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Warum der Lieblingskummer sich in Luft aufgelöst hat.. und ich endlich ein verstimmtes Klavier habe..

Text: virgina
Über Nacht. Herbst. Was ist passiert?

Plötzlich ist er ein Lügner. Und er war ein Gott jahrelang. Ich will seine Stimme nicht mehr hören. Sie klingt auf einmal falsch. Und wenn man schon sagt: "Ehrlich." Also ehrlich.

Der Nachbar ist seltsamerweise über Nacht zum innigsten Vertrauten geworden und er läuft doch seit Urzeiten an meinem Fenster vorbei. Ich kenne alle seine Mäntel. Er ist ein Mensch, ein wahrer. Er hat keinen Professorentitel, keine Sekretärinnen. Er schenkt mir einfach so ein altes Klavier, bricht weiße Rosen aus dem Vorgarten ab und legt sie mir vors Fenster. Er hat ein altes Fahrrad, viele Sehnsüchte und wir gehen in den gleichen Biergarten, in das gleiche Geschäft, beschreiten die gleichen Parkwege. Und auch sonst ist alles gut. Ach ja, auch er ist alt.

Ich sollte froh sein.

Doch - ich hadere mit Freundinnen. Die schon lange keine mehr sind.

Mein Kind ist plötzlich Frau und ich will noch ein Baby. Träume davon. Sie spielt auf dem Klavier eigenartige Melodien und singt dazu von irgendwann, immer wieder.

Die Kapazitäten werden nicht ausgeschöpft. Ich schreibe Gutachten über drittrangige Kunstwerke und weiß nicht, wie das Leben weiter gehen soll. Ich habe Hunger. Und nachts höre ich das Rascheln und Rauschen und wünsche mich in die Berge, die doch nicht meine Heimat sind. Heidi war zu viel für mich. Echt.






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