancen heraushört, die Spaß machen. „The Turtle“ ist vielleicht am zugänglichsten, lässt durchblicken, warum man sich auf diese Mini-LP so gefreut hat, verblüfft jedoch immer wieder durch unkonventionelle Rhythmus-Sprünge. „Castle Rising“ treibt beim vierten Hören deutlich mehr als andere Songs beim ersten, was Hoffnung macht. Insgesamt ein schöner Release, der den Verdacht aufkommen lässt, dass hier ein großer Künstler im Umbruch begriffen ist. Es braucht also, wie so oft, vielleicht nur ein wenig Geduld. The Turtle (mit süßen Fotos von Wuschelkopf NF):

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Collison Course - The Best Of Luscious Sounds Eher so aus der funkigen Etage kommt dieser Sampler von Azzido da Bass, dessen Megahit „Dooms Night“ jedem zweiten Menschen auf diesem Planeten bekannt vorkommen müsste. Für diesen Release hat selbiger das Beste seines Labels „Luscious Sounds“ zusammengepuzzelt, und dabei mit Malente, Play Paul und Booka Shade einige (vornehmlich deutsche) Prominenz auffahren können. Mit verspielten, oft etwas überproduzierten, aber immer schwingenden Tracks kriegt man mich gerne, wenn ich solche Mucke auch schnell etwas anstrengend finde. Highlights sind ganz klar die Nummern des Chefs persönlich, wie zum Beispiel die Kollaboration mit Digitalism bei „Stroblightz“. Oder eben die Zusammenarbeit mit Booka Shade, die am subtilsten von allen Tracks zu gefallen weiß:

Dazu gleich noch Malente mit seinem neuen Track „Music Forever“, einer recht spritzigen Geschichte:

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Kiki - Kaiku

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Zu einem meiner absoluten Lieblingslabels hat sich das hier frequent vertretene BPitch Control (Stichwort: Berlin, Ellen Allien, Moderat, Paul Kalkbrenner ) gemausert. Wieso denn bloß? Ganz einfach: Weil selbst beste Veröffentlichungen in diesem Kontext gar nichts mehr besonderes mehr sind. Und das meine ich, man kann es erraten, dezidiert positiv. Kiki ist so ein typisches, alltäglich-außergewöhnliches Beispiel inklusive aller BPC-Assets, die da wären: Lupenreine, tiefe Produktion mit klanglichem Mehrwert, da viele Sounds noch wochenlang durch den Kopf schwirren. Wunderschöne Songideen, die typisch technoide Tracklängen um die sechs, sieben Minuten füllen als wäre dieser Zeitabschnitt eine evolutionäre Determinante. Rhythmen und Klicks und Klacks und alles, was bewegt. Wie diese eingestreuten Vocals jenseits von Eden, wie diese lustvolle Repetition aufmerksamkeitsstarker Einfälle. Konkreter? „Immortal“ feat. Pirica könnte Steine erweichen, „Living on FFWD“ ist ruckzuck zu einer meiner Hymnen geworden, „Autumn leaves“ verdient einen Preis für die subtilste Anmache zum Tanzen ever. Doch genug der Schwärmerei. Es ist ja gar nichts besonderes. Es ist vielleicht nur wieder mal das beste Album diesen Monat. „Mogadishu“:

Interview mit dem Kiki:

P.S. BPitch Control feiert am 8.8. in Berghain und Panorama Bar Geburtstag mit allen Helden. Und Kiki. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Fever Ray - Triangle Walks Eine Schwedin macht elektronisch verspulten Mela-Pop - kann passieren. Es ist ihr drittes Album, und ich kenne sie nur indirekt von "The Knife", worauf man mich hinweisen musste - das ist soweit noch kein Scoop. „Elektroakustik“ nennt sie ihre Musik oxymoronisch - auch das zieht keinen Hipster unter dem Sonnenschirm hervor. Und jetzt hört und schaut einfach mal:

Triangle Walks from Fever Ray on Vimeo. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ The Crystal Method - Divided by the night

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Fast durch die Lappen gegangen wäre mir das neue Album einer der ganz großen Electronica-Bands der 90er: The Crystal Method. Und irgendwie ist das ja auch immer kritisch, wenn schon etwas älter gewordene Männer noch richtig duften Sound machen wollen. Egal ob das „die Stones“ oder The Prodigy sind. Demenstprechend oszilliert auch der Opener „Divided by the night“ zwischen knackigem Beat und etwas überkommener Vocoder-Stimme, schönen Klängen und albernen Fiepsern. Der Songtitel „Dirty thirty“ dürfte eine selbstironische Untertreibung der Altersklasse sein, in der sich Ken Jordan und Scott Kirkland inzwischen befinden, 16 Jahre nach der Gründung des erfolgreichsten amerikanischen Elektronik-Projektes. So sehen sie und ihr Artwork auch aus (siehe oben bzw. unten). Schon immer aber verstanden die zwei Amerikaner es, diverse Stile authentisch (z.B. Ragga/Dub in „Drown in the Now“) mit ihrem eigenen Sound zu vermischen. Also klingt die Platte insgesamt absolut okay und integriert Peter Hook, den Bassisten von New Order genauso gekonnt in sich wie die anderen 673 Gäste. Trotzdem wird man den Eindruck nicht los, dass hier mit der jungen Masse an Fans geliebäugelt wird, die man für eine weitere Dekade Karriere und satte DJ-Buchungen braucht. Der Track zusammen mit Justin Warfield ist daneben, der mit den Freaks von LMFAO bleibt ein netter Versuch, „Come back clean“ mit stimmlicher Unterstützung von Emily Haines dagegen klingt gleich doppelt so inspiriert. Licht und Schatten also. Ein Interview zu den einzelnen Songs mit ein wenig Musik:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Bloc Party - Intimacy Remixed

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein Experiment: Ein Remix-Album hören, dessen Originale mir nicht mehr wirklich im Ohr sind. Und nicht cheaten und nachhören. Im vorliegenden Falle ist das machbar, da Kele Okerekes Stimme so unvergesslich ist wie sein Name, und selbst schärfste Verfremdung ihr nicht den Boden unter den Füßen entziehen kann. Wie aber dann remixen? Hervé macht es konsequent und haut kraftvoll auf die Electro-House-Glocke, wie man es nicht anders von ihm gewöhnt ist. Und zack, „Mercury“ wird ein anderer Song, ohne seine Seele auf dem Weg zu verlieren. Ähnliches geschieht bei Filthy Dukes Version von „One month off“. So macht das Sinn. „Trojan House“ hingegen wartet mit hyperaktivem, aber gutem Drum´n´Bass-Beat (John B) auf und übersetzt genug vom Original bei grundsätzlicher Totalüberholung, so dass man auch hier von einem guten Remix sprechen kann. „Your visits are getting shorter“ funktioniert auch, andere Beispiele wie „Better than Heaven“ nicht, weil zu viel Produktion, zu wenig Idee. Armand van Helden verhunzt „Signs“ total, Mogwai macht „Biko“ auf keinen Fall besser. Insgesamt gelungen, wenn auch für meine Ohren oft zu hektisch, klingt „Intimacy Remixed eigentlich logisch. Denn dasselbe habe ich vom Original erzählt. Experiment gelungen, Patient lebt weiter. Super Video von „Ares“ im Villains Remix, hauptsächlich Fan-induzierte Handy-Aufnahmen diverser Konzerten:

Auf der nächsten Seite: Gehört Moby noch in die Elektro-Nische?


Moby - Wait for me / Pale Horses remixes

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Neues Album von Moby. Hmhm, soso. Gehört das noch in die Elektro-Nische? Ich denke schon, so lange es ein solch klar zu kategorisierendes Lounge / Easy Listening-Opus ist wie „Wait for me“. Da wird musikalisch meistens eine ganz lockere Kugel geschoben, zum Beispiel einfach mal Gitarre und Streicher mit einem solch leichtfüßgen Beat unterlegt, dass man sich direkt im Café del Mar wähnt („Isolate“). Oder eine kundige Gastsängerin dazu angehalten, Liedzeilen wie „...all my family died...“ zu singen, während im Hintergrund ein Satz Violinen abjammert, ein Beat kaum wahrnehmbar vorbeihuscht, grundständig schöne Harmonien in ihrer ganzen Breite ausgelebt werden („Pale Horses“). So bekommt man zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit einen neuen Soundtrack für die laue Sommernacht zu zweit. Aber keine neuen Erkenntnisse, was elektronisch strukturierte Popmusik angeht. Scheint auch manchmal das große Talent Mobys zu großen Songs durch, verhallt doch alles etwas im Zwielicht geradezu selbstverleugnerisch dezenter Stilisierung. Nun gut, nach all den Erfolgen wollte Moby nach eigener Aussage etwas künstlerisch unabhängiges produzieren, das wieder mehr er selbst ist. Deswegen ist das alles vermutlich, ich zitiere, „ruhiger, melodischer, schwermütiger und persönlicher“ als seine letzten Alben. Damit bestätigt sich, was ich schon immer wusste: Moby ist ein Weichei, aber seine Musik ist trotzdem okay. Inspiriert zu dieser überraschen Haltung hat ihn übrigens David Lynch, der auch folgendes Video zum sehr guten Song „Shot in the back of the head“ gemacht hat: Großartig, das sei noch hinterhergeschoben, sind die Remixe von „Pale Horses“, vertreten auf der Vinyl-Version. Hier der im Namen seiner Majestät Gui Boratto (a.k.a. GOD):

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Paul van Dyk - Volume

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der meistbeschäftigte, bestorganisierte DJ und Producer der Welt bringt also sein wohlverdientes „Best Of“-Album raus. Und ich mache mich wahrscheinlich wenig unbeliebt, wenn ich schreibe: Hatte ich noch nie einen Bezug zu, werde auch keinen bekommen. Habe mehrmals versucht, das durchgemixte Album durchzuhören, bin mehrmals gescheitert. Solche Musik nicht zu mögen, ist wie die CSU abzulehnen. Einfach, vielleicht zu einfach, aber nichtsdestoweniger richtig. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen hat PvD, wie ihn Freunde abkürzen, hier seinen Platz verdient. Wer im Auftrag des Trance jedes Jahr 371 mal die Welt umrundet (also nach Flugkilometern abgerechnet), jeden Tag mindestens drei Gigs pro Stunde und dabei vier Stücke die Minute abreißt, ohne komplett irre oder wie Papa Sven zum Stammgast im Entgiftungs-Ashram zu werden, kriegt Kudos und den Zeugnis-Klassiker: Er hat sich bemüht. Bis an die Spitze aller erdenklichen DJ-Charts, wo sein Name stolz prangt bis in alle Ewigkeiten. Und auf dem Höhepunkt recyclet er „For an angel“, vielleicht der größte Hit seiner Karriere überhaupt (s.u.). Seine eher konservative Partei holt also kontinuierlich die absolute Mehrheit. Eigentlich könnte der Mann jetzt aufhören, oder?

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Marcin Czubala - Mezcalinna Wirklich richtig guter, entspannter Elektro kommt aus Polen von Marcin Czubala. Den möchte ich allen Liebhabern elaborierter elektronischer Tanzmusik ans Herz legen, weil man extrem elegant dazu abgrooven kann, um einen Ausdruck eines swingenden Musiklehrers aus meiner Schulzeit zu benutzen. Leider gibt es die Tracks nur hier online, aber das lässige Schwarz-Weiss-Video mit einem älteren Stück funktioniert durchaus als Eindruck vermittelndes Surrogat.

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Paul Brtschitsch - Me, myself an alive

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Zwei Sachen brauchen ihre Zeit: Den Namen des Künstlers fehlerfrei aussprechen und sich an diesem Album satt hören. Vorgeschichte: Seit ich letztes Jahr Anja Schneiders „Beyond the valley“ hören durfte, war ich gespannt auf das nächste Meisterstück des vom Label euphorisch als einen der „talentiertesten Produzenten auf dem Feld zeitgenössischer elektronischer Musik“ gepriesenen Brtschitsch. Mit „Me, myself and live“ legte er im Mai zwölf neue Songs vor, und wie eingangs erwähnt - so schnell werden die nicht langweilig. Einzelne Lieder zu erwähnen wäre wiederum Zeitverschwendung. Denn alle sind sie formidabel, ich mag keines herausheben, strahlen sie mich doch um die Wette an wie eine Gruppe vorbildlicher Grundschüler. Und so bleibt mir nur ein Fazit: Paul Brtschitsch spielt in der allerhöchsten Techno-Liga, macht prototypisch hervorragende Musik elektronischer Machart, die ich den ganzen Tag und Nachts hören will. So viel Zeit muss sein. Das schöne „Extend“ mit Winterbildern:

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Zum Digestif, ohne weiteren Kommentar, Dominik Eulbergs magische „Sansula“:

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