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Ramona und Stephane – Döner of Love

Text: klinsmaus
Stephane Fink seufzte. Gerade hatte er den kleinen Nicolas in der KiTa abgesetzt, jetzt musste Frau Mao zum Tierarzt. Stephane hasste Tierärzte. Und er hatte Migräne.



Die Aussicht auf einen Vormittag unter wehleidig jaulenden Hunden und hysterisch kreischenden Nymphensittichen ließ ihn innerlich aufstöhnen. Daran, dass Frau Mao bei solchen Gelegenheiten immer die anderen Katzen aufmischen musste, dachte er lieber gar nicht erst.



Er steckte sich lieber eine Gauloise an. Frau Mao fing sofort an zu schnurren. Stephane streichelte die Katze durch das Gitter hindurch. Er machte sich Sorgen. Immerhin war Frau Mao schon achtzehn Jahre alt. Sicher, sie war immer tough und robust gewesen und hatte nach allem gekrallt, das sich bewegte. So hatte sie sich auch aus der Hand mieser Geiselnehmer befreit.



Die hatten Döner, zehn Kilo schwerer Wohnheimskater und offenbar Frau Maos einziger Schwachpunkt, als Köder benutzt, um sie einzufangen und vier Zimmer weiter in einen schallisolierten Gitterkäfig zu sperren. Anschließend hatten sie Stephane erklärt, er sei ein Tierquäler und seine Katze erst einmal in Schutzhaft.



Dass in der Folgezeit verschiedene Katzenfutterkonzerne immer neue Katzenfuttertestreihen auf seinem Wohnheimflur abstellten, hatte Stephane dann aber doch stutzig gemacht. Auch der liebeskranke Döner, der permanent Janas und Danas Tür in den kläglichsten Tönen angemaunzt hatte, war ihm komisch vorgekommen.



Doch bevor Stephane dazu gekommen war, etwas zu unternehmen, hatte Frau Mao sich schon derart in Janas Arm gekrallt, dass die ihren Arm mit Katzenminzpastete und Katze dran nach hinten gerissen. Die hatte sie dann über dem offenen Fenster geschüttelt, bis Frau Mao, die Fensterstürze aus ihrer Zeit bei Stephane hinreichend gewohnt war, losgelassen hatte.



Drei Tage später war die Katze mit gebrochenem Schwanz bei Stephane aufgetaucht. Ihre Entführer hatten sich nicht so lange Zeit gelassen. Zerknirscht hatten Jana und Dana bei Ramona und Stephane geklopft und alles gestanden: Dass sie Frau Mao entführt hatten. Und dass alles Tierschutzgehabe nur Tarnung gewesen war. Eigentlich hatten sie dringend Kohle gebraucht. Sie hatten nämlich ihre Kellnerinnenjobs verloren, nachdem sie clownsbenast ihre Gäste niedergeknutscht hatten.



(Dass sie das alles im Rahmen von Streetclowning – einem ambitionierten sozialpädagogischen Ansatz – getan hatten, hatte ihnen sofort Ramonas Sympathien eingebracht. Wusste sie doch: „Der Clown ist keusch.“)



Weil sie die Jobs aber dringend gebraucht hatten, um ihr Studium zu finanzieren, waren sie extrem anfällig für den Whiskas-Vertreter gewesen, der sie in der Fußgängerzone angesprochen hatte. Der hatte ihnen plausibel erläutert, wie sie ganz einfach an ganz viel Geld kommen könnten, indem sie ihre Mieze zum Katzenfutterinnovationsgourmet-Testesser machten. – Jana und Dana hatten da noch keine Katze.



Drei Wochen später hatten sie fünf. Whiskas ernannte sie bald zum Außendienstmitarbeiter des Monats und empfahl die beiden an Kitekat und Sheba weiter. Das Geschäft brummte. Jana und Dana konnten 5.000 rote Nasen kaufen und sie an Street Clowning-Infotischen an Interessierte verschenken (irgendwo hatten sie ja doch ein gutes Herz).



Doch dann entkam ihnen Döner. Und Frau Mao hatte sich aus dem Fenster gestürzt. Jana und Dana hatten den Gedanken an ihre Mitschuld am vermeintlichen Tod der Katze nicht ertragen. Sie waren schwach geworden, hatten die Katzen nach und nach freigelassen und Stephane alles gebeichtet.



Der hatte erst Anzeige erstatten wollen, hatte sich dann aber mit Jana uns Danas Restbeständen (Katzenfutter im Wert von 5.800 Euro) bestechen lassen. Als hätte er geahnt, dass eine deutlich schwerere Frau Mao, nach ihrer Rückkehr nichts anderes haben wollte als Shellfish-Sheba.



Die Kätzchen, die Wochen später zur Welt kamen, waren schwarz-rot getigert gewesen.



Frau Mao hatte sie mittlerweile fast alle überlebt. Nur Atatürk leistete seiner Mutter noch Gesellschaft.



Haja.



Stephane klingelte.

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