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Thekla oder Isidor – wer erhört die Klagen der Web-User?

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Für das Fernsehen und das Radio gibt es bereits Schutzheilige: die heilige Klara beziehungsweise Erzengel Gabriel versehen diese Aufgaben. Aber gibt es auch einen Patron für das Internet? Auf heise.de werden in einer sieben Jahre alten Meldung Verlautbarungen aus Vatikankreisen zitiert, in denen es heißt, Papst Johannes Paul II. habe die Absicht, den heiligen Isidor von Sevilla zum Schutzpatron der Internetnutzer und der Programmierer zu ernennen. Das wäre durchaus nachvollziehbar, bedenkt man, dass Isidor, der um das Jahr 600 herum Erzbischof von Sevilla war, wohl Zeit seines Lebens bemüht war, das gesamte weltliche und religiöse Wissen in nur einem Werk zu vereinigen. Lax gesagt, arbeitete er an einer Art Internet des 7. Jahrhunderts. Von einer Bestätigung seines Patronats ist nach der Meldung aus dem Jahr 2001 aber nichts mehr zu erfahren. Dafür müht sich Francesco Diani um Klärung, der in diversen Meldungen als „Internet-Experte der italienischen Bischofskonferenz“ vorgestellt wird und 2003 auf der Website santibeati.it geneigte Menschen für ihren Favoriten in Sachen Patronat stimmen lässt. Isidor von Sevilla landet nach Ende der Abstimmung weit hinten, während die gut 70.000 Abstimmer dem seliggesprochenen Italiener Giacomo Alberione die meisten Stimmen gaben. Die Ergebnisse wollte Diani damals dem Vatikan übermitteln. Was ist seitdem geschehen? Bei der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn kratzt man sich heute sinnend am Kopf. Von einer Entscheidung sei noch nichts vernommen worden. „Rufen Sie doch beim Deutschen Liturgischen Institut in Trier an!“ rät die freundliche Dame schließlich. In Trier sieht man sich der Förderung des Gottesdienstes in der katholischen Kirche verpflichtet und Artur Waibel hebt den Telefonhörer ab. Er verspricht baldige Meldung, wenngleich er es für „absolut zweitrangig hält, dass man sich mit so was befasst.“ Jedoch! Nur Stunden später sendet Waibel, nun ein wenig entflammt, ein elfseitiges Dokument. Darin hat er aus verschiedenen Quellen zusammengetragen, was sich zum Thema finden lässt. Waibel hat auch Google bedient und einige, Zitat, „wohl nicht ganz ernst gemeinte“ Gebete zu Tage befördert, die sich an den heiligen Isidor richten. Ein Auszug: „Oh Isidor, steh uns bei, rette uns vor den selbsternannten Internetpionieren, den Individuals und den Skriptkiddies. Wirf sie runter in den finsteren Schoss der Verdammnis, auf dass sie ewiglich Fenster putzen.“ Nun könnte dieses Gebet aber immer noch an den falschen Empfänger geraten, warnt Waibel: „Eine definitive Entscheidung scheint noch nicht getroffen worden zu sein.“ Im offiziellen Organ der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentsordnung, die Artur Waibel zufolge für die Vergabe der Patronatstitel zuständig ist, findet sich lediglich ein Eintrag vom 13. Mai 2005, wonach der heilige Isidor von Sevilla für das Militärbischofsamt in Argentinien zum Patron der Datenverarbeitungsspezialisten erklärt wurde. „Rufen Sie doch mal bei der Katholischen Nachrichtenagentur an, ob bei denen was reingekommen ist“, rät Waibel. Dort fördert ein Archivar einen Text zutage, demzufolge unter katholischen Medienexperten Verdruss herrsche, ob der Tatsache, dass das Internet noch keinen Patron habe. Das war es dann aber auch. Also Anruf im Vorhof des Papstes. Gudrun Sailer aus der deutschen Redaktion von Radio Vatikan meint zu wissen, dass eine Zeit lang „eine gewisse heilige Thekla im Gespräch" gewesen sei. „Wohl deshalb, weil tecla auf spanisch Taste bedeutet“, so Sailer. „Aber die damalige Internetbeauftragte des Vatikans zum Beispiel, die ich vor zwei, drei Jahren mal gefragt hatte, kannte zwar den Vorschlag, aber nicht die Heilige. Scheint also eine Ente zu sein.“ Sailer empfiehlt ein Telefonat mit der Heiligsprechungskongregation, die wohl um Rat ersucht wird, ehe die Gottesdienstkongregation den endgültigen Vorschlag dem Papst übergibt. „Pronto“ schallt es aus Rom durch den Hörer und Pater Ambrosius ist am Telefon. Er zuckt hörbar die Schultern und sagt nur: „Keine Ahnung.“ Wenn ein Patron gefunden wird, so Pater Ambrosius, veröffentliche die Kongregation für Liturgie ein Dekret im Namen des Papstes. Von einem Dekret, das einen möglichen Schutzheiligen des Internet betreffe – habe er bislang noch nichts gehört.

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