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Ramona und Stephane: Simplify your Weltbild

Text: klinsmaus
Ramona Fink hatte genug. Nach drei Litern Zitronenwasser wusste sie immer noch nicht, was gestern Abend passiert war. Sie musste nur dringend pinkeln. Und Stephane machte nicht auf. Der Sack.



Dabei klingelte Ramona jetzt schon seit fünf Minuten und zwar durchgehend. Ihr Mann war wohl schlicht und ergreifend nicht da. Ramona blieb nichts anderes übrig, als über den Zaun zu klettern und im algigen Miniteich nach dem Zweitschlüssel zu wühlen – Stephane hatte ihn bei irgendeiner Premierenfeier im Suff dort hineingeworfen. Danach hatten sie ihn nie wieder gebraucht.

Bis auf jetzt, natürlich.



Früher war Ramona gern über Zäune geklettert. Das war vorbei. Jetzt fluchte sie leise, als die Bronzezacken einen Riss in ihren Hosenanzug machten. Die Brille verlor sie erst im stinkenden Gartenteich. Egal, sie hatte den Schlüssel.



Im Haus angekommen machte sie sich einen grünen Frauentee und schleppte sich in die Badewanne. Eigentlich hatte sie heute das Manuskript fertig machen sollen, aber Ramona konnte heute ganz sicher keine Buchstaben ertragen.



Der Erscheinungstermin „Simplify your Weltbild“ würde sich wohl noch um mehrere Wochen verschieben. Das war nicht gut, ihre Lektorin rief eh schon stündlich an. Dabei wusste die noch nicht einmal, dass Ramona in den letzten anderthalb Jahren ganze sechs Seiten geschafft hatte. Niemand wusste das.



Ramona kippte sich großzügig Fichtennadelöl in die Wanne. Das roch zwar gräßlich, aber es war von Weleda, also gut. Der Frauentee schmeckte auch scheiße, eigentlich. Irgendwie war alles nichts: Sie würde es nie mehr schaffen, einen zweiten Bestseller zu schreiben.



Ihr Mann dagegen hatte seine Inspirationskrise überwunden, indem er ihr Tagebuch bzw. die versauten Stellen darin zu einem Musical verwurstete. Und seit Neuestem war die Katze nicht mehr nur renitent, sie kackte auch überall hin.



Ramona kippte den Frauentee ins Badewasser, das nun endgültig unerträglich roch. So ging das nicht. Sie stieg aus der Wanne und schlurfte in die Küche. Im Kühlschrank war schon der Veuve Cliquot für die Premiere. Eigentlich hasste Ramona die Plörre, aber jetzt galt es ein Zeichen zu setzen. Sie prostete Frau Mao zu.

Jetzt brauchte sie nur noch was zu rauchen. Stephanes filterlose Gauloise waren zwar Mist, nicht rauchen war noch schlimmer jetzt. Sie schlurfte ins sein Arbeitszimmer.



Die Zigaretten fand sie nicht, aber Stephane. Der lag auf dem Boden und war schon ziemlich grün.



Ramona kreischte.

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