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Bananenrepublik: Zum Beispiel Dole

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Letzte Woche habe ich eine Erklärung dafür angekündigt, warum ich den globalisierten Kapitalismus der Multis für nichts anderes halte als für eine beschleunigte und anonymere Form kolonialer Ausbeutung. Weil’s mich aber gerade so ärgert, möchte ich diesmal doch noch ein aktuellen Vorfall loswerden. Es geht nämlich um den Supermarkt bei mir ums Eck.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Screenshot von der Dole-Website Der wirbt seit Neuestem mit dem Slogan Genießen und dabei Gutes tun für den Kauf von DOLE-Bananen. DOLE ist der weltweit größte Obstproduzent. Gemeinsam mit Chiquita und Del Monte dominiert der Konzern bereits seit rund hundert Jahren den Handel mit Südfrüchten. In einigen Ländern Lateinamerikas waren diese Firmen jahrzehntelang so mächtig, dass man noch heute von Bananenrepubliken spricht: Sie eigneten sich dort riesige Ländereien an, Arbeits- und Gewerkschaftsrechte wurden mit Füßen getreten, ausbeuterische Kinderarbeit und die Vergiftung Tausender Menschen mit verbotenen Pflanzenschutzmitteln war fast schon die Regel. Mithilfe des US-Militärs und der CIA wurden sogar demokratisch gewählte Regierungen gestürzt, wenn sie sich den Interessen der Obstkonzerne widersetzten. Mittlerweile sind die Untaten dieser Firmen geschichtskundig. Doch seit immer mehr KonsumentInnen auf Fairtrade-Bananen umsteigen, die soziale, menschenrechtliche und häufig auch ökologische Mindeststandards garantieren, versuchen sich auch die großen Drei ein sauberes Image zu verpassen: Auf Chiquita-Bananen klebt beispielsweise das Gütesiegel einer angeblichen Umweltorganisation namens Rainforest Alliance. Damit soll der Anschein erweckt werden, die Früchte würden fair und umweltverträglich angebaut. In Wirklichkeit ist das ein industriefreundlicher Verein, der mit Fairem Handel wenig am Hut hat. „Chiquita ist weder aus umweltpolitischer noch aus arbeitsrechtlicher Sicht vorbildlich“, erzählten zum Beispiel Gewerkschafter in Costa Rica dem Spiegel im Jahr 2006. Auch eine Reportage des 3sat-Magazins nano zeigte, dass auf den Plantagen Gewerkschaftsrechte missachtet und die Beschäftigten teilweise schutzlos gefährlichen Pflanzengiften ausgesetzt wurden. In Kolumbien wird dem Unternehmen vorgeworfen, jahrelang rechte Paramilitärs finanziert zu haben. Rund 400 Familien, deren Angehörige gefoltert und getötet wurden, verklagten den Konzern daher Ende 2007 auf 7,8 Milliarden Dollar Schadenersatz. Chiquita hatte bereits davor zugegeben, die Terroristen zwischen 1997 und 2004 mit mehr als 1,7 Millionen Dollar unterstützt zu haben. 2002 berichtete Human Rights Watch von acht- bis 13-jährigen Kindern, die auf den Plantagen von Chiquita, DOLE und anderen für 3,50 Euro am Tag arbeiteten. Sie waren giftigen Pestiziden ausgesetzt, mussten schwere Lasten tragen, verschmutztes Wasser trinken und wurden zum Teil sexuell missbraucht. 2006 wurde eine von der EU geförderte Studie veröffentlicht, die DOLE die systematische Verletzung von Arbeits- und Gewerkschaftsrechten und die massive Gefährdung von Mensch und Umwelt durch Pflanzengifte vorwirft. 2008 erhob die Organisation Oxfam ähnliche Vorwürfe gegen mehrere Bananenkonzerne, darunter auch DOLE. Warum heißt es also beim Supermarkt bei mir ums Eck, man tue Gutes, wenn man DOLE-Bananen kauft? „Ganz einfach“, heißt es da: „bis zum 31. Mai 2009 Dole Premium Bananen kaufen, und schon wird ein Projekt unterstützt, welches die medizinische Versorgung von tausenden Menschen auf Costa Rica sichern wird.“ 2 (in Worten: zwei) Cent pro Kilo Bananen sollen angeblich für eine mobile Medizinstation verwendet werden. Ganz einfach! Wenn es doch immer so einfach wäre, Gutes zu tun! „Der im Aktionszeitraum günstige Preis von 99 Cent soll den Verkauf weiter ankurbeln“, bekennt man freimütig. Wie viel – oder wie wenig – davon für die costaricanischen PlantagenarbeiterInnen übrigbleibt, steht allerdings nirgends. „Gutes tun“ im Sinn von DOLE: Das ist, wie wenn ich ein bewohntes Haus anzünde und gleichzeitig zwei Cents an die freiwillige Feuerwehr spende. Gegen diese Greenwashing-Aktion kann man übrigens hier protestieren.

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