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Die Elektronische. Heute mit Bodi Bill, DJ Hell, Lazarus, Freeland and many more!

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Bodi Bill

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Auch wenn jetzt einige Hipster schreien: „Kenn ich schon, is doch voll alt, hab ich auffer Dachterrasse vom Weekend (s. Bild) gesehen, schon letztes Jahr, Alta!“ Mir ganz egal. Bodi Bill könnte schon in der Phase ihrer Karriere sein, wo sie auf voll bestuhlten Festivitäten zusammen mit DJ Ötzi der Kaffeefahrt-Community einheizen, ich würde ihren Elektro mit Stimme trotzdem empfehlen, als hätten sie gerade erst den Zettel „Geile Band sucht Proberaum“ ans schwarze Brett gepinnt. Denn die drei Berliner machen so etwas wie die minimale, weniger schwüle Ausgabe von 2Raumwohnung, und hier mögen ob des Vergleichs wieder alle schreien; aber die Kombination von avantgardistischer Produktion und eingängigem Songwriting kennt man in Deutschland sonst nicht. Das Album „Next time“ stammt von 2008 (die Tour ist auch gerade vorbei, schade!) und enthält neben einer ganzen Reihe von schön geschriebenen Songs eine dermaßen intelligente, einschmeichelnde typisch Berliner Produktion, dass der herzzerreißend deutsche Akzent des Sängers sich fast schon wieder wie Kalkül ausnimmt. Setzt man hier auf die im Ausland sicherlich effektive Trumpfkarte „Techno made in Germany“? Für mich jedenfalls ist Bodi Bill die Definition des „Next Big Thing“, bald sicher auch international. Perfekter Einstieg für alle, die BB noch null kennen, ist das folgende Video, in dem gleich vier der besten Songs hintereinander dargeboten werden. Auf eben jener Terrasse vom Weekend, Alta.

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Damian Lazarus - Smoke the monster out

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich hatte ja keine Ahnung, wer dieser glatzköpfige Lazarus ist. Also hatte ich auch keine Erwartungen. Aber schon das blendende Titel-Intro „Smoke the monster out“ war ein Aperitif nach Maß, der gespannt aufhorchen ließ. Und der großartige, elegische zweite Track „Moment“ - Klavier und Beat und Mann-Frau-Dialog inklusive - wurde schlagartig zur ultimativen Aufforderung, diesem Stück Musik besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Denn solch ein Sammelsurium an eloquenten Melodien und verschrobenen Sounds, wunderbarem Gesang und eigensinnigen Einfällen, verdient ein paar Zeilen. Damian Lazarus beschäftigt verschiedene Sänger und Sängerinnen, agiert mit polyphonen Vocal-Sequenzen, verzerrt und verfremdet Stimmen und erlaubt den Songs bei aller Produktion und Programmatik doch, ihre jeweiligen Eigenleben zu entwickeln. Er traut sich etwas, riskiert Kitsch und Kommerz und steppt dabei auf der Rasierklinge zwischen diesen Polen, wie vergleichsweise es sonst nur der große Beck schafft. Die wichtigere Gemeinsamkeit: Lazarus weiß in jeder Sekunde, was er tut, während er jeden Track geschickt so klingen lässt, als hätte er einfach nur drauflos musiziert. So zum Beispiel als mitten in „Diamond In The Dark“, einer Flanger-Gitarren Ballade, eine Text-to-Voice Stimme anfängt zu pöbeln und die Stimmung zu kippen droht. Dann aber setzt der Song wieder ein, mit einem Akkordeon heimeliger anmutend als je zuvor. Wahnsinn (so wie seine Podcasts). „Neverending“ wiederum klingt fast ein wenig nach Boyband-Bonustrack. Doch keine Angst, Lazarus weiß virtuos mit Erwartungen zu spielen, selbstironisch zu biegen und zu brechen, was unsere Hörgewohnheiten einst ausmachte. Schon der nächste Track „Lullabies“ wechselt schneller von opulentem Spinett zu minimalem Beat, als ich „vielseitig“ schreiben kann, um dann in einer technoiden Kindermelodie-Atmosphäre zu enden, die Alpträume triggert wie eine alte Clownsmaske. „Spinning“ führt diesen Bogen orchestral weiter, eine verfliegende Gitarre malt die Beatles und „And I love her“ an die Innenwände meines musikalischen Gedächtnis. Und das alles nur, damit „Bloop Bleep“ die kleinen Luftsprünge eines albernen Abganges mit Marsch-Rhythmus und Bläsereinwürfen unterlegen kann. Ein großes, geniales Album. Dessen Gestalter, optisch ganz elektronischer Billy Cobham, erzählt von seinem Album und lässt auch ein wenig davon hören:

Das absolut passende Video zu „Neverending“:

Damian Lazarus - Neverending from David Terranova on Vimeo. Nächste Seite: DJ Hell und Lützenkirchen und geniale Norweger und viel mehr!


Tøyen - India Pindia Zwei Nerds aus Norwegen kreierten diesen indischen Beat samt Video. Angeblich auf einer Playstation. Verrückt? Einfach nur genießen!

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ DJ Hell - Teufelswerk

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Von diesem deutschen Künstler wusste ich nie so genau: hop oder top, begabt oder bemüht? Als DJ und Produzent, der einerseits die zweifelhafte Bezeichnung „Urgestein“ magisch anzieht, andererseits in Münchens Nachtleben einige probate Sachen auf die Beine gestellt hatte, mir jedoch immer etwas zu plakativ und wenig innovativ war, kam DJ Hell mit seinem Album „Teufelswerk“ erstmal in die Schublade „brauch ich nicht unbedingt, weil so halt.“ Was ich alsbald überprüfen wollte, denn es schrieb The Guardian über Hells erstes Album seit Unzeiten: „One of the most ambitious and cogent dance music albums of, well, all time.“Dann half der Hell auch noch ukrainischen Mädels, gegen Sextourismus zu agitieren, und legte in Berlin in einem Kiosk auf. Meine Neugier war geweckt. „Teufelswerk“, Anfang des Monats erschienen, beginnt mit „U can dance“ und dem Gast Brian Ferry, also feinster elektronischer Popmusik, die sofort Lust auf mehr macht. Das etwas anstrengende „Electronic Germany“ ist Neue Deutsche Welle auf Elektro, „The DJ“ featuret P. Diddy und lebt von Querflöte und Spannungsbogen. Das ganze Album ist durchzogen von modischen Game Boy Sounds, Vocoder-Stimmen und Hells solider Produktion, irgendwo zwischen minimal und maximal. Und auf der zweiten CD des Doppelalbums zeigt Hell im Mix noch mal, warum er seit Jahrzehnten oben mitspielt: Stilistische Vielfalt in hoher Qualität, eine Hand voll potenzieller Hits, ruhig fließende und hart noch vorne treibende Stücke vernünftig in 45 Minuten aneinander gereiht. Alles in allem nicht 100%ig meins, aber doch ausgesprochen ansprechend. Was den Guardian geritten hat, die Superlative abzufeuern, kann ich Euch trotzdem nicht erklären. „U can dance“ feat. Brian Ferry im Standbild:

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Lützenkirchen - Munich Surpreme Clubbing

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Neues vom Münchner Arbeitstier, das seinen Studio-Bau nur frühmorgens verlässt, um irgendwo im Dunkeln junge Menschen in den tanzenden Wahnsinn zu treiben. Munition für die Minimal-Kanone schmiedet sich Tobias Lützenkirchen vornehmlich selbst zusammen, und scheut dabei weder programmatische Namensgebung, noch House-Vocal-Versatzstücke („Yeah Yeah!“ ruft es in „Foxy“), noch Samples von Handy-Störgeräuschen („Lonely phone wants to speak“). Wie man es von ihm gewöhnt ist, setzt er das alles zu elegant-energetischen Tracks zusammen, die sicherlich auch außerhalb Bayerns Landeshauptstadt für erstklassigen Nachtspaß sorgen werden. Und hoffentlich wird sein Name durch solch ernsthafte Veröffentlichungen schnell von der „Drei Tage Wach“ Geschichte entfernt. Ich jedenfalls muss beim Hören dieser EP an Herrn Lützenkirchen denken, wie er seine 1,95 m hinter ein Pult faltet und mit seinem ausgefahrenen rechten Bein den Takt vorschlackert. Guter Mann, gute Musik. Das einsame Handy im Standbild:

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Classixx feat. Jeppe - I'll get You Keine Feier ohne Geier, kein Monat ohne Kitsuné. Dieses Mal mit „I´ll get you“ von den Classixxx, das so hart nach 80ern klingt und aussieht, dass ich mich schlagartig extrem jung fühle. Oder alt, je nach Blickwinkel.

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++y Freeland - Cope

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Adam Freeland (als Spiritus Rex der betreffenden Band „Freeland“) ist der absolute Bonus. Das sei als Warnung vorausgeschickt. Und nun folgt eine ausdrücklich euphorisierte Plattenkritik von einem restlos überzeugten jungen Mann (mir). In medias res: Der Opener „Do You“ ist ein stampfender, rockiger Bastard von einem Song, und damit ziemlich genau die Art von Musik, die ich gerne machen würde, wenn ich nicht so viel Zeit damit verbringen würde, Musik zu hören und mir zu wünschen, diese selbst gemacht zu haben. Weiter geht es unkompliziert mit hitverdächtigem Strom-Rock und „Under Control“ (siehe Video unten) sowie „Strange Things“, das klingt wie die frühen Killers mit Eiern: Laut, schnoddrig, geil und dabei oft die Grenzen zwischen elektronischem Indie-Rock und rockigem Elektro überschreitend. Im weiteren Verlauf des Albums wird es noch besser, denn „Bring it“ ist mit seinen gebrochenen Beats und zerhackten Flüstereien in den Vocals zum Haare ausreißen gut; während „Wish I Was Here“ das große Gefühl fordert und fördert, „Silent Speaking“ als großer Pop und „Best Fish Tacos in Ensenada“ noch besser klingt als sein Titel. In und zwischen diesen Perlen liegen diverse potenzielle neue Lieblingslieder, direkt nach vorne produziert und kompromisslos originell. Dazu schwitzen schöne Menschen in einem kleinen Club voller blauer Lichter pures Charisma, während eingeweihte Barkeeper ungeklärter Herkunft eine Runde eiskalten Grasovka-Vodkas nach der anderen schmeißen. Solche Szenen laufen vor meinem inneren Auge ab, lausche ich „Cope“; und nein, mehr Lob geht wohl nicht.

Und weil Adam Freeland so ein guter Mensch ist, gibt es das ganze Album plus Kommentare von ihm persönlich hier: +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Don Diablo - Hooligans Partymukke von der grelleren Sorte, so für den nächsten Abi-Ball nach 12 Uhr. Solche Songs sind in den letzten Jahren immer wieder extrem erfolgreich, oder kommt mir das nur so vor, sprich entspringt eher geschickter Vermarktung als begeisterter Verbreitung? Wie dem auch sei, ich überlasse das mal Eurem weisen Urteil. Das Intro des Videos ist, hoffe ich, objektiv unterhaltsam.

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Voodeux - The Paranormal Achtung, Seltenheitswert: Wirklich gute Musik aus den US of A, genauer gesagt von zwei Produzenten aus Boston und Philadelphia, in den letzten Jahren nicht unbedingt meine Hotspots auf der elektronischen Landkarte. Posen müssten die Waschlappen auch noch lernen, aber wie schon Mick Hucknall wusste: music matters, nothing else does. „Just a spoonful“ könnte in seiner minimalen Entspannung so auch irgendwo auf dem alten Kontinent produziert worden sein, und Anja Schneider spielt den Track angeblich auch schon. Angenehm konsequent werden hier gute Ideen zu modernem Techno verarbeitet und deswegen sicherlich ihren Weg auf europäische Plattenteller finden. „Frank the Janitor“ zum Beispiel hört man sicherlich nicht zum letzten Mal, weil absolut Club-kompatibel, so wie man Voodeux generell im Blick haben und sich das Album in Teilen hier angedeihen lassen sollte. Als besonderes Schmankerl gibt's einen Promo-Mix, dazu ein Live-Video des Tracks „Bones“, das auch bei schlechter Soundqualität beweist, dass die Amis abgehen wie Schnitzel.

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Daniel Savio - Monkey Pee Monkey Poo Und zum Abschluss gibt es nicht nur eine (zumindest mir) neue Musikrichtung namens „Skweee“, die Funk und Breaks, 80er Synthie-Sounds und aktuelle Computerakustik verbindet, sondern auch ein hinreichend stylishes Video dazu reicht:

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