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DU

Text: suburbankid
Wenn du im namenlosen Sumpf zwischen zwei Grossstädten aufwächst, gehört es praktisch zu deinen Entwicklungsaufgaben dich für eine von ihnen zu entscheiden. Du wirst vor der Einsamkeit auf dem Land flüchten und denken, dass sie sich mit der Anonymität der Stadt vertreiben lässt. Dass du dich zwischen all diesen Fremden in den öffentlichen Verkehrsmitteln und sogar in deine neuen Zuhause wimmelt es nur so von Menschen, die du noch nie gesehen hast, aber mit denen du nun dein Leben teilst, geliebter fühlst. Schliesslich sind diese Menschen alle fremd, du musst dich zwischen ihnen nicht daheim fühlen, wie früher bei deinen alten Schulfreunden. Doch bald umschleicht dich die bleierne Einsamkeit und du wirst dich in die Arme eines Jungen flüchten, der dich hastig zwischen zwei Liedern küssen wird. Du wirst am nächsten Morgen neben ihm aufwachen und deine Gefühle werden wie weggeblasen sein. Keine trunkene Verliebtheit mehr, aber auch keine anderen Emotionen. Du versuchst möglichst schnell deine Kleidung zusammen zu suchen. Du fühlst die Kälte, du kommst nach Hause. Du siehst dich im Spiegel an und versuchst, alles zu vergessen. Du schaust dich an, dein Spiegelbild und du beugst dich vor und küsst die glatte Fläche nur damit du wieder etwas auf deinen Lippen spürst, damit du geküsst wirst. Auch wenn du nichts für den Jungen empfindest, schminkst du dich am nächsten Wochenende sorgfältig, ziehst die neue Unterwäsche an und gehst nochmals in diesen Klub. Du betrinkst dich zuerst wegen ihm, später mit ihm, bis du wieder seine Hände auf dir spürst, seine gierigen Küsse. Doch Schwarz absobiert nicht nur alles Licht, es lässt auch Erinnerungen verschwinden und so frass die dunkle Nacht schon wieder die Gefühle und Erinnerungen.

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