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Die Fernfahrer-Kolumne Teil 4 - Karpatenhunde und bulgarische Frauen

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Woche drei Nach Deutschlandslowakeiösterreichungarn: Länder fünf, sechs und sieben. Noch mal Rumänien, dann Bulgarien, Türkei. Zunächst Besuch bei Dracula in Sighişoara. Der war aber nicht zu Hause, auf seiner Burg fand stattdessen „Pro Etnica 2007“ statt, ein Festival der rumänischen Minderheiten. Dort haben wir: - entdeckt, dass ein altes siebenbürgisches Volkslied perfekt auf den altbayerischen Text „Riddedi, Riddedi, morgen ham mir Schädelweh“ passt, - den Rumänen das Tanzen beigebracht, - viele tolle Trachten bewundert, - noch tolleren Jahrmarkt-Kitsch nicht gekauft, - Ohrenweh bekommen, als die Rumäninnen doch getanzt haben: Sie schreien dabei sehr laut. Tagsüber hat Fotografen-Patrick sich von zwölf Gipsy-Kindern und deren Vater das Auto ausräumen lassen, als er echtes, ursprüngliches rumänisches Leben fotografieren wollte. Weil die Diebe aber genau so ungeschickt waren wie Patrick, hat er alles Diebesgut wieder zurückklauen können. Einer unserer rumänischen Campingplatz-Nachbarn nahm das zum Anlass, uns etwas über das Gispy-Problem Rumäniens zu erzählen: „What we would need is a little Hitler.“ Hm. Seine Freunde waren anderer Meinung, was bei Schnaps aus der Plastikflasche besprochen wurde. Der Wächter des Platzes schaute dabei zensierten Hardcore-Porno im rumänischen Fernsehen. Wenn er einmal vom Backgammon-Brett aufblickte. Weil mich die Zigarettenmarke „Carparti“ auf den Geschmack gebracht hatte: Ab in die Berge. So hoch und schroff wie die Alpen, leider auch genau so kalt. Um uns aufzuwärmen, tollten wir vier Karparten-Hunde bei Sonnenaufgang auf einem Gipfel. Noch kälter da, aber noch besserer Ausblick.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Karpatenhunde. Foto: Patrick Desbrosses In den nächsten Tagen: 0 Fische trotz fleißigem Angeln gefangen. 1 Mal noch die Haare schneiden lassen, ist doch zu schnell verfilzt und verfettet, die Matte. Jetzt praktische Camping-Kurzhaarfrisur. 3 Umrechnungskurse durcheinander gebracht: Lej, Lewa, Lira. Puh. 2,5 Liter fürchterliches Bier wird hier in großen Plastikflaschen verkauft. 5 Kilo Muscheln im Selbstbedienungsladen Schwarzes Meer gepflückt. 9 Mal beim Muschelputzen in die Hand geschnitzt. 12 Kilo Staub und Sand aus Bus und Kleidern geklopft. Nützt aber nichts, wir bräuchten eine Wäscherei. 28 Mal in Bukarest Beifall gehupt bekommen, weil wir so rumänisch Auto gefahren sind. 56 Dezibel laut zirpende Grillen gehört. Was ein Krach. 213 Quallen beim Schnorcheln getroffen. Brennen aber gar nicht. 746 Gramm Eis auf eine Waffel gepackt bekommen. Wird in Bulgarien nach Gewicht verkauft, macht in dieser Menge ein wenig übel. 900 Kilometer Bus gefahren. Macht er brav, doch jetzt klappert der Auspuff. Erst Mal ignorieren.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Lecker Schwarzmeermuscheln. Foto: Patrick Desbrosses


Die Bulgaren Haben wir leider nicht so richtig kennen lernen können. Weil sie sich eher eine Hand abhacken würden, als einmal zu lächeln. Weil sie – beispielsweise am einsamen Strand, der sich am Ende fast jeder Staubstraße finden lässt – Berge von Müll um sich herum auftürmen, so dass es schwierig ist, zu ihnen vorzustoßen. Und weil sie – bei ihrem Zelt im Pinienhain hinter dem Strand – so laut Musik laufen lassen, dass ein Gespräch unmöglich ist. Am liebsten den in seiner inneren Zahlenlogik nicht ganz stimmigen Song „One, two, three, five, six – DJ Irgendwer in the Mix“. Oder, nicht ganz so oft und nicht ganz so laut: „Dance to Disco if you don´t like Rock“. Ok, we´ll do. Macht ihr aber zuerst die Musik leiser.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Schwer zugänglich: Bulgaren. Foto: Patrick Desbrosses Dank der guten alten Tante Werbung haben doch noch einen detaillierten Einblick in das Leben der Bulgaren bekommen, zumindest in das der weiblichen Bevölkerung. Die verbringt ihren Tag bevorzugt damit: - halbnackt mit Schäferhunden kuscheln - sich in Strapsen auf Mietwagen setzen - sich beim Weißeln das Höschen ungeschickterweise mit Farbe bekleckern - beim Gin-Trinken die aufgespritzten Lippen schürzen - sich – offensichtlich von Jemanden überrascht – Scham und blanke Brüste mit Farbpinseln bedecken - mit geschlossenen Augen an einem Speiseeis-Phallus lutschen. Diese Tätigkeiten passen sehr gut zu dem Outfit, das an der bulgarischen Schwarzmeerküste getragen wird. Die Damen sehen aus wie osteuropäische Grand-Prix-d´Eurovision-Teilnehmerinnen, Länge von Rock und Oberteil umgekehrt proportional zur Länge der Fingernägel. Ist aber auch kein Wunder, dass die Damen so wenig anhaben: Wirklich warm da, in Bulgarien. Da wir außer der wirklich schweren Vokabel „Merci!“ kein einziges Wort Bulgarisch konnten, wird jetzt Türkisch gelernt. So konzentriert und fleißig, dass erst einmal ohne Anzuhalten durch die türkische Zollkontrolle gefahren wurde. Dafür eine erste Kostprobe des Lernerfolgs: On – dokuz – sekiz – yedi – altı – beş – dört – üç – iki – bir – sıfır: Allahısmarladık Bulgaristan, Merhaba Neukölln! Äh, Istanbul.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Servus Bulgarien! Foto: Patrick Desbrosses moritz-baumstieger

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