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„Wie ein Nashorn im Autoscooter“

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Die Stadt hat eine neue Musikrichtung: Munich Bass. Die Musik ist laut, aggressiv, extrem clubtauglich – und wird bisher von nur einer einzigen Band gemacht: Schlachthofbronx. jetzt.muenchen hat Jakob (25) und Bene (28) getroffen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

jetzt.muenchen: Woher kommt der Name Munich Bass? Jakob: Der ist von uns. Er ist entstanden, als wir unseren ersten Promo-Text geschrieben haben. Bene: Für unsere Musik gab es noch keinen Namen. Deswegen haben wir uns den ausgedacht. Ich finde ihn auch sehr passend. Bavarian Bounce fände ich auch gut. Es ist also durchaus Lokalpatriotismus dabei? Jakob: Ja, schon. Wir haben auch unseren Bandnamen nach dem Viertel gewählt, in dem wir alle hausen – dem Schlachthof-Viertel. Das hieß bei uns schon so, bevor es die Band überhaupt gab. Bene: Es gibt ja übrigens auch noch andere solche Bezeichnungen: Giesing Heights und Schwarlem und so. Nochmal zurück zur Musik: Ihr sagt, dass es sonst niemanden gibt, der so etwas macht. Erklärt doch mal kurz, was eure Musik so einzigartig macht. Bene: Man stelle sich vor, die Clubtür geht auf, und es kommt ein Elefant rein und spielt seine Lieblingslieder, bis man nicht mehr kann und gerne nach Hause möchte. Jakob: Der Elefant stinkt zwar ein bisschen, aber er macht verdammt gute Laune. Bene: Im Ernst: Es ist eine Mischung aus Kuduro, Elektro, Fidget und Dancehall. Das ist die Basis, wenn man so will. Aber wir bedienen uns wirklich überall, solange wir der Meinung sind, das könnte in einem Club funktionieren, egal ob das Scooter ist oder die Balkan-Band von nebenan. Verstört ihr euer Publikum damit auch manchmal? Bene: Es gibt schon immer wieder Leute, die sich davon vor den Kopf gestoßen fühlen. Aber trotz der ganzen Prollo-Attitüde, die bei uns mitschwingt, funktioniert es oft besser als Musikrichtungen wie Dubstep. Denn da passiert nicht viel. Wenn man unsere Musik nicht gewohnt ist, mag sie einen zuerst verstören. Aber auf den zweiten Blick ist es für fast jeden partytauglich und du kannst deine Freunde mitnehmen und Spaß haben, egal, auf welche Musikrichtung du stehst. Jakob: Man kennt ja so Partys, wo halt einen Abend sechs Stunden lang die gleiche Musikrichtung läuft. Das wird bei uns nicht passieren. Es wird noch nicht mal passieren, dass sechs Minuten dieselbe Musikrichtung läuft. Und wie wichtig ist es euch, dass sich diese neue Musikrichtung auch unter dem Namen Munich Bass etabliert? Jakob: Naja, man braucht nunmal einen griffigen Ausdruck für eine neue Musikrichtung. Allein schon für die Blogger und Journalisten, die darüber schreiben wollen. Bene: Andererseits ist unser Sound nicht so extrem München-geprägt, dass er nicht funktionieren würde, wenn wir ihn einem Engländer zum Hören geben. Jakob: Außerdem kann man nicht sagen, dass es in München mehrere Leute gibt, die diese Musik machen, wie das ja meistens ist, wenn einer Musikrichtung ein Städtelabel aufgedrückt wird. Es gibt sonst niemanden, der in unsere Richtung geht. Seid ihr eigentlich schon mal in der echten Bronx gewesen? Bene: Nein. Wir sind in Afrika gewesen, das zählt auch. Ist der Name also pure Blödelei? Oder wollt ihr damit doch etwas ausdrücken? Bronx steht ja schließlich für etwas. . . Bene: Naja, wir haben schon einen Anspruch, der ursprünglich von diesem Block Party-, Call and Response-Ding her rührt. Um das zu erklären: Wir spielen kein normales DJ-Set, wir zwingen die Leute dazu, auf das zu reagieren, was wir machen, weil wir es sonst einfach nicht geil finden. Es soll insgesamt etwas sein, was man in der westeuropäischen Kultur als Feiergebahren nicht kennt.

Und zwar? Bene: Das geht schon damit los, wie sich die Mädels beim Tanzen hinstellen. Wenn hier ein Mädchen von hinten angetanzt wird, lehnt es sich zurück. Es soll sich aber nach vorne lehnen. Und wenn einem etwas gefällt, dann macht man Lärm. Jakob: Dann haust du irgendwo dagegen, dass es g’scheid scheppert. Bene: Du suchst dir irgendwas im Club, was Krach macht und haust drauf. Und wenn es dabei kaputt geht – so what? Jakob: Das ist eben so der Ghetto-Faktor, wenn man so will, das, was wir mit dem Begriff Bronx vielleicht zum Ausdruck bringen wollen. Bene: Die Musik hat auch einfach so ein Badman-Image. Man spürt, dass es nicht darum geht, minimalistische, intellektuelle Tanzmusik zu machen. Wir sind wie ein Nashorn, das man in einen Autoscooter setzt: 140bpm Hardcore-Afro-Schranz. Das ist keine schöne, nette, angenehme Musik für eine Party, auf der man steht, ein bisschen in sich gekehrt wippt und ein Bier trinkt. Ist euch das Münchner Publikum also zu nett? Bene: Naja, es muss nicht gleich so ausarten wie in der Karibik, wo Glasflaschen auf Konzerten schon verboten waren, bevor es hier welche gab, weil die Leute dort damit rumschmeißen, wenn ihnen was gefällt – oder wenn es ihnen nicht gefällt. Aber wir wollen eben eine Reaktion. Und die Münchner haben da schon dazugelernt. Jakob: Wir erziehen die ja auch gut. Wir verteilen auf unseren Konzerten immer Trillerpfeifen und an unserem Merch-Stand kann man sich Gas-Tröten kaufen. Und man merkt wirklich von Party zu Party, wie das wirkt. Wie würdet ihr denn die Münchner Partyszene beschreiben? Ist euch die zu sauber oder zu wenig underground? Bene: Es gibt wenige Münchner, die sich nicht freuen, wieder in ihre saubere und schöne Stadt zu kommen, wenn sie mal irgendwo anders waren. Das Partyangebot könnte allerdings wirklich vielschichtiger sein. Deswegen machen wir monatlich unsere eigene Party in der Roten Sonne. Mehr unter

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