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»Klar waren wir Freaks«

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Von Tobias Haberl und Dominik Wichmann (Interview) SZ-Magazin: Wie geht es Ihnen, Frau Becher? Hilla Becher: Ach, ja. Die letzten Monate waren schon traurig. Ihr Mann ist vor knapp einem Jahr gestorben. Was hat sich seitdem verändert? Ich merke, dass ich älter werde, dass es mir schwerer fällt, mit den großen Kameras zu hantieren. Ich weiß, irgendwann ist auch für mich Schluss, aber ein paar Sachen, die wir zusammen begonnen haben, würde ich schon noch gern zu Ende bringen. Was zum Beispiel? In erster Linie muss ich das Archiv so hinkriegen, dass es irgendwann sauber übergeben werden kann. Ich würde auch gern noch eine oder zwei Arbeitsreisen machen. Vielleicht ist das auch eine Illusion, aber man klammert sich eben an solche Illusionen. Sie haben vor, auch ohne Ihren Mann weiter zu fotografieren? Ja, ich werde wieder fotografieren. Haben Sie schon Motive im Kopf? Kennen Sie Teleskopgasbehälter? Die sind besonders in England riesig und wirklich schön. Die würde ich gern noch machen. Die sterben aus. Ich war schon in London, bin einen Tag lang mit dem Taxi durch die Stadt gefahren und habe Schnappschüsse gemacht. Ich weiß jetzt, wo die alle sind. Sie haben ja Ihr Leben lang Industriedenkmäler fotografiert: Hunderte von Hochöfen, Hunderte von Wassertürmen, Hunderte von Kohlebunkern. Geht es um Vollständigkeit? Bernd hat gegen Ende seines Lebens oft gesagt: Hilla, wir sind nicht fertig geworden. Und dann haben wir uns fast gestritten, weil ich gesagt habe: Was stellst du dir denn vor? Unser Werk kann doch gar nicht fertig werden, das ist unendlich. War es für ihn schwierig, das zu akzeptieren? Ich glaube, ja. Er konnte mir auch nie genau sagen, was er mit »fertig« eigentlich meinte. Wir wussten doch, dass wir nicht alles fotografieren konnten. In Russland zum Beispiel war es zu schwierig, da haben wir keine Erlaubnis bekommen. Wurden im Hause Becher auch Familienfotos oder Schnappschüsse gemacht, zum Beispiel an Weihnachten? Bei Bernd gab es das nicht, aber ich hatte immer auch eine kleine Kamera dabei. Mir war es schon wichtig, Erinnerungen festzuhalten. Wen haben Sie fotografiert? Unseren Sohn, meine Mutter, Familie eben. Am liebsten habe ich Gruppenaufnahmen gemacht. Ich habe aber nicht wild in der Menge herumgeknipst, sondern alle Beteiligten in Stellung gebracht: die erste Reihe sitzend, die zweite stehend, die dritte auf dem Tisch. Ganz konventionell. Warum hatte Ihr Mann kein Interesse an solchen Fotos? Er hat sie abgelehnt, weil es ihn nicht interessierte, sie zu machen. Eigentlich hat ihn Fotografie nicht interessiert. Ein ungewöhnlicher Satz über einen Menschen, der sein Leben lang nichts anderes gemacht hat. Bernd war eigentlich ein Zeichner. Am Anfang hat er diese Industrielandschaften gezeichnet. Er wurde aber nie fertig, weil er so präzise war. Oft wurde ihm das Motiv vor der Nase weggerissen, die Schwerindustrie wurde im Siegerland zu der Zeit endgültig aufgegeben. Der Abbau, der Verfall gingen schneller voran, als er zeichnen konnte. Den Rest des Interviews findest du auf sz-magazin.de Bilder: dpa, ap

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