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Bei Arbeit geht es nicht nur um Geld: das Projekt Kama

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Bei Arbeit geht es aber nicht nur um Geld, sondern auch um Sozialkontakte und Selbstwertgefühl. Deshalb haben Melanie Hösch und Sonja Pargfrieder von der Fachhochschule für Sozialarbeit in Wien das Projekt Kama – Kursangebote für AsylwerberInnen gegründet: Asylsuchende bieten dort Kurse wie afrikanischen Tanz, Russisch, Bambara, Trommeln oder Malen an. Dafür bekommen sie eine Spende – und auf jeden Fall mehr Selbstwertgefühl.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Warum ist es so wichtig, dass AsylbewerberInnen arbeiten?
Sonja: Zum einen, weil es eine Sache der Selbständigkeit ist: Das Asylverfahren dauert in Österreich bis zu 8 Jahren und in dieser Zeit dürfen die Bewerber nicht arbeiten. Viele Asylbewerber bekommen aber nur sehr wenig Geld vom Staat und können sich so gut wie Nichts leisten. Manche sind sogar obdachlos, weil sie komplett durch das System fallen. Zum anderen sind einige der Leute sehr gut ausgebildet: Bei uns arbeiten zum Beispiel Ärzte und Lehrer. Es geht dabei aber nicht nur um das Geld, sondern auch um ein Selbstwertgefühl und Kontakte.
Melanie: Die meisten Asylbewerber befinden sich in einer Bittstellung und haben keine Möglichkeit produktiv zu sein. Unser Projekt gibt ihnen die Chance, zu zeigen was sie können und dass sie etwas wert sind.

Warum habt ihr mit Kama angefangen?
Sonja: Ursprünglich war Kama unser Vorschlag für ein Semesterprojekt an der Fachhochschule für Sozialarbeit in Wien. Wir sind der Meinung, dass im Sektor Em-powerment für AsylwerberInnen in Österreich unbedingt Möglichkeiten geschaffen werden müssen!
Melanie: Das Schulprojekt war aber Anfang Juni beendet, seitdem führen wir es ehrenamtlich weiter.

Wie seid ihr darauf gekommen, Kurse mit Asylbewerbern zu machen?
Sonja: Die Idee war schon vor einem Jahr geboren. Neben der Uni hatten wir aber kaum Zeit diese auch umzusetzen, so waren wir froh, dass uns die Projektphase auf der Uni die Zeit dazu gegeben hat.
Melanie: Wir beide haben schon vorher ehrenamtlich mit Asylbewerbern gearbeitet. Da wird einem relativ schnell klar: Was den Leuten am meisten fehlt, ist die Möglichkeit zu Arbeiten.

Nehmt ihr selber auch Klassen?
Sonja: Leider nein! Eigentlich wäre es eine tolle Möglichkeit, aber wir haben im Mo-ment einfach viel zu viel zu tun.

Wie viele Stunden pro Woche arbeitet ihr denn für Kama?
Sonja: Alles zusammen kommen wir bestimmt auf jeweils 20 Stunden.
Melanie: Mindestens!
Sonja: Bezahlte Arbeit ist im Moment nicht Möglich. Bei uns dreht sich alles um un-ser Projekt, schon beim Aufstehen denken wir daran. Es gibt einfach noch so viel zu überlegen und zu verbessern!
Melanie: Momentan erneuern wie unsere Homepage, daneben versuchen wir Kama bekannter zu machen und Förderungen für ein Budget zu bekommen.

Welcher Kurs läuft am besten?
Sonja: African Dance läuft sehr gut. Auch sehr gefragt sind Kochkurse: Momentan unterrichtet eine Frau aus Nigeria, wir hoffen aber, dass sich das noch auf andere Länder ausweitet.

Wer lässt sich bei euch unterrichten?
Melanie: Ich würde sagen Quer durch die Bank, obwohl die meisten Studenten sind.
Sonja: Unsere Kurse sind kostenlos, teilnehmen kann prinzipiell jeder. Deshalb nut-zen auch viele AsylbewerberInnen unser Angebot.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Wer lernt mehr: Die Schüler oder der Lehrer?
Sonja: Ich denke das ist ein wechselseitiger Prozess: Die Sprachkurse beispielsweise sind kein Frontalunterricht, sondern es geht dabei ums Sprechen. Man bringt sich im Tandem Deutsch und die jeweils andere Sprachen bei.
Melanie: Eines der Hauptziele von Kama ist es, den Kontakt zwischen Asylbewer-bern und ÖsterreicherInnen herzustellen. Diese Kontakte bleiben oft auch über die Kurse hinaus bestehen.

Wie viele Personen unterrichten bei euch?
Melanie: Eigentlich sind es 15, von ihnen sind im Moment aber nur neun aktiv da einige Kurse wegen zu geringer Teilnehmerzahlen nicht zustande gekommen sind.

Und wie genau laufen die Kurse ab?
Melanie: Man besucht eine unserer Klassen um dort eine Sprache zu lernen, zu kochen, malen oder einen Computer zu bedienen. In jedem Kurs gibt es eine Spendenbox, in die man etwas werfen kann, aber nicht muss. Den Inhalt bekommt der Lehrer. Das ist kein Einkommen, sondern eine Spende.

Was sagen andere Asyleinrichtungen zu eurem Projekt?
Melanie: Die haben uns schon in ihr Programm integriert und schicken uns Leute. Probleme hatten wir bis jetzt noch nicht.
Sonja: Im Gegenteil. Alle Asyleinrichtungen haben uns immer mit offenen Armen empfangen. Die meisten Stellen können den AsylbewerberInnen deshalb nicht hel-fen, weil es einfach keine Arbeit gibt. Wir haben nun ein Angebot geschaffen. Dar-über freuen sich natürlich auch die jeweiligen Stellen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Wie überzeugt ihr die Leute vom Mitmachen?
Sonja: Wir haben Asyleinrichtungen angeschrieben und gefragt, ob es Leute mit bestimmten Fähigkeiten oder Kompetenzen gibt, die für unser Projekt passen würden. Manche kommen aber auch von sich auf uns zu.

An was mangelt es im Moment am meisten?
Melanie: Leider noch an Teilnehmern. Und an Geld natürlich!

Was habt ihr denn für die Zukunft geplant?
Melanie: Wir wollen unsere Kurse verstärkt in Schulen, Kindergärten und Altenheimen anbieten. Für die Zukunft würden wir uns wünschen, dass das Projekt irgendwann einmal zu unserer Arbeit wird - leider können wir nicht ewig ehrenamtlich arbeiten!

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