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„Ich stehe ja voll auf britischen Humor.“

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Natürlich müssen wir in diesem kleinen Katalog auch Signalsätze besprechen. Der obige Satz also, ist ein Signal dafür, dass ich mich in trotteliger Gesellschaft befinde. Es ist schwierig, all die Dummheiten aufzudröseln, die hier zu einem einzigen kleinen Satz verstrüppt sind. Erstens ist es ein fürchterlicher Allgemeinplatz, über den sein Erzeuger spaziert. Als Endzwanziger zu erklären, dass man „britischen“ Humor mag, ist etwa so innovativ, als würde mir jemand erzählen, er fände „frische“ Luft wirklich super. Höchstens wenn der Papst sich zu britischem Humor bekennt, wäre das noch einer Bemerkung wert. Zweitens ist es schlimm, dass Menschen den Satz in einer Weise aussprechen, als wäre er eine Werbung für ihr Witzverständnis. Sie sagen nicht: „Ich stehe voll auf Humor der auch vor Tabus nicht halt macht.“ Sie meinen einen bestimmten Länderhumor und der Satz soll ihre Expertise dafür sein – er suggeriert, dass sie noch ganz viele andere Humore kennen. Das tun sie aber nicht, wie auch? Humor ist bis zur Unkenntlichkeit eingemeindet und globalisiert, weil seine größten Multiplikatoren, die Fernsehsender, ihn rund um die Welt verkaufen. Gerne lasse ich mir von einem Briten erzählen, was er lustig findet, denn das ist meist unterhaltsamer, als das was ich so finde und offenbar: britischer Humor. Aber renne ich danach rum und erzähle vom britischen Humor? So wenig, wie ich nach einem Abend mit fidelen Chilenen sage, ich stünde auf chilenischen Humor. Und wenn mich ein qualliger Mops zum Lachen bringt, stehe ich dann auf Hundehumor? Nein, diese Verallgemeinerung findet nur bei britischem Humor statt, von dem die Einfältchen denken, es wäre ein interessanter Markenhut, den man auf einer Party anziehen kann.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Damit kommen wir zu der Signalwirkung des Satzes. Wenn einer ungefragt darauf besteht, britischen Humor zu mögen, soll mir das durch die vertrocknete Blume sagen: Achtung, da ist einer auch abwegigeren Sachen aufgeschlossen, ist so langweilig wie er aussieht auch wieder nicht und überhaupt, zwinkerzwinker. Es ist nicht schlimm, wenn man in Sachen Charisma nicht das Brausepulver verschüttet. Es gibt kaum netteren Umgang als Menschen, die sich ihrer kleinen gesellschaftlichen Unzugänglichkeiten bewusst sind. Anstrengend wird es aber, wenn sie das kaschieren wollen. Der Satz vom britischen Humor ist drittens eine Art Antithese. Wer sich damit schmückt, kann das was als britischer Humor gilt, gar nicht richtig verstanden haben. Es ist wie „Ich kann Reckschriebung.“ Soweit, so erschöpfend. Weil ich aber schon Nettigkeit 3.0 runtergeladen habe, bleibe ich trotz Signalsatz noch stehen und frage, was denn und welchen denn, und dann wird es richtig unkomisch. Die Satz-Benutzer nennen als erste Referenzklasse immer „Mr. Bean“. Der wäre ja so liebenswert schrullig. Und dann die Schluss-Szene in „Leben des Brian“, in der alle singen, obwohl sie am Kreuz hängen. Das wäre ja wohl wirklich genial, und very british! Spätestens dann gehe ich. Not amused.

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