Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Jungs, friert es euch eigentlich nie?

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Die Mädchenfrage

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Liebe Jungs, es gibt in der geschlechterspezifischen Rollenverteilung noch gewisse Dinge, die sich auch im Zeitalter von Charlotte Roche und Hausmännern nicht ändern sollten. Zum einen wäre da das Hantieren mit Make-Up, was eindeutig uns vorbehalten bleiben muss. Zum anderen das Phänomen der immerwarmen Männerhände, welches zu übernehmen ich nicht im Geringsten erstrebenswert finde. Unser Kleidungsverhalten verhält sich ja exponentiell zur Jahreszeit und zum Wetter. Konkret: je heißer, desto knapper, je kälter, desto dicker. Ganz einfach deswegen, weil wir im Sommer nicht gern schwitzen und derzeit ungern frieren. Ihr scheint dieses Problem nicht zu kennen, und lauft das Jahr über relativ gleich herum. Jeans halt, ein T-Shirt, vielleicht einen Pulli. Erstaunlich ist das vor Allem in den kalten Monaten, wenn ihr keinen Schal, keine Mütze, ach, überhaupt keinen Winterschnickschnack zu brauchen scheint. Heldenhaft haltet ihr eure roten Ohren auch noch bei Minusgraden in den Wind und erntet dafür bewundernde Blicke wollbemützter Damen. Wie macht ihr das? Der männliche Körper gleicht einem sich niemals erschöpfenden Hitzespeicher, der uns zu jeder Tages- und Jahreszeit mit wohliger Wärme versorgt. Physikalisch kann ich mir das absolut nicht erklären – arschkalt ist arschkalt. Aber ich bevorzuge persönlich auch die Variante, in der dies einfach ein netter Kniff von Mutter Natur ist, Männlein und Weiblein auf subtile Art einander näher zu bringen. „Ist dir kalt?“ fragt ihr großmütig. „Total“ antworten wir leise, Augenaufschlag inklusive. Wir fügen uns in dem Punkt nämlich äußerst gern in das Klischee der Ewigbibbernden und mögen es, wie unsere kalten Winterfinger in eure wärmenden Hände genommen und in die gemütliche Jackentasche gesteckt werden. Ihr erlaubt uns außerdem, unsere Eisfüße des Abends an eure molligen Waden zu drücken und nicht zuletzt uns selbst an euch zu drücken. Ihr scheint die Rolle des verständnisvollen Menschenofens angenommen zu haben. So macht uns das Frieren fast ein bisschen Spaß. Aber wie kann es sein, dass ihr diesen Service immer derart lässig zur Verfügung stellen könnt? Liegt es an der männlichen Physiognomie, an eurer größeren Muskelmasse oder dem Kram? Tut ihr einfach so, oder friert ihr wirklich nie? Warme Worte von den Jungs gibt's auf der nächsten Seite.


Die Jungsantwort

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Liebe Rotnase, rein biologisch ist das schnell und langweilig beantwortet. Wir haben dickere Haut und mehr Muskeln und beides führt zu angenehm mediterranem Klima zwischen Milz und Prostata. Beziehungsweise, es sollte dazu führen, denn in Wirklichkeit friere ich auch oft und ausgiebig und muss dabei an meinen Vater denken. Dem war nie kalt, Vätern ist grundsätzlich nie kalt, sie haben Hände wie Baseballhandschuhe - ledrig und warm und groß - und sind sogar beim Skifahren nur im Pullover unterwegs. Mir möchte es aber scheinen, dass seit die Sexualitätsmetro bei uns angehalten hat, seit Schals und Kappen zum Jungsoutfit dazugehören, auch der männliche Gefrierpunkt wieder näher gerückt ist. Als ob uns der modische Behang verweichlicht hätte! Das nagt ein bisschen am Selbstvertrauen, siehe Vaterfigur, außerdem ahne ich, dass ich nie wie Reinhold Messner mit Eiszapfen im Bart durchs Karakorum spazieren werde. Und derartige hochalpine Fototapeten trägt nahezu jeder Junge mal rund ums Abenteuerherz gewickelt. Nun aber zu euch. Im Gegensatz zu den Achttausendern kann ich mir bekannte Mädchenfüße auch mit meiner vergleichsweise mickrigen Wärmeleistung noch zufrieden stellen. Ich sehe das sogar als meine hippokratische Pflicht, denn sonst würden diese Füße bald als kleine Eisklumpen abfallen und ich hätte ein Mädchen mit Stumpfen im Haus, was ich ein bisschen gruselig fände. Die Besitzerin der hübschen Tiefkühlware gestand mir übrigens vor nicht allzu langer Zeit, dass sich die Momente, in denen sie sich außerhalb ihres Bettes befand und ihr trotzdem vollkommen warm war, an zwei Händen abzählen lassen. Sie friert auch in der Sauna und im Juli in Rom. Sie hat sich damit abgefunden und nimmt mich als Heizmann in Anspruch, auch wenn jede diese Aufwärmaktionen meine eigene Körpertemperatur auf kritische Werte absenkt. Während ich so Wärme spendend deliriere, denke ich immer, dass Jungs das nicht hinnehmen würden, ein Dauerfrieren, einen Dauermangelzustand, der doch technisch zu bekämpfen ist. Denn auch wen ihr im Herbst schneller als wir in Fellmützen und Schals schlüpft, offenbart eure Winterkleidung meist immer eklatante Mängel. Besagtes Eismädchen trägt zum Beispiel vorzügliche Pudelmützen, aber dann doch immer nur den dünnen Seidenpullover der zwar hübsch aber windig ist, unter einer Jacke, die zwar Teddy-Fellkragen hat, sonst aber die Figur scharf betont – kein Wunder ohne Futter. Die Handschuhe - sehr fein und niedlich und elegant, haben aber nur wenig mit dem zu tun, was Leute tragen, die warme Finger behalten wollen. Das Problem ist: Ihr wollt doch am liebsten den Wintermantel abstreifen und dann aussehen, als hätte es draußen konstante 25 Grad, stimmts? Habt ihr je dicke Norweger-Pullover, Rollkragen und lange Unterhemden in der Uni angezogen? Gore-Tex-Fleece und Windstopper-Stirnband? Wisst ihr, wie schwer ein Pullover überhaupt sein kann, Stichwort Bundeswehr-Troyer? Nein? Genau, aber wir wissen das und wir ziehen diese Geschütze auf und an, wenn es sein muss. Unser Beinkleid ist ohnehin das ganze Jahr über stabiler als eures, die Schuhe sowieso. Wir sind von der Modeindustrie einfach mit besserem und vor allem mehr Material gesegnet. Ihr seht natürlich erstmal toller aus, in euren see-through-Wintertops und den Stiefeln mit der Lederstärke einer Backoblade, aber das Schlottern ist dann ehrlich gesagt, auch nicht so fein anzusehen. Aber bleibt ruhig dabei. Wir wärmen euch weiter. Dafür müsst ihr halt dann abspülen. fabian-fuchs

  • teilen
  • schließen